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Große Sorgen

Die Hamburger Stadtteilkultur ist von den Folgen der Coronakrise schwer getroffen: Bei der Beantwortung einer Blitzumfrage unter den Mitgliedern von STADTKULTUR HAMBURG sahen sich mehr als ein Drittel der Befragten in einer existenzbedrohenden Lage.

Neben Unsicherheiten, wie mit Fördermitteln umzugehen sein wird, erleben die Einrichtungen u.a. Totalausfälle bei den Pachteinnahmen von den Gastronomiebetrieben in ihren Häusern, bei der kurz- und langfristigen Vermietung der Räume z.B. für Kurse, Firmenveranstaltungen, Kirchen und sonstige Nutzergruppen und bei gewinnbringenden Veranstaltungen, wie Tanz- und Marktveranstaltungen.

Zugleich müssen allein zwischen dem 15. März und dem 15. April 2020 Projekte in einem Finanzvolumen von Einzelprojekten bis zu 6,5 Millionen Euro ausfallen. Insgesamt gaben die Befragten hier ein Volumen von mehr als 14,7 Millionen Euro an – wobei die Summe vermutlich höher liegen wird, da mit 56 Teilnehmenden etwa die Hälfte der Mitglieder des Dachverbandes an der Umfrage teilnahmen, die Allgemeinverfügung bis mindestens zum 30. April wirksam ist und für die Zeit danach noch keine planbaren Eckdaten bekannt sind.

Inzwischen gibt es von Seiten der Behörde für Kultur und Medien und auch durch die Bundesregierung ermutigende Signale für die geförderten Einrichtungen, die ihrerseits viel Hoffnung auf den avisierten Rettungsschirm richten. Wir sind beeindruckt von dem parteiübergreifenden großen Engagement für die Kultur und dem schnellen Einsatz der Behörde und ihrer Mitarbeiter*innen.

Es ist kaum zu erwarten, dass jetzt schon alle Details der Verteilung und Vergabe der Mittel geklärt sein können. Auch ob das Gesamtvolumen ausreichen wird, wird sich in den nächsten Wochen herausstellen, zumal derzeit noch niemand vorhersehen kann, wie lange der Shutdown der Kultur anhalten wird.

Wichtig ist bei der Umsetzung der Hilfen:

Jegliche Hilfe muss sehr schnell, unbürokratisch und flexibel erfolgen, damit Liquidität erhalten und Gehälter, aber auch Mieten und Rechnungen gezahlt werden können.

Für die Berechnung der Bedarfe müssen sämtliche Einnahmeausfälle berücksichtigt werden: nicht zustande kommende Verträge, wegfallende Verkäufe, ausfallende Spenden und Sponsoring, Einnahmeausfälle aus Vermietungen, Ausfälle und Rückforderungen anderer Mittel z.B. im Quartiersfonds etc. Ein Verzicht auf das Einbringen von Eigenmitteln und eine Förderung auf der Basis einer Festbetragsfinanzierung würden eine große Entlastung für die Geförderten bedeuten.

Kredite sind keine Lösung für die Stadtteilkultur: Ein Kredit muss zurückgezahlt werden, dies setzt Überschüsse bei den Einnahmen voraus, die es in der unterfinanzierten Stadtteilkultur so gar nicht gibt.

Längerfristige Lösungen: Auch nach der Wiederöffnung werden z.B. Einnahmen aus Vermietungen, aber auch Projekte etc. erst allmählich wieder anlaufen. Hilfen werden deshalb auch nach der unbestimmten Dauer der Schließung noch nötig sein.

Kurzarbeitergeld und ähnliche Kompensationsleistungen, die Gehälter nur teilweise ersetzen, sind kein geeignetes Mittel in der Stadtteilkultur: Mitarbeitende der stadtteilkulturellen Einrichtungen, Initiativen und Projekten sind zumeist prekär beschäftigt, in zu niedrigen Einkommensgruppen eingruppiert und weit überdurchschnittlich häufig in Teilzeit angestellt.

Kurzarbeitergeld führt häufig dazu, dass diese Beschäftigten in eine existenzbedrohende Lage kommen. Das gleiche gilt für Mitarbeitende, die wegen der Schließung der Kindertagesstätten ihrer Arbeit nicht in vollem Umfang nachgehen können und stattdessen ihre Kinder betreuen. Sofern Kurzarbeitergeld dennoch unabdingbar sein sollte, brauchen wir für die Beschäftigten der Stadtteilkultur eine Aufstockung der Bezüge auf 100 Prozent. Eine mögliche Rückforderung der Gelder durch die Arbeitsagentur muss ausgeschlossen werden.

Auch Minijobs und Midijobs müssen abgesichert werden: Diese betreffen häufig z.B. Buchhaltung oder Hausmeister etc. und werden nicht aus institutioneller Förderung (sofern vorhanden), sondern z.B. Quartiersfonds etc. bestritten. Mehr als 39 Prozent der Befragten sahen hier einen besonders großen Bedarf.

Hilfen für Freie und die Gastronomie: Große Sorgen machen wir uns um alle die, die nicht bei den Häusern angestellt, aber dennoch unabdingbar sind: die Honorarkräfte, die selbständigen Künstler*innen, die freien Projekte, die selbständigen Kursleiter*innen, die Techniker*innen etc. und um die Gastronomiebetriebe, auf deren Pacht- oder Mieteinnahmen die Häuser angewiesen und die existenzgefährdet sind.

Quelle: www.stadtkultur-hh.de [1]

 

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