- Tiefgang - https://www.tiefgang.net -

Harburgs Kultur geht in den Neustart

Die Corona-Pandemie hat auch Harburgs Kulturlandschaft arg zugesetzt. Doch schon zuvor lag vieles im Argen. Gestern nun startete der ganzjährig geplante „NEUSTART SuedKultur“ mit einem Workshop in der Klangfabrik. Zu Gast war auch Antonia Marmon vom Harburg Marketing.

Die Bezirksverwaltung und -politik sprach längere Zeit von einem Kulturentwicklungsplan und einem Runden Tisch für die Kulturszene in Harburg. Aber eine erste Ausschreibung einer Gesprächsmoderation aller Beteiligten lief ins Leere und bis heute tat sich faktisch nichts.

Das dauert den Kulturschaffenden zu lang und durch eine Förderung des Fonds Soziokultur macht man sich nun daran, einen eigenen Runden Tisch zunächst unter Kulturschaffenden ins Leben zu rufen. Zu gegebener Zeit, so Sprecher Heimo Rademaker, werde man aber natürlich und von sich aus auch auf die Politik und Verwaltung im Bezirk zu gehen. „Wenn Harburg zu einem eigenen Kulturstandort werden soll, ist eine Zusammenarbeit aller interessierten Kräfte nötig. An uns jedenfalls wird es nicht liegen und was wir aus der Kraft der Kulturschaffenden selbst schon auf den Weg bringen können, werden wir tun. Um aus dem ganzen Mist der Pandemie rauszukommen dürfen wir jedenfalls nicht weitere Zeit verlieren!“

Als Moderatorin konnte die Initiative SuedKultur zwei Personen gewinnen, die selbst nicht aus Harburg kommen. „Das sichert uns den Blick von außen und hilft, dass man nicht über in eigenen Vorurteilen hängen bleibt“, so Rademaker. Zu den beiden Moderator*innen gehört neben Dennis Ahmedow die von den SuedLese-Literaturtagen 2021 bekannte Projektleiterin Anne Lamsbach. „Durch die Arbeit zur letzten SuedLese und auch mein Studium an den Harburger Medical School Hamburg im Kulturbereich habe ich Harburg im Grunde sehr positiv wahrgenommen“, so Lamsbach. „Ganz viel entsteht aus eigener Kraft und Idealismus. Aber es ist auch viel Resignation zu spüren, viele Verletztheiten und Verdruss. Wenn ich helfen kann, hier zu moderieren und bis zu einem gewissen Grad auch zu mediatieren, wäre mir das eine Freude. Von außen betrachtet, scheint mir alles vor allem eine Sache des Miteinanderredens. Übers Jahr wird sich aber vermutlich zeigen, was die eigentlichen Probleme sind. Die ersten Gespräche – auch und vor allem mit Antonia Marmon – machen mich recht zuversichtlich. Und wie es letztes Jahr schon bei den SuedLese-Literaturtagen erlebte: Harburg hat derart viel Potenzial um ein Bezirk mit ganz eigenem Kulturleitbild zu werden, dass es fatal wäre, wenn die Chancen nicht genutzt würden!“

Und an altbekannten Themen mangelt es nicht. So konnte Andreas Maecker, einer der Geschäftsführer der Harburger Musikschule Klangfabrik in der Nöldekestraße 19 gleich zum Auftakt über das miserable Mietverhältnis mit der Sprinkenhof GmbH berichten. Um das Gebäude kümmere man sich kaum, durch der Verkauf seitens der Stadt an eben die Sprinkenhof aber solle man jetzt auch noch mehrere tausend Euro Grundsteuern zahlen und auch für die defekte Heizung aufkommen. Gerne wolle man das Gebäude, früher mal als das FZ (Freizeitstätte) Nöldekestraße bekannt und damit Ursprung der heutigen Trägervereins Rieckhofs, auch erwerben, aber auch hier zeigt sich: Kommunikation findet schlicht nicht statt. „Nun läuft unser Mietvertrag zum Sommer entweder aus und wir müssten wegziehen oder wir akzeptieren einen neuen Mietvertrag, der uns ebenso keine weiteren Investitionen mehr möglich macht“, so Maecker. „Ich würde mir wünschen, wenn es in Harburg irgendwen in der Verwaltung gäbe, der zumindest als Ansprechpartner vermittelnd tätig werden könnte.“ Wie sich zeigte, ist die Klangfabrik nur eines der vielen Fälle, mit denen Kulturschaffende hinsichtlich Raumnutzung zu tun haben. Seit Jahren thematisiert die Initiative, dass es vor allem zu wenig Räume für kulturelle Arbeit aber auch Angebote gibt. In einem der nächsten Workshops will man nun Experten des Hamburger Raummanagements einladen. Eine bisherige Anfrage an die Bezirksverwaltung in Harburg blieb indes unbeantwortet.

Zu Gast beim ersten Workshop in der Klangfabrik in der Nöldekestraße am vergangene n Dienstag war die neue Geschäftsführerin Antonia Marmon, des Harburg Marketings, das sie als Nachfolgeverein von Channel Harburg und Citymanagement Harburg leitet. Es ging dabei vor allem um Fragen, welche Rolle Kultur im Standortmarketing einnimmt und -nehmen könnte oder gar sollte. Marmon war erstaunt über das rege Interesse des unter 2G+-Bedingungen gefüllten Saales der Klangfabrik. Auch hier stand im Raum, in wie weit Kultur den Leerstand in der Lüneburger Straße nutzen könnte, aber auch als Faktor in der touristischen Darstellung dienen könnte. Fest stand am Ende, dass man die Gespräche vertiefen werde.

Konkret plant die Initiative SuedKultur nun monatlich weitere Workshops zu verschiedenen Themenbereichen und das bis Jahresende. Im April etwa soll am Thema Kulturräume gearbeitet werden. Als Gäste sind bereits Vertreter*innen des Baudezernats sowie der Kreativgesellschaft angefragt.

Wer daran als KulturschaffendeR teilnehmen will, kann sich unter neustart@sued-kultur.de [1] melden. „Auch Kulturinteressierte aus Politik und Verwaltung können und sollten sich selbstredend melden“, so Rademaker.

Daneben wird bereits intensiv an den nächsten und schon 7. SuedLese-Literaturtagen gearbeitet, die im Juni und wieder mit Orten im Bezirk als auch Landkreis Harburg stattfinden werden. Fest steht auch schon, dass es Ende Oktober die nunmehr 12. SuedKultur Music-Night geben wird und auch Ideen für einen möglichen 2. SuedKulturSommer sind in Arbeit.

Die Initiative SuedKultur entstand 2007 und ihr gehören mittlerweile mehr als 60 Kulturinstitutionen und weiter Einzelpersonen an – vom Archäologischen Museum oder dem Heimfelder Verein Alles wird schön bis hin zur Kulturkneipengenossenschaft „Zur Stumpfen Ecke“. Die Initiative steht allen Kulturinteressierten Harburgs offen, betreibt das Terminportal www.sued-kultur.de [2], das Online-Feuilleton „Tiefgang“, die jährliche SuedKultur Music-Night, die SuedLese-Literaturtage und die Harburger Kunstleihe, war zwei Mal zum Stadtteilkulturpreis Hamburgs nominiert, wird aber vom Bezirk nicht gefördert.

Das Workshop-Projekt NEUSTART SuedKultur wird gefördert durch das Programm NEUSTART KULTUR 2, der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und dem Fonds Soziokultur, der Alfred Toepfer Stiftung FVS wie dem Verfügungsfonds „Mitten in Harburg“.

Related Post

Druckansicht [3]     [4]