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Veranstalter trägt Verantwortung

Der Begriff der Verkehrssicherungspflicht gehört im Vereinsleben wohl nicht zum alltäglichen Sprachgebrauch, jedoch kommt ihm eine überragende Bedeutung zu, wenn es um die allgemeine Sicherheit geht.

Im Grunde gibt die Verkehrssicherungspflicht vor, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder fortbestehen lässt, grundsätzlich dazu verpflichtet ist, alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. Dies bedeutet allerdings nicht, dass jeder denkbaren Gefahr, sei sie auch noch so abstrakt, begegnet werden muss – dies wäre ohnehin unmöglich.

Tritt ein Verein beispielsweise als Veranstalter auf, so sollte besser sorgfältig auf mögliche Gefahrenquellen geachtet werden. Diese können zwar je nach Art der Veranstaltung unterschiedlich sein, jedoch führt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten meistens zum selben Ergebnis: Haftbarkeit für entstandene Schäden. So auch in einem Fall, den das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) zu entscheiden hatte (Urteil vom 16.01.2018 – Az. 2 U 105/17).

Ein Verein hatte hier ein Motorradrennen veranstaltet. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kam ein Zuschauer nach einem Unfall auf der Strecke zu Schaden, nachdem ein Motorrad über die Schutzeinrichtungen geschleudert wurde. Die Krankenkasse verklagte den Verein in Höhe der Behandlungskosten. Das Gericht sah die dem Veranstalter obliegende Verkehrssicherungspflicht als verletzt an und gab der Krankenkasse Recht.

Besonders wichtig ist hierbei die Anmerkung des OLG Oldenburg, dass der Verein als Veranstalter sich nicht darauf berufen kann, dass seine Sicherungsmaßnahmen dem Rahmen des Üblichen und den Auflagen des Verbandes entsprochen hätten. Vielmehr muss im konkreten Einzelfall eigenverantwortlich geprüft werden, welche Maßnahmen zum Schutz der Teilnehmer bzw. Besucher erforderlich werden.

Zur Begründung heißt es in der Pressemitteilung zum Urteil weiter:

„Bei einem Speedway- oder Sandbahnrennen sind Sicherheitsvorkehrungen für die Zuschauer unerlässlich. Welchen Umfang diese Sicherheitsvorkehrungen haben müssen, hat jetzt der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg in einem aktuellen Fall entschieden.

Der Zuschauerbereich war von dem Rundkurs, auf dem die Motorräder ihre Kreise drehten, durch eine 1,2 Meter hohe Betonmauer getrennt. An deren Innenseite befand sich ein Luftkissenwall. Drei Meter von der Betonmauer entfernt war ein Seil gespannt. Dahinter standen die Zuschauer. Direkt nach dem Start kollidierten zwei Motorräder und fielen zu Boden. Ein drittes Motorrad fuhr auf und wurde über die Betonwand katapultiert. Es verfing sich in dem Seil und prallte auf den Oberschenkel eines Zuschauers, der dadurch einen Oberschenkelbruch erlitt.

Die klagende Krankenkasse verlangte von dem beklagten Veranstalter die Behandlungskosten in Höhe von rund 6.000,- Euro. Sie vertrat die Auffassung, der Veranstalter hätte seine Verkehrssicherung verletzt. Er hätte einen Fangzaun errichten müssen. Der Veranstalter argumentierte, es gebe nahezu kein Unfallrisiko bei Speedwayrennen. Die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen entsprächen der Üblichkeit und den Vorschriften des Rennsportverbandes.

Der Senat bejahte eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und gab der Krankenkasse Recht. Zwar sei eine vollkommene Verkehrssicherheit gegen jede denkbare Gefahr und die jeden Unfall ausschließe, nicht zu erwarten. Es müssten aber alle Maßnahmen ergriffen werden, die zumutbar seien und die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig halten dürfe, um andere vor Schäden zu bewahren. Je größer die Gefahr sei, desto höher seien die Sicherheitsanforderungen.

Nach diesen Grundsätzen wäre im konkreten Fall ein zusätzlicher Fangzaun erforderlich gewesen. Denn der Unfallverlauf sei bei einem Speedwayrennen nicht ganz ungewöhnlich. Es sei alles andere als lebensfern, dass bei einem Zusammenstoß von Motorrädern eine Katapultwirkung entstehe und ein Motorrad zu einem lebensgefährlichen Geschoss für die Zuschauer werde.“

Quelle: Pressemitteilung Nr.27/2018 des OLG Oldenburg

 

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