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Abgesagt: Aufbruch zur Freiheit

Das Zeitalter der Aufklärung im Frankreich des 18. Jahrhunderts ist prägend für viele unserer heutigen Werte von Demokratie. Eine Ausstellung wollte genau dies und genau jetzt bildhaft vor Augen bringen. Doch ein anderer Zeitgeist machte dem einen Strich durch die Rechnung.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Die Forderungen der französischen Revolutionäre von 1789 und die „Erklärung der Menschenrechte“ sind Früchte des 18. Jahrhunderts. Ohne sie gäbe es vermutlich in den westlichen Staaten heute keine moderne Demokratie. Da aber die realen Umstände, unter welchen sie zustande kamen und erkämpft wurden, weniger bekannt sind, wollte sich genau damit eine Ausstellung im Von der Heydt-Museum in Wuppertal beschäftigen. Es sollte das Frankreich des 18. Jahrhunderts in der Zerreißprobe zwischen Absolutismus und Aufklärung mit seinen revolutionären Ideen und der Beharrungskraft der etablierten Kräfte gezeigt werden. Die Kunst dieser Zeit – Régence, Rokoko und beginnender Klassizismus – illustriert in Verbindung mit dem höfischen Leben den Wandel in der Gesellschaft. Als „Bindeglied“ zwischen den verschiedenen Sphären von Alltagsleben, Kunst und Politik sollte Emmanuel Herzog von Croÿ durch die Ausstellung führen; seine Tagebucheintragungen ermöglichten einen ebenso tiefen wie spannenden Blick in das 18. Jahrhundert. Seine Berichte und Erzählungen dienen als Ausgangspunkt für die  Analyse und Darstellung der unterschiedlichsten Bereiche und Aspekte des Lebens im Frankreich des 18. Jahrhunderts.

Die Ausstellung sollte von Oktober 2018 an gezeigt werden und an die vorherigen Erfolge von bis zu 100.000 Besuchenden anschließen. Museumsdirektor Gerhard Finckh kann man auch nicht gerade absprechen, publikumswirksame Inszenierungen zu können.

Ende Mai aber nun beschloss der Vorstand samt Beirat der gemeinnützigen Museums GmbH, die  Ausstellung abzusagen. Grund: das finanzielle Risiko sei zu hoch. In einem Interview sagte Finckh: „Die Absage der Ausstellung ist für mich besonders schmerzlich, weil ich immerhin drei Jahre an diesem Projekt gearbeitet habe und weil wir sensationelle Leihgaben aus den Schlössern von Versailles, dem Pariser Louvre, der National Gallery London und anderen internationalen Museen zugesagt bekommen haben. Und weil ich glaube, dass diese Ausstellung doch finanzierbar gewesen wäre.“ Und weiter: „Nach zwölf Jahren erfolgreicher Großausstellungen zu den Impressionisten wie Monet, Manet und Renoir, die jeweils zwischen 80.000 und 300.000 Besucher nach Wuppertal brachten, trauten Vorstand und Beirat dieser Ausstellung nicht zu, 50.000 Besucher zu gewinnen. Mit dieser Zahl hätte die Schau eine schwarze Null geschrieben. Ich hingegen glaube, die Aufklärung ist ein Thema, das momentan von besonderer Relevanz ist, betrachtet man die politische Situation in vielen Ländern, in denen die demokratischen Grundrechte, die Menschenrechte und die Pressefreiheit deutlich eingeschränkt werden. Das hätte sehr viele Menschen neugierig gemacht.“ (Die WELT, 4. Juni 2018 [1])

Tja, und als ob es doch eine höhere Kulturkraft gäbe, schien die Strafe zu dieser Entscheidung auf den Fuß zu folgen: ein Unwetter Anfang Juni sorgte für Wassereinbrüche, in dessen Folge das Museum nun  einige Tage ganz gesperrt wurde.

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