- Tiefgang - https://www.tiefgang.net -

De Uhl, de Nachtigall und Mohrborgh

Moorburg kennen viele Hamburger nur vom großen Kohleschlot. Dabei ist es Hamburgs ältester Süden und im Grunde wahre Süd-Kultur. Seit Neuestem gibt es nun auch die „Moorburger Art“ und wir haben uns mal schlau gemacht …

„Moorburg gehört seit 1375 als ältester Stadtteil südlich der Elbe zu Hamburg, liegt am Tor zum Alten Land und ist ein fruchtbarer Boden – auch für Kunst und Kultur, für Nachdenkliches und Lebensfreude.“ So steht es geschrieben auf der Homepage moorburger-art.de [1] und die Moorburger wissen offenbar, wie man´s macht.

Um hinter ihr Geheimnis zu kommen, stellten wir Manfred Brandt ein paar Fangfragen.

Er ist gebürtiger Moorburger, verließ sein kleines Dorf nur für sein Studium der Landwirtschaft in Kiel und auch berufsbedingt. Heute lebt, liebt und arbeitet er wieder „zuhause“. Von Ruhestand keine Spur, sondern Aktivist mit Leib und Seele.

Tiefgang (TG): Moorburg ist ein kleines Nest mit großer Wirkung. Aus dem Widerstand ist auch andernorts eine blühende Kulturlandschaft entstanden. Ich denke da beispielsweise ans Wendland. Würdest du sagen, dass auch bei euch u. a. das gemeinsame Aufbegehren gegen politische Entscheidungen dazu führte, dass ihr so stark aufgestellt seid? Macht Not erfinderisch und schweißt zusammen?

Manfred Brandt: Das sicher auch. Nun Treffen in Moorburg sehr unterschiedliche  Lebenskulturen aufeinander. Das spiegelt sich auch im Vereinsleben wieder. Aber das macht das Leben hier so spannend und fördert die Toleranz, hoffentlich. Wer hätte das vor 50 Jahren  gedacht, als mit breiter politischer Brust das Ende Moorburgs verkündet und 1982 das Hafenentwicklungsgesetz in Kraft gesetzt wurde: Von 2000 auf 750 Einwohner geschrumpft, die Alteingesessenen deutlich in der Minderheit, aber ein blühendes Leben. Nun schrumpft der Hafen und wir entwickeln Moorburg unverdrossen. Als älteste hamburgische Landgemeinde, seit 1375 Stachel im Fleische  des Herzogtums Braunschweig –Lüneburg und der Königreiche  Hannover und Preußen sind wir eben ein sturmerprobtes Widerstandsnest. Um einem Vorurteil vorzubeugen: Wir sind keine Asterixe, wir haben keine Angst, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt.

TG: Es gibt mit elbdeich e.V. schon einen eingetragenen Kulturverein in unmittelbarer Nachbarschaft. Nun wurde ein weiterer gegründet: Moorburger Art. Was für einen Dünger verwendet Ihr, dass die Kultur bei euch so gut wächst und gedeiht?

Manfred Brandt: Der Dünger heißt Lebensfreude, bloß nicht langweilen. Schon Matthias Claudius fiel das auf. Er nannte es Lotterleben oder so, was für ein Missverständnis, wenn es darum geht, das  Leben  möglichst zu genießen. Und das geht mit zwei Kulturvereinen, die unterschiedlich geprägt sind, deutlich besser.  Wir tanzen auf verschiedenen Hochzeiten  nach unterschiedlicher Musik: De een freit sick anne Uhl, de anner anne Nachtigall und tohoop freit wi us över Mohrborgh.

TG: Bei dem Verein kommen mehrere Formate unter ein Dach. „Sonntags um Fünf“, „Hofart“, „Kunst und Kirschen“ und „Kunst und Punsch“. Magst du diese kurz vorstellen? Was ist neu und was gibt es schon länger?

Manfred Brandt: Der Verein ist so bunt aufgestellt wie Moorburg. Wirklich neu ist das Kleinkunstprogramm „Sonntags um Fünf“. Unter Hofart laufen Ausstellungen, Lesungen und Ähnliches bei mir auf dem Hof – wie auch die schon traditionellen Märkte für Kunst und Kunsthandwerk „Kunst und Kirschen“ und „Kunst und Punsch“. Es lief bisher mehr als Privatvergnügen und zum Teil schon mehr als 20 Jahre. Ohne Sponsoren und Fördermitglieder ist so etwas auf Dauer anstrengend, und das wollen wir ja nicht. Wir wollen uns ja hauptsächlich freuen und Freude machen. Und wer Geld sammeln will für gute Zwecke, der gründet am besten einen gemeinnützigen Verein. Den haben wir so breit angelegt wie die Aktivitäten: Förderung von Kunst und Kultur, Denkmalschutz und Heimatkunde, bürgerschaftliches Engagement zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke.

TG: Wie finden eure Besucher euch? Basiert das Konzept auf kontinuierlichem Kulturzuwachs, Wohlfühlklima und Mundpropaganda? Oder welche Mittel stehen euch zur Verfügung, um auf eure Veranstaltungen aufmerksam zu machen?

Manfred Brandt: Wer Freude verbreitet, der wird auch Erfolg haben. Es gibt kein besseres Konzept. Wir nutzen dafür alle probaten Medien. Na gut, die Pferde werden wir wohl nicht mehr satteln.

Eigentlich keine schlechte Idee, wir haben ja viele Pferde in Moorburg und es könnte auch Spaß machen.

TG: Was wünscht Ihr euch für die Zukunft?

Manfred Brandt: Viel Unterstützung, Lebensfreude und Erfolg. Bei alledem werden wir auch nachdenklich bleiben, wir wollen ja auch ein bisschen schlauer werden und vielleicht auch ein bisschen schlauer machen. Aber nur ganz sutsche, damit es haften bleibt.

(Das Interview für ´Tiefgang` führte Sonja Alphonso.)

Related Post

Druckansicht [2]     [3]