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„Kein Ende in Sicht“

Jeden Freitag protestieren sie freitags und das seit 5 Jahren: die Initiative Gedenkort Stadthaus. Ist an diesem Ort ein würdiges Erinnern möglich?

Seit Februar 2018 protestiert die Initiative Gedenkort Stadthaus jeden Freitag um 17 Uhr vor dem ehemaligen Gestapo-Hauptquartier an der Stadthausbrücke. Mit ihrer Mahnwache fordert sie ein würdiges und umfassendes Erinnern an Täter, Opfer und Widerstand im Stadthaus. Die Initiative kritisiert die aktuellen Pläne von Stiftung und Senat für den Gedenkort als unzureichend, und will ihren Protest fortsetzen. Die nächste Mahnwache findet am 17.02.2023 um 17 Uhr statt (Ecke Stadthausbrücke / Neuer Wall).

Die Hoffnung auf ein besseres Gedenkkonzept sieht die Initiative nach dem Scheitern des viel kritisierten „Dreiklangs“ aus Buchhandlung, Café und Gedenkecke im Frühjahr 2022 nicht erfüllt. Der für den Geschichtsort vorgesehene Raum sei weiterhin viel zu klein (240 statt 750qm). Die notwendige Erweiterung der Ausstellung um den Hamburger Widerstand, die Geschichte der Polizei im NS und die politischen Auseinandersetzungen um das Stadthaus nach 1945 seien damit unmöglich. Die Initiative kritisiert, dass die Eigentümer:innen des Gebäudes entgegen ursprünglicher Verträge von ihren finanziellen Verpflichtungen entbunden worden seien. Die Mittel der Kulturbehörde für Ausgestaltung und Betrieb des Gedenkortes aber seien zu knapp bemessen. Auch der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte fehlten die personellen und finanziellen Kapazitäten für ihre neue Aufgabe.

„Der städtische Umgang mit den Eigentümern der Stadthöfe ist ein Sichanbiedern an Immobilienunternehmen“, kritisiert Cornelia Kerth (VVN-BdA). „Er spielt den Kräften in die Hände, die einen Schlussstrich unter die deutsche Geschichte ziehen oder sogar an sie anknüpfen wollen.“

„Das Stadthaus erinnert wie kein zweiter Ort daran, wie schnell die republikanische Polizei der Weimarer Republik zum Terrorinstrument der Nazis werden konnte“, mahnt Wolfgang Kopitzsch (AvS). „Warum lässt man diese Chance ungenutzt? Das Stadthaus kann nur dann ein Beitrag zur wehrhaften Demokratie sein, wenn die Erinnerung an Naziterror und Widerstand in all seinen Facetten darin Platz findet. Das ist mit den derzeitigen Plänen leider nicht möglich.“

In fünf Jahren hat die Initiative über 200 Mal ihre Mahnwache abgehalten, eine eigene Broschüre zum Stadthaus publiziert, über 30.000 Flyer verteilt sowie im Beirat des Gedenkortes Stadthaus die Auseinandersetzung mit der Politik gesucht. In ihr sind Verfolgtenverbände, wie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) oder der Arbeitskreis ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS), Nachkommen von NS-Verfolgten sowie Personen des öffentlichen Lebens engagiert. Der aktuelle Flyer der Initiative findet sich hier: hamburg.vvn-bda.de [1]

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