- Tiefgang - https://www.tiefgang.net -

On the road – for Hutgeld

Immer mehr Veranstalter übernehmen das „Hutgeld-Modell“, glaubt Musiker Steff Porzel. Also das Sammeln von Spenden statt dem Zahlen von festen Gagen. „Wer das machen will, soll’s gerne machen“, sagt er. Aber er sollte auch wissen, wohin das führen kann. Ein Gastbeitrag:

Es sei eingangs erwähnt, dass dieser Text sich NICHT gegen die Leute richtet, die mit ihren Gitarren in den Fußgängerzonen stehen oder in Kneipen musizieren. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass das „Hutgeldmodell“ immer mehr von Veranstaltern adaptiert wird und am Ende komplette Bands finanzieren soll. Selbiges ist zwar aus Veranstalter-Sicht verständlich, aber eben selten bis nie möglich. Es sei denn, die Kapelle kommt aus betuchtem Hause und hat genug Geld, um den eigenen Gig aus eigener Tasche zu bezahlen.

Zudem möchte ich Musiker, sollten sie dauerhaft „auf Hutgeld spielen“ über ihren eigenen, gesetzlichen Versicherungs- und Geschäftsstatus aufklären. Es liegt mir ABSOLUT fern, jeden, der auf Spendengelder spielt, grundsätzlich zu verurteilen. Dafür gibt es keinen Grund. Wer das machen will, soll’s gerne machen. Zurückrudern werde ich deswegen aber auch nicht, denn Fakten sind eben nun mal Fakten und es ist kein Verbrechen, Leute zu informieren und über Sachverhalte aufzuklären. Daran gibt’s nichts zu trumpisieren. 

Vorteile für Veranstalter

In den letzten Tagen wird ziemlich viel an Kommentaren zum Thema „HUTGELD“ für Künstler in Umlauf gebracht. Da ist eine Menge Nützliches, aber auch, wie in digitalen Zeiten üblich, eine ganze Menge Blödsinn dabei und so mancher Kollege weiß nicht so recht, wie er das Ganze denn handhaben soll. Versuchen wir doch mal, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen:

Für Veranstalter hat das Hutgeld durch die Bank tatsächlich nur Vorteile. U.a. deswegen, weil es einen Veranstalter als solchen zu Hutgeldbedingungen gar nicht gibt. Gut so, weil: Die Abgaben an allerlei Institutionen wie GEMA, Künstlersozialkasse und andere sind bei Veranstaltungen, bei denen Eintritt verlangt wird, zum Teil von einer finanziellen Höhe, die es dem potentiellen Veranstalter oft unmöglich macht, seine Veranstaltung unter „normalen“ Umständen durchzuführen. Und so wird das Ganze eben zur Methode:

Keine Bürokratie

Die Gelder, die in den Hut geworfen werden, sind nämlich abrechnungstechnisch tatsächlich als Spendengelder zu sehen und müssen beim Finanzamt, bei der GEMA und bei KSK nicht angegeben werden. (Es ist wohl richtig, dass Veranstalter oft die Auffassung vertreten, Hutgelder seien reine Spenden an die Musiker. Dies ist aber ein weitläufiger Irrtum. Auch die sogenannten Hutgelder werden etwa mit der Künstlersozialabgabe belegt und bedeuten bei Prüfungen auch für viele Veranstalter ein böses Erwachen, Anm. d. Red.)

Und für die Künstler hat das Hutgeld den Vorteil, dass sie keine Rechnung schreiben müssen und ein paar Minuten weniger Verwaltungsaufwand haben. Hobbykünstler machen das zumeist eh nicht, weil hinter ihrer Tätigkeit (zumindest offiziell) keine Gewinnabsicht steht.

Kein Aufwand, keine Bürokratie. Und das auch noch in Deutschland!

Das klingt doch phantastisch, oder nicht?

Problem KSK

Gut. Dann schauen wir mal hinter die Kulissen und sehen nach, was das Hutgeld für den professionell arbeitenden Künstler bedeutet und wo eventuell auch Gefahren liegen:

Zumindest einigermaßen Buch führen, mitschreiben und Eigenbelege ausstellen, um die Situation nicht prekärer zu gestalten, als sie’s eh schon ist, ist da durchaus empfehlenswert.

Kultur kostet Geld

Man verstehe diese Zeilen bitte nicht falsch, ich möchte keinem vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat. Wer auf Hutgeld spielen will, soll’s machen. Es soll nur danach nicht heißen, ich hätte nichts gesagt…

Aber im Ernst: Kultur kostet eben nun mal Geld. Wenn sie überall umsonst ist, ist sie auch keinem mehr was wert.

Aus purem Eigennutz sei noch vermerkt, dass wir ein kleines, lustiges Video zu dem Thema gedreht haben. Der Song dazu steht kostenfrei, wie heutzutage üblich, auf YouTube und ist dennoch käuflich zu erwerben. Aber das ist ein anderes Thema und soll ein andermal besprochen werden. Here we go: 16 NIGHTS, 16 DAYS:

Sodeli, ich hoffe, der Erleuchtete hat genug Streit geschürt für heute.

Bis in Bälde

Steff Porzel

(Steff Porzel ist Berufsmusiker und lebt und arbeitet in Süddeutschland, genauer Bischberg in Bayern. Er verfolgt das Geschehen in seiner Branche kritisch und thematisiert das ein oder andere in seinem blog. In Hamburg war er oft auch beruflich – etwa als Sideman der Spencer Davis Group  im Downtown Blues Club.)  

Weiterführender Link: www.steffdrums.de [1]

Related Post

Druckansicht [2]     [3]