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Lehren aus der Krise

Die Corona-Krise hat erhebliche Implikationen für Kunst und Kultur und zugleich für die Kulturelle Bildung als Öffentliches Gut und als zentrale Voraussetzung der kulturellen Teilhabe. Der Rat für kulturelle Bildung zieht erste Lehren.

Als Beitrag zur Debatte äußert sich Ende April 2020 der Rat für Kulturelle Bildung dazu in einem Positionspapier auf seiner Website mit folgenden Kernaussagen:

„Die Schulen und Lehrkräfte sind bis auf Weiteres gezwungen, im Ausnahmemodus zu agieren. In den vergangenen Tagen wurden vereinzelt Empfehlungen ausgesprochen, sich vor diesem Hintergrund auf die Kernfächer wie Sprachen und Mathematik zu beschränken. Der Rat für Kulturelle Bildung sieht dies kritisch und weist gegenüber Schulen und Bildungspolitik auf das Potenzial der ästhetischen Bildung im Umgang mit Unsicherheit und Verunsicherung hin. In der Krise sollten Schulen neben der Sicherung von Übergängen und Abschlüssen auch – mitunter digitale gemeinschaftliche – ästhetische Erfahrungsräume öffnen, sowohl um ihren Allgemeinbildungsauftrag zu erfüllen, als auch um den Auswirkungen der Krise auf den Einzelnen zu begegnen. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche, für die Schulen teilweise der einzige Ort für kulturelle Teilhabe sind.

Zahlreiche kreative und kurzfristig ins Leben gerufene digitale Formate der Kulturellen Bildung zeigen mögliche positive Nebenwirkungen des Corona-Schocks bei den Kulturinstitutionen und weiteren non-formalen Anbietern der Kulturellen Bildung. Diese sollten seitens der Institutionen sowie der Jugend- und Kulturpolitik über die Krise hinaus, vor allem hinsichtlich ihres Potenzials, neue Zielgruppen zu erreichen und kulturelle Teilhabe zu stärken evaluiert und, wo sinnvoll, verstetigt werden.

Die Sehnsucht nach Sinnlichem und Gemeinschaft, die sich in kulturellen und künstlerischen Bewältigungsstrategien auf die Krise äußert, sowie die vielen kreativen Strategien der Akteurinnen und Akteure Kultureller Bildung zeigen, dass Kulturelle Bildung als Weg aus der Isolation gerade neu erfunden wird und werden muss. Kulturpolitik und -verwaltung sollten die Bemühungen der entsprechenden Akteurinnen und Akteure nach Kräften unterstützen. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass Themen, die in den letzten Jahren mühsam aufgebaut und entwickelt wurden – die Diversität der kulturellen Gegenstände und ästhetischen Praxen, die Vielfalt der künstlerischen und kulturellen Perspektiven – jetzt nicht aus dem Blick geraten.

Die Strukturen kultureller Bildungslandschaften sind alles andere als krisenfest – hier sind alle betreffenden Ebenen der Bildungs-, Jugend-, und Kulturpolitik und -verwaltung angesprochen, eine stabile Grundlage für kommunale und regionale Bildungslandschaften als Voraussetzung für das Öffentliche Gut Kulturelle Bildung zu schaffen, statt weiterhin auf Abruf- und Selbstausbeutungsbereitschaft in einem von Honorarkräften und Projektförderungen geprägten Feld abzustellen.

Auch die Akteure, Stakeholder und Gestalter Kultureller Bildung sind gefragt, ihre Annahmen über Qualität, Teilhabe, Zugänge im Hinblick auf Kulturelle Bildung zu reflektieren. Der Ausnahmezustand sollte uns lehren, welche dieser Annahmen konstant sind und die Krise überdauern müssen, und wie Kulturelle Bildung gestaltet werden muss, um jetzt und in Zukunft alle Menschen zu erreichen.“

Das gesamte Positionspapier: Positionspapier Corona [1]

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