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Kultur in der Ampel

Kurz nachdem die Ampel-Parteien von SPD, FDP und den Grünen ihren Koalitionsvertrag präsentiert haben, geht es an die Analyse des Werks. So streichen GVL und GEMA in ersten Einschätzungen unter anderem das frisch verankerte Staatsziel Kultur heraus, die Musikverleger signalisieren derweil Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit.

Kurz nachdem die Ampel-Parteien von SPD, FDP und den Grünen am 24. November 2021 ihren Koalitionsvertrag präsentiert haben, geht es an die Analyse des Werks. So streichen GVL und GEMA in ersten Einschätzungen unter anderem das frisch verankerte Staatsziel Kultur heraus, die Musikverleger signalisieren derweil Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit.

„Immerhin 78 Treffer finden sich in dem 177-seitigen Dokument unter dem Schlagwort Kultur“, haben die beiden Geschäftsführer der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten [1] (GVL), Tilo Gerlach und Guido Evers, nachgezählt. Dabei sei ein Punkt besonders wichtig: „Mit Blick auf unsere Berechtigten freuen wir uns sehr darüber, dass Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen werden soll. Auch wir haben uns schon lange dafür stark gemacht“, betonen Gerlach und Evers: „Gerade in diesen Zeiten braucht es ein solches Signal für eine lebendige und nachhaltige Kulturlandschaft. Damit wird anerkannt, dass die Kultur in all ihrer Vielfalt ein fester und prägender Bestandteil unserer gesellschaftlichen DNA ist.“

Die Musikverleger haben den Koalitionsvertrag „mit großem Interesse zur Kenntnis genommen“, wie der kürzlich frisch zum Präsidenten des Deutschen Musikverleger-Verbands [2] (DMV) gewählte Götz von Einem berichtet: „Wenn die neue Regierung sich danach für einen fairen Interessenausgleich einsetzen und die Vergütungssituation für kreative Inhalte verbessern will, begrüßen wir das selbstverständlich.“ Zunächst aber bleibe noch abzuwarten, „wie die personelle Besetzung der zuständigen Stellen sein wird und welche Taten den Worten folgen werden“, wie von Einem, noch kurz vor der jüngsten Bestätigung der Grünen-Politikerin Claudia Roth als Kandidatin für den Posten der Kulturstaatsministerin. Götz von Einem verspricht bereits für den DMV: „Wir bleiben wach- und aufmerksam und sind zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit.“

Bei der GEMA [3] begrüßt derweil Michael Duderstädt als Direktor Politische Kommunikation der Verwertungsgesellschaft, „dass Kultur als Staatsziel aufgenommen werden soll, und dass die neue Regierung die Vergütungssituation der Kreativen verbessern“ wolle. Duderstädt hat aber auch Lücken im Vertragswerk erkannt: „Die Passagen zum Urheberrecht im Koalitionsvertrag sind allerdings überschaubar. Hier gibt es noch viel zu tun, gerade vor dem Hintergrund der sich erneut zuspitzenden COVID19-Pandemie.“ Gerade im Onlinebereich mangele es „vor allem beim Streaming“ an Fairness und Transparenz für die Urheberinnen und Urheber, betont Duderstädt: „Darüber hinaus müssen endlich auch virtuelle Speichermedien wie Cloud-Dienste in das System der Privatkopie-Vergütung eingebunden werden. Der digitale Markt für kreative Inhalte muss insgesamt besser auf die Bedürfnisse der Kreativen zugeschnitten werden und ihnen ein wirtschaftliches Auskommen ermöglichen.“

Quelle: beta.musikwoche.de [4]

Beinahe parallel hatte sich auch die in der k3d zusammengekommene Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland zu Wort gemeldet. Zufrieden seien lediglich die Kulturveranstalter. „Weitgehend enttäuscht“ sind hingegen die Veranstaltungsunternehmen des B2B-Bereichs.

In einer ersten Reaktion auf den Koalitionsvertrag beurteilt das Forum Veranstaltungswirtschaft das Papier ambivalent. Zufrieden seien lediglich die Kulturveranstalter, heißt es aus Hamburg. „Wir begrüßen es sehr, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft einen eigenen Ansprechpartner in der Regierung erhalten soll“, sagt Jens Michow, Präsident BDKV. „Auch die angekündigte Fortführung der Neustart Kultur-Programme – hoffentlich bis in das Jahr 2023 hinein – wird den Kulturveranstaltern die Rückkehr in die Normalität erleichtern.“

Sehr erfreulich für den gesamten Kulturbetrieb sei es auch, dass Musikclubs zukünftig als Kulturorte behandelt würden und die internationale Kulturpolitik gestärkt werden soll. Veranstaltungsunternehmen des B2B-Bereichs seien allerdings von dem Vertrag „weitgehend enttäuscht. Obwohl wir von den Eindämmungsmaßnahmen der Corona-Pandemie am härtesteten betroffen sind, wird unser Wirtschaftszweig in dem Regierungskonzept mit keinem Wort erwähnt“, betont Randell Greenlee, Bereichsleiter Politik und International des VPLT.

Zum B2B-Bereich der Branche zählen etwa Kongresse, Tagungen, Ausstellungen und Firmenevents sowie der gesamte Dienstleistungssektor der Veranstaltungswirtschaft. Auch der wirtschaftlich besonders bedeutende Messebereich finde keine Erwähnung. Ebenso bedauerlich sei es, dass die für die Branche existenzielle Verlängerung der Überbrückungshilfe 3 bis Ende Juni 2022 nicht geplant zu sein scheint. Ebenso vermisst werde die Ankündigung der dringend erforderlichen Verlängerung der Neustarthilfe Plus sowie die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes.

Der Wirtschaftszweig könne dem Vertrag allerdings auch positive Elemente entnehmen. Dazu zählten zum Beispiel die vorgesehene Ermöglichung flexiblerer Arbeitszeitmodelle und die finanzielle und strukturelle Unterstützung der Kommunen. „Auch die zukünftige Unterstützung von Sportgroßveranstaltungen begrüßen wir außerordentlich und sehen darin ein klares Bekenntnis der neuen Regierung zum Veranstaltungsstandort Deutschland“, ergänzt Timo Feuerbach, Geschäftsführer EVVC.

Die Veranstaltungswirtschaft in ihrer Gesamtheit finde aber zu wenig Beachtung, mahnt das Forum an. Veranstaltungsstätten leisteten wichtige Beiträge für zukunftsfähige Innenstädte und die Lebensqualität in Stadt und Land und müssten besser gefördert werden.

„Alle Verbandsvertreter:innen hoffen, dass die oder der vorgesehene Beauftragte für Kultur- und Kreativwirtschaft nicht nur die Interessen der Kulturveranstalter, sondern auch der übrigen Veranstaltungsmärkte hinreichend im Fokus haben wird. Schließlich sei die Branche der entscheidende Motor, ohne dessen Antriebskraft auch der Kulturbetrieb nach den vielen Monaten des Stillstands nicht wieder auf die Beine kommen werde“, heißt es abschließend in der Mitteilung.

Quelle: beta.musikwoche.de [5]

 

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