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Der Sound der Freizügigkeit

Das Grundgesetz als Leitmotiv? Das war Musik auch in den Ohren zweier Musiker. Nun ist die Menschenwürde sogar hörbar …

Wie klingt das Fernmeldegeheimnis? Wie hört sich Glaubensfreiheit an? Das haben sich einige Redaktionsmitglieder von RBB Kulturradio gefragt und das Duo NIDO gebeten, die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes zu vertonen. Jetzt gibt es – zum ersten Mal überhaupt – die Grundordnung der Bundesrepublik als Album.

NIDO [1], das sind Maria Reich, Geigerin, und Hauke Renken, Vibraphonist, die am Jazz-Institut Berlin studieren. Für dieses Projekt ließen sich die beiden von unserer Verfassung inspirieren. Sie haben komponiert, improvisiert, und einen Soundtrack der Demokratie erschaffen: etwas Klassik, etwas Jazz, etwas Pop und viel Experiment. Herausgekommen ist ein Hörerlebnis, das berührt und herausfordert.

Etwas Klassik, etwas Jazz, etwas Pop

Im RBB Kulturradio wollte Moderatorin Shelly Kupferberg von den Musiker*innen wissen, wie musikalisch das Grundgesetz sei. Man müsse sich schon ein bisschen in die Paragraphen reindenken und -fühlen, sagten die beiden. Vibraphonist Renken: „Wir haben uns hingesetzt, jeden Artikel durchgelesen und Emotionen und Begriffe aufgeschrieben, die uns dazu einfielen. Das haben wir dann versucht, zu vertonen.“ Track 11 zur Freizügigkeit zum Beispiel verbinde sie mit dem Gefühl, unterwegs zu sein und den Wind in den Haaren zu spüren, sagte Reich.

Eher schwierig sei es hingegen gewesen, das Grundrecht auf Berufsfreiheit musikalisch umzusetzen, sagte Renken. Das Stück sei eher zielstrebig und bewegt geworden, starte erst im Unisono, werde dann atonaler, finde aber einen gemeinsamen Schluss. Die Glaubensfreiheit habe ihn dagegen besonders inspiriert. Dazu hätten sie ein Stück geschrieben, das tonal sehr offen, melodisch dennoch „schön“ sei, aber harmonisch in alle Richtungen ginge.

„Klingt etwas utopisch“

Die Auseinandersetzung mit dem Grundgesetz habe sie auch daran erinnert, was die Menschen in Deutschland alles für Rechte hätten, sagte Renken. „Und was vielleicht auch gerade angegriffen ist durch Rechtspopulismus“. Die CD mit dem Titel „Leitmotiv Grundgesetz“ sei dann auch ihr alternativer Vorschlag zur Debatte um die deutsche Leitkultur. Es sei schön gewesen, zu sehen, auf welchen Grundfesten unsere Gesellschaft eigentlich stehe, sagte Reich: „Teils klingt das auch etwas utopisch, aber irgendwie ist es ein schöner Anreiz, sich da hinzuentwickeln als Gesellschaft.“

Mit der CD „Leitmotiv Grundgesetz“, produziert von der Initiative Offene Gesellschaft, lädt diese nun ein, hinzuhören. Wenn Sie Interesse an der CD haben, schreiben Sie eine E-Mail an die Campaigner Yannis Haug-Jurgan: haug-jurgan@die-offene-gesellschaft.de.

Die Albumtracks im Überblick

Art. 01 Menschenwürde
Art. 02 Freiheit der Person (feat. Ayse Cansu Tanrikulu)
Art. 03 Gleichberechtigung
Art. 04 Glaubensfreiheit
Art. 05 Meinungsfreiheit
Art. 06 Ehe & Familie
Art. 07 Schulwesen
Art. 08 Versammlungsfreiheit
Art. 09 Vereinigungsfreiheit
Art. 10 Fernmeldegeheimnis
Art. 11 Freizügigkeit
Art. 12 Berufsfreiheit
Art. 13 Unverletzlichkeit Der Wohnung
Art. 14 Eigentum, Erbrecht, Enteignung
Art. 15 Sozialisierung (feat. Ayse Cansu Tanrikulu & James Banner)
Art. 16a Asylrecht (feat. Ayse Cansu Tanrikulu, James Banner & Kiomars Nawab)
Art. 17-19 Verwirkung von Grundrechten

Zum Track „Art. 16a – Asylrecht“ hat die Produktionsfirma GoodBY zusammen mit NIDO ein Musikvideo produziert. Sehr interessant sei dieser Artikel gewesen, sagt Maria Reich: „Den vierten Paragraphen haben wir auch nach zehn Mal Lesen nicht verstanden – das haben wir dann auch musikalisch verwendet.“ Für den entsprechenden Track haben NIDO mit der Sängerin Ayse Cansu Tanrikulu zusammengearbeitet. Tanrikulu ist türkischer Abstammung, spricht noch nicht fließend Deutsch, und las Artikel 16a im Studio ein. Das dazugehörige Musikvideo

 

Der Beitrag von RBB: mediathek.rbb-online.de [2]

Quelle: die-offene-gesellschaft.de [3]

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