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Kolumnen-Krise

Mein Name ist Sophie und ich bin Denkerin. Die Denkerei ist angeboren, ich habe sie mir nicht ausgesucht.

Ob ich allerdings das Beste daraus mache, beantwortet der Zweifel an all meinem Tun mal so, mal so. Das heißt, eigentlich stellt er mehr Fragen, als mir lieb ist und ich beantworten kann. Er fragt beispielsweise, ob ich denn das, was ich denke, wirklich unter die Leute bringen muss. Und wozu soll das gut sein? Zumal es nichts am Lauf der Dinge ändert.

Auch mit inhaltlichen Fragen treibt der Zweifel mich in die Enge: Orientiere ich mich zu selten an tagesaktuellen Themen? Zugegeben, häufig verallgemeinere ich persönliche Erlebnisse, mit denen außer mir womöglich kaum jemand etwas anfangen kann. Im persönlichen Kontakt halte ich mich durchaus für einen empathischen Menschen, aber wenn ich so vor mich hinschreibe, bin ich tatsächlich völlig ahnungslos, ob und wie das Geschriebene ankommt.

Papier ist zum Glück geduldig, aber was ist mit den Lesern?

Besonders schwer wird alles, wenn mir phasenweise der Humor abhandenkommt, der normalerweise vieles erleichtert. Dann frage ich mich umso ernster, ob es nicht besser wäre, ich tauschte den Schreiber gegen einen Spaten und pflanzte andere Dinge als Gedankengut. Zum Beispiel Kartoffeln nach dem Vieraugen-Prinzip oder Klosterfraumelissengeist.

Doch wie schon der Schuster gemeinhin bei seinen Leisten bleibt, hänge ich an der guten Mine zum bösen Spiel, schreibe gern gegen das Unverständnis der Welt an und spekuliere darauf, dass die Hoffnung bis zuletzt überlebt, damit niemand sie zu Grabe tragen muss.

Während der Zweifel an mir nagt, entpuppt er sich mal wieder als waschechter Quälgeist!

Er malt den Teufel an die Wand: Man könnte nichtssagend und beliebig finden, was ich von mir gebe. Dieser Schreckensvorstellung könnte ich der Einfachheit halber aus dem Wege gehen, wenn ich meine Gedanken ausschließlich einem Tagebuch anvertraute.

Dann wäre hier Schluss mit lustig!

Als ich meinen Hut dereinst als Kolumnistin in den Ring warf, habe ich nicht bedacht, was passiert, wenn ich ihn wieder aufheben will. Ob meine Bandscheiben das mitmachen. Vielleicht sitze ich eine so schwierige Entscheidung besser ganz gemütlich aus und setze einfach auf das Motto: lesen und lesen lassen.

 

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