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Ein Studium im und am Schloss

Der Streit zwischen Erbprinz und dem Land Niedersachsen war lang und hart. Nun scheint eine Einigung nahe.

In der Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur heißt es:

„Schloss Marienburg zählt zu den herausragenden Sehenswürdigkeiten Niedersachsens. Es bewahrt bis heute einen einmaligen Kulturbesitz aus rund 150 Jahren bewegter Geschichte: Rund 1800 Positionen umfassen die Inventarlisten; darunter einige, die ihrerseits drei- oder vierstellige Mengen von Gegenständen enthalten. Dazu gehören Möbel, Gemälde, Grafiken, alle Arten von Kunsthandwerk, Textilien, Bücher und Archivgut. Vieles davon stammt nicht ursprünglich von der Marienburg, sondern aus zahlreichen weiteren Welfenschlössern in den früheren Ländern Hannover und Braunschweig. Um diesen Schatz für die Öffentlichkeit zu erschließen und die Zukunft zu bewahren, werden die Gegenstände im Rahmen des Projekts Marienburg 2030 erfasst, untersucht und auf geeignete Restaurierungsmethoden geprüft.

Den Kooperationsvertrag zu dem Projekt Marienburg 2030 haben am heutigen Donnerstag (6. Mai 2021, Anm. d. Red.) Minister Björn Thümler für das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Präsident Dr. Marc Hudy für die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), Direktorin Prof. Dr. Katja Lembke für das Niedersächsische Landesmuseum Hannover (NLMH), Vorstand Dr. Alexandra Wenck für die Stiftung Schloss Marienburg und Geschäftsführer Nicolaus von Schöning für die Schloss Marienburg GmbH & Co. KG unterzeichnet.

Ernst August Erbprinz von Hannover, Vorsitzender der Stiftung Schloss Marienburg: „Mein Ziel war es immer, für die Marienburg eine gute Zukunft zu ermöglichen und sie mit ihrem Inventar möglichst vielen Kunst- und Geschichtsinteressierten zugänglich zu machen. Das Land Niedersachsen und die Kulturstiftung der Länder tragen dazu mit dem Projekt Marienburg 2030 viel bei! Es ist großartig, dass auf diese Weise das reiche Kulturerbe erschlossen werden kann, das die gemeinsam mit Land und Bund ermöglichte Stiftung für die Allgemeinheit bewahrt. Besonders freut mich, dass Studierende der HAWK künftig die Gelegenheit haben, mit den spannenden Stücken zu arbeiten, ihr Können daran zu schulen und damit Teil eines Projekts zu werden, das alle Beteiligten voranbringt.“

Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler: „Die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und dem Landesmuseum im Projekt Marienburg 2030 zeigt, wie die beiden Bereiche des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur ineinandergreifen. Die Studierenden finden hier ein Eldorado für ihre praktische Ausbildung; die hohe Qualität an der HAWK bietet die Sicherheit für die notwendige Sorgfalt.“

HAWK-Präsident Dr. Marc Hudy: „Unsere Studierenden der Konservierung und Restaurierung sichten und sichern diesen einzigartigen Kulturschatz – begleitet von Professorinnen und Professoren, die auf Holzobjekte, Gemälde, Möbel, Schriftgut, Bücher, Steinobjekte, Denkmalpflege oder Bauforschung spezialisiert und international ausgewiesen sind. Erste Studierendengruppen waren mit ihren Lehrenden schon vor Ort. Bachelorarbeiten werden sich mit dem Welfen-Erbe beschäftigen. Die Kooperation liegt gewissermaßen in der Natur unseres Studienangebots und unserer Forschungsfelder.“ 

NLMH-Vorstand Prof. Dr. Katja Lembke: „Eine der wichtigsten Aufgaben eines Museums ist der Erhalt des kulturellen Erbes. Das Land Niedersachsen bemüht sich um die Architektur, während sich der Betreiber des Schlosses, Nicolaus von Schöning, und das Landesmuseum Hannover die Sorge um das bewegliche Gut teilen. Ich bin der HAWK sehr dankbar, dass sie uns bei dieser großen Aufgabe unterstützt, damit wir die Gemälde in unserem Besitz auch für künftige Generationen erhalten können.“

Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Diese Vertragsunterzeichnung ist der Auftakt für die Inventarisierung, Sicherung, Restaurierung und wissenschaftliche Erschließung eines herausragenden Kulturensembles. So kann Schloss Marienburg in den kommenden Jahren zu einer einzigartigen Stätte der kulturellen Bildung und der Vermittlung von 150-jähriger Geschichte am historischen Ort werden.“

Hintergrund:

Schloss Marienburg ist ein anerkanntes Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Für Niedersachsen und insbesondere für das frühere Land Hannover hat es eine Identität stiftende Funktion. Errichtet wurde es nach Plänen eines Hauptvertreters des norddeutschen Historismus, Conrad Wilhelm Hase. Der Innenausbau erfolgte durch den jüdischen Architekten Edwin Oppler, zu dessen weiteren Hauptwerken die 1938 vernichtete Synagoge in Hannover zählte. Da das Schloss nur sporadisch bewohnt wurde, hat es sich weitgehend unverändert als Gesamtkunstwerk erhalten. Seine Besucherinnen und Besucher können daher bis heute eine authentische königliche Sommerresidenz des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts erleben.

Äußerlich nicht sichtbare Bauschäden, statische Probleme und der Sicherungsbedarf des Baugrunds an den Stützmauern hatten dazu geführt, dass die Standfestigkeit des Gebäudes und seine öffentliche Zugänglichkeit mittelfristig als gefährdet galten. Durch ein umfassendes Gutachten eines Ingenieurbüros konnten die zum Substanzerhalt notwendigen Aufwendungen mit rund 27 Millionen Euro beziffert werden. Eine Investition in dieser Höhe war für den privaten Eigentümer nicht zu leisten.

Deshalb hat Ernst August Erbprinz von Hannover gemeinsam mit dem Land Niedersachsen eine Gesamtlösung für den Erhalt und die öffentliche Zugänglichkeit des Schlosses gefunden. Am 20. Januar 2020 hat er das Schloss mit Inventar in die „Stiftung Schloss Marienburg“ eingebracht. Das Landesmuseum Hannover hat mit Unterstützung u.a. der Kulturstiftung der Länder die 143 wichtigsten Gemälde erworben, um sie weiterhin auf der Marienburg zu präsentieren.“

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur

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