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musica sacra pretiosa

Mancher katholischer Gemeinde bleibt das „Halleluja“ regelrecht im Halse stecken. Der Grund: jede Gemeinde muss ab sofort die GEMA-Gebühren selbst entrichten, denn ein Pauschalvertrag ist ausgelaufen. Das kann teuer werden.

Wie ein Paukenschlag ging es vor wenigen Tagen durch die katholischen Gemeinden der Republik. Nicht etwa weil des Islam nun zu Deutschland gehört. Denn das Rumoren in den Kirchenbänken ist selbst gemacht. Der Verband der Diözesen in Deutschland (VDD) hatte einen Pauschalvertrag mit der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (kurz: GEMA), die die Urheberechte von Musikwerken verwaltet, nicht verlängert. Zuvor wurde an die GEMA pauschal 45,- € je Gemeinde gezahlt und damit war der musikalische Segen für Aufführungen erteilt. Nun wollte die GEMA diese Pauschale nach 30 Jahren um 30 € auf 75,- € erhöhen, woraufhin der VDD den Vertrag zu Ende 2017 auslaufen ließ. Evangelische Gemeinden sind davon nicht betroffen.

Im katholischen Online-Informationsdienst ´kath.net` [1]ist zu lesen, dass der Verband der deutschen Diözesen die neue Pauschale für nicht angemessen halte. Und so müsse künftig jede katholische Kirchengemeinde bei Konzerten und anderen öffentlichen Veranstaltungen GEMA-Gebühren aus eigener Kasse zahlen, kostenfrei bleiben nur die Gottesdienste. Ein kleines Pfarrfest könnte dann um 24 Euro kosten, doch Gemeinden, die große Oratorien veranstalten, könnten sich auch 1.000 Euro summieren. Außerdem kommt ein höherer Verwaltungsaufwand auf die Pfarreien zu, denn jedes Pfarrfest, jede Seniorenveranstaltung muss extra gemeldet werden. Die Meldepflicht für Konzerte und kirchliche Veranstaltungen hatte die GEMA bereits 2015 eingeführt.

Die GEMA [2] lässt auf ihrer Website verlautbaren: „Ab Januar 2018 müssen Musiknutzungen der katholischen Gemeinden und Einrichtungen einzeln bei der GEMA angemeldet werden. Der bis Ende 2017 geltende Konzertvertrag zwischen GEMA und VDD regelte die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken der Musik pauschal, ohne dass seitens der Pfarreien, Gemeinden oder anderer Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft diese Nutzung bei der GEMA zusätzlich vergütet werden musste. Mit der Kündigung dieses Pauschalvertrags sind nun alle Musiknutzungen bei der GEMA anmeldepflichtig, die außerhalb von Gottesdiensten oder gottesdienstähnlichen Veranstaltungen stattfinden.“

In der Regel werden Konzerte mit einer Pauschale bei freiem Eintritt abgegolten. Dann erhöhen sich die Abgaben nach einer Eintrittsstaffelung. Die Gebühren sind nicht nur für Live-Konzerte sondern auch bei der Wiedergabe von Musik z.B. von Tonträgern zu entrichten.

Der Bayrische Rundfunk (BR) [3]hatte am vergangenen Wochenende bereits darüber berichtet und zitiert Stefan Ludwig, Kirchenmusiker im Pfarrverband München-Haidhausen: „Wir haben vier bis sechs Konzerte im Jahr und da überlegen wir uns, wie kriegen wir das finanziell überhaupt noch gebacken, dass wir solche Sachen anbieten können, was das kulturellen Leben hier in Haidhausen einschränken kann.“

Die Folge der nun neuen Regelung ist eine extreme Verunsicherung in den Gemeinden. In der Kindertagesstätte „Casa Don Bosco“ in München-Haidhausen entstand über Jahre ein breites musikalisches Angebot mit einer eigenen Singschule. Es gibt einen Kammerchor und regelmäßig führt die Gemeinde ein Kindermusical auf. Seit die Kirche die GEMA-Gebühren für ihre Gemeinden nicht mehr pauschal bezahlt, befürchten die Mitarbeiter nun hohe Kosten und Aufwand, denn jedes Pfarrfest, jede Seniorenveranstaltung mit Musik muss nun extra gemeldet werden.

„Wir stehen vor der Aufgabe, mit einem riesen Verwaltungsaufwand bei Veranstaltungen Musiklisten zu schreiben und zu überlegen, welche Musik kommt zur Aufführung? Damit steht nicht mehr im Vordergrund, was wir den Menschen anbieten wollen. Wir sind ein Stück weit geleitet durch ein Kostenbewusstsein, das finde ich schade“, so Alfons Friedrich, der Pater im Pfarrverband München-Haidhausen.

„Ein kleines Pfarrfest kostet nach Tarif circa 24 Euro. Eine aktive Gemeinde, die vier solche Feste macht würde bereits mehr bezahlen als in der Pauschale“, rechnet GEMA-Mitarbeiter Jürgen Baier vor. Bei Gemeinden, die große Oratorien veranstalten, könnten auch Summen von 1000 Euro zustande kommen.

Auf BR-Nachfrage sagt der Verband der deutschen Diözesen die neue Pauschale der GEMA sei nicht angemessen. Über die Folgen für die Kirchengemeinde wollte sie sich nicht äußern. Bleibt für viele Mitarbeiter in den katholischen Gemeinden nur die Hoffnung, dass die Kirchenleitung doch noch einlenkt. Das Angebot für den neuen Pauschalvertrag liegt noch immer auf dem Tisch, heißt es seitens der GEMA: Die katholische Kirche in Deutschland könne ihn jederzeit noch unterschreiben.

Hinweis: Für katholische Gemeinden aus Hamburg, die nun gerade einen Schock bekommen haben, gibt es Hilfe. Denn eine Fortbildung naht:

Mittwoch, 25. April 2018, 10 bis 13 Uhr
GEMA: Einführung in die GEMA-Tarife

Wer sich mit der komplizierten Tarifstruktur der GEMA nicht auskennt, läuft Gefahr dies teuer bezahlen zu müssen: Denn Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, aber es gibt einige Möglichkeiten, die Kosten zu reduzieren.

Die Fortbildung bietet eine praxisorientierte Einführung in GEMA-Tarife, die für die stadtteilkulturelle Veranstaltungs- und Projektarbeit relevant sind. Besonderes Augenmerk wird auf Möglichkeiten der Kostenreduktion gelegt. Grundlagen, Einführung, Berechnung, Meldeverfahren und Tarifkunde sind die Themen.

Ort: Goldbekhaus, Moorfuhrtweg 9, 22301 Hamburg
Referent: Jürgen Krenz, Veranstalter Musikbereich, Goldbekhaus

 

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