LG Braunschweig urteilte zu Stimmrecht von Vereinsmitgliedschaften:

Satzung oder gelebte Praxis?

Foto: Hermann / Pixabay

Ordentliche, Ehrenhafte oder Fördernde – Mitgliedschaften kann es jede Menge geben. Aber wer darf wann wozu (mit-)bestimmen? Ein Urteil klärt nun auf.

Im Online-Forum VSZ-Ratgeber wird auf ein Urteil von Mitte 2017 vor dem Landgericht Braunschweig hingewiesen. Dabei ging es um unterschiedliche Mitgliedschaften und ihre Stimmrechte:

„In der Vereinspraxis ist es durchaus nicht unüblich, dass es verschiedene Mitgliederkategorien gibt. Neben „ordentlichen“ Mitgliedern kommen beispielsweise „Ehrenmitglieder“ regelmäßig vor. Hierbei kann es sein, dass für die verschiedenen Mitgliederkategorien auch unterschiedliche Rechte und Pflichten bestehen (bspw. im Hinblick auf zu entrichtende Mitgliedsbeiträge). Näheres muss in jedem Fall aus der Satzung hervorgehen. Im Besonderen trifft dies auf die Stimmberechtigung der einzelnen Mitgliederkategorien zu. Ist die genaue rechtliche Ausgestaltung hierzu unklar, birgt dies naturgemäß Streitpotential.

Einen entsprechenden Streitfall hatte auch das Landgericht (LG) Braunschweig zu entscheiden (Beschluss vom 16.05.2017, Az. 6 S 66/17). Im zugrundeliegenden Sachverhalt gab es Streit über das Bestehen bzw. über das Nichtbestehen eines Stimmrechtes. Die Satzung des Vereins sah die Mitgliederkategorien der „ordentlichen“, der „fördernden“ und der „Ehrenmitglieder“ vor. Das Stimmrecht stand satzungsgemäß nur den ordentlichen und den Ehrenmitglieder zu. Abweichend von der Satzung waren fördernde Vereinsmitglieder im Vereinsalltag jedoch zeitweise stimmberechtigt und bekleideten sogar Vorstandsämter. Als nun bei einer Entscheidung das Stimmrecht unter Hinweis auf die einschlägigen Satzungsregelungen versagt wurde, beriefen sich die fördernden Vereinsmitglieder auf die bisher außerhalb der Satzungsvorgaben gelebte Vereinspraxis. Der Fall musste gerichtlich entschieden werden, wobei insbesondere zu klären war, ob nun das bisher praktizierte Vorgehen die Regelungen der Satzung in den Hintergrund hat rücken lassen.

Das LG Braunschweig entschied, dass ein Stimmrecht ausgeschlossen ist, denn die Satzung ist und bleibt hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung maßgeblich. Eine Auslegung auf Grundlage der tatsächlichen Vereinspraxis kommt nicht in Betracht, denn außerhalb der Satzung liegende Umstände sind für deren Auslegung grundsätzlich unerheblich. Anders ist dies ausnahmsweise nur dann, wenn es sich um Umstände handelt, die allgemein bekannt sind und demnach  auch  potentiellen Neumitgliedern gegenüber als  bekannt  vorausgesetzt werden können.

Da laut Satzung nur ordentliche Mitglieder und Ehrenmitglieder stimmberechtigt waren, schließt das eine Stimmberechtigung der fördernden Mitglieder selbst dann aus, wenn jahrelang etwas anderes praktiziert worden ist. Auch eine Satzungsänderung ist durch diesen Umstand nicht herbeigeführt worden. Vielmehr wäre die Satzung in jedem Fall zu ändern, sollte auch den fördernden Mitgliedern künftig ein Stimmrecht zustehen.“

Quelle: vereine-stiftungen.de

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