- Tiefgang - https://www.tiefgang.net -

„Gedenken am Stadthaus wird sichtbarer“

Es gab viel Kritik am Konzept zum Gedenkort „Stadthaus“ und dann einen Beirat. Dieser legte nun seinen Abschlussbericht vor.   

Das in der Hamburger Innenstadt gelegene Stadthaus war bis zu den Luftangriffen Ende Juli 1943 Sitz des Polizeipräsidiums und zentrale Befehlsstelle der Schutzpolizei, der Kriminalpolizei und der Gestapo. Von hier aus wurden die Verfolgungsmaßnahmen in Hamburg und größeren Teilen Nordwestdeutschlands organisiert. Lange blieb eine öffentliche Diskussion über den Umgang mit diesem einstigen Hauptort national-sozialistischer Verfolgung aus. 2009 erfolgte der Verkauf an einen privaten Investor. Dieser verpflichtete sich seinerzeit gegenüber der Stadt in dem Quartier auch eine Gedenk- und Informationsstätte zu errichten. 2017 gründete sich die „Initiative Gedenkort Stadthaus“ die das Konzept des Investors kritisierte, das eine Ausstellung als Teil einer Buchhandlung mit Café vorsah. Anfang 2018 lud die Behörde für Kultur und Medien daraufhin zu einem „Runden Tisch“. Im Rahmen der Beratungen wurde die Einrichtung eines Beirats verabredet, der jetzt seinen Abschlussbericht vorlegte. Dieser wurde gemeinsam abgefasst und wird von allen Mitgliedern des Beirats getragen.

Der Beirat bestand aus zehn Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Verbänden und Initiativen und kam in den dreieinhalb Jahren zu 21 Sitzungen zusammen und hat die Entwicklung des Gedenkortes konstruktiv kritisch begleitet. 2020 wurde unter dem Titel „Zentrale des Terrors“ eine Ausstellung in den Stadthöfen eröffnet, die ergänzt wird durch Schautafeln im Arkadengang über den Bleichenfleet und einer Installation im weitgehend im Originalzustand erhaltenen sogenannten Seufzergang. Derzeit wird zudem als künstlerische Intervention im Stadtraum das Kunstwerk Stigma umgesetzt, mit dem auf rund 200 Quadratmetern an der Ecke Stadthausbrücke / Neuer Wall an die Geschichte dieses Ortes erinnert wird. Auch die Idee zur Realisierung eines solchen Kunstwerks, für das die Hamburgische Bürgerschaft die Mittel bereitstellte, ist im Rahmen des Beirats entstanden.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Viel zu lange hat die Stadt die Augen davor verschlossen, welche Rolle das Stadthaus im Nationalsozialismus gespielt hat. Auch die Stadt selbst hat in all den Jahren, in denen das Gebäude im städtischen Besitz war, zu wenig für das Erinnern getan und dem Thema auch beim Verkauf des Gebäudekomplexes zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Insofern danke ich den Mitgliedern des Beirates sehr für die konstruktiv kritische Diskussion, die das öffentliche Bewusstsein geschärft hat und die wertvolle Impulse dafür gegeben hat, die Verbrechen, die vom Stadthaus ausgingen, sichtbarer zu machen. Zu diesem Ergebnis hat auch die von allen Seiten respektierte Moderation durch den ehemaligen Staatsrat Hans-Peter Strenge beigetragen. Ich danke auch dem Eigentümer und allen weiteren Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass wir zusätzliche Formate des Gedenkens, wie das Kunstwerk Stigma umsetzen können. Wir konnten nicht alle Ideen verwirklichen, aber viele Impulse werden künftig in die bereits vereinbarte Entwicklung eines gesamtstädtischen Erinnerungskonzeptes einfließen. Aus dem Prozess rund um das Stadthaus können und müssen wir auch für die Zukunft lernen, wie wir künftig gemeinsam angemessenes Gedenken organisieren.“ 

Hans-Peter Strenge, Staatsrat a.D. und Moderator des Beirates und Hamburger Sprecher des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie: „Nicht alle Ideen des Beirats ließen sich angesichts der seit 2009 festgelegten Rahmenbedingungen im Stadthaus umsetzen. Die Ausstellungsfläche ist für einen Lernort zur Geschichte weiterhin zu klein, ihre inhaltliche Präsentation aber gut gelungen. Ich freue mich, dass die Anregungen des Beirats zur Gestaltung der beleuchteten Brückenarkade und zum Kunstwerk Stigma umgesetzt worden sind. Auch regelmäßige Führungen und Veranstaltungen mit personeller Verstärkung gehören zum erfolgreichen Einsatz des Beirats.“

Den Abschlussbericht zum Download: Abschlussbericht [1]

Related Post

Druckansicht [2]     [3]