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Ständig selbst solo

John Pütz sitzt wie wir alle zuhause und macht sich so seine Gedanken …

Klaus rief mich an aus Berlin. Dort wurde Sonnabend das Portal für Soforthilfe für „Soloselbständige“ wie ihn freigeschaltet. Ganz aufgeregt war er. Zwei Mal sei der Server schon  abgestürzt, wie die das denn wohl schaffen wollen, dass zum Monatswechsel Honorare, Gehälter und Mieten zu zahlen wären. „Miete?“, frag ich. „Wieso Miete? Die zahlt doch selbst Adidas nicht …“ Ruhe auf der anderen Seite. Er stand sichtlich auf dem Schlauch.

Ich fragte, wieso überhaupt „Solo-Selbständige“? Sei das nicht doppelt gemoppelt? Weil wenn er doch selbst-ständig sei, dann ist das doch solo zu verstehen, oder etwa nicht?

Ja, nein, entgegnete er etwas genervt. Er fände das auch blöd, aber das hieße jetzt ebenso und solo sei er ja. „Aber nur weil sich Katja vor drei Wochen aus dem Staub gemacht hat“, entgegnete ich, da ich mich an das lange Telefonat nach eben dem Auszug erinnerte. Er war ziemlich angetrunken und Schuld war ja logisch nur Katja. Die hätte ja immer nur rumgemosert und nie hätte man es ihr recht machen können und überhaupt: Frauen und Männer – und dann wir beide unisono: „passen eben nicht zueinander!“. Das ginge etwa drei Stunden so und ich ertrug es, wie man eben solche telefonischen Monologe erträgt, irgendwann einfach nur noch zuhört und Jahre später sich wundert, dass man hört „das werde ich dir nie vergessen, wie du mir damals geholfen hast!“

Ja, mit der Zuhör-Nummer ging es jahrhundertelang den Kirchen gut. Nix gesagt, nix geholfen aber ewig mit Dank und ein paar Talern im Klingelbeutel versorgt. Sei´s drum.

Klaus fand, ich verstünde ihn nicht und wir kamen zurück auf die Solo-Selbständigen. Das ist wohl so, wenn Bürokraten und Gewerkschafter sich kreativ verhalten wollen und aus Begriffen Termini machen, aus Selbständigen Solisten und aus der „guten Ordnung halber“ die Bürokratie.

„Und, haste denn jetzt dein Geld?“

„Ja“, knirscht Klaus mir entgegen. Es sei gerade vor einer Stunde auf seinem Konto verbucht worden.

Später schaue ich, ob es in Hamburg auch Soloselbständigen-Hilfen gibt oder ob etwaige Pfeffersäcke es vielleicht anders benannten. Etwa „Solo-Pfeffer“ oder „Start-Up-Hanseaten“. Hätte ja was. Von wegen Hamburger Weg.

Aber der sieht anders aus. Erst  stand da „wird im Laufe des Montags freigeschaltet“. Nun, etwa 10 Stunden später lese ich “wegen eines festgestellten Datenlecks bitten wir Sie um etwa Geduld“.

Da ist sie: die hanseatische Gelassenheit. Geht auch solo.

 

Euer John Pütz

 

 

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