Wenn der 22. Harburger Kulturtag am Sonntag (2.11.) seine Pforten öffnet, ist das nicht nur ein Termin im Kalender, sondern ein starkes Bekenntnis zu Harburg. Es ist die Geschichte eines Events, das sich aus purer Leidenschaft immer wieder neu erfindet, aber dabei seine Identität neu aushandeln muss.
Über 15 Jahre lang war der Kulturtag ein geliebter Samstagstermin, initiiert und getragen vom Team des Archäologischen Museums. Doch der Kulturbetrieb ist kein Zuckerschlecken: Wegen knapper Kassen und fehlender Ressourcen musste der Tag schlucken – und auf den verkaufsoffenen Sonntag im Herbst umziehen.
Jetzt tritt erstmals Harburg Marketing an die Spitze. Und diese Premiere ist ein Signal: Die Kultur im Hamburger Süden lässt sich nicht unterkriegen! Die Verlegung von 12 bis 20 Uhr macht den Tag zu einem Fest für alle, perfekt eingebettet in einen entspannten Familiensonntag. Harburgs Zentrum und der Binnenhafen werden zur Bühne für 28 Kultureinrichtungen, deren Eintritt an diesem Tag frei ist.
Superhelden, Street Art und Lindy Hop
Was diesen Tag so unwiderstehlich macht, ist die explosive Mischung aus Geschichte, Aktivismus und purer Lebensfreude. Hier wird nicht nur konsumiert, hier wird mitgemacht! Einige Highlights:
- Der Mythos lebt: Im Archäologischen Museum 12-16 Uhr in die fantastische Welt der „Superhelden – Von Herakles bis Superman“. Wer will sich nicht einmal den griechischen Legenden gegenüberstellen?
- Rhythmus der 20er: Bei Atticat Swing (13-18 Uhr) am Krummholzberg heißt es: Schuhe schnüren! Die Tanzschule bietet einen Tag der offenen Tür mit Lindy Hop Schnupperkursen – ein energiegeladener Tanz, der direkt aus Harlems Jazz-Kultur stammt.
- Wandlungen der Stadt: Die Kunst findet auf der Straße statt: Bei Walls Can Dance entdecken Besucher*innen Norddeutschlands größte Freiraumgalerie für Urban Art bei kostenlosen Touren, startend am S-Bahnhof Harburg.
- Das Harburger Herz: Bei der Biff Harburg Frauenberatung werden unter dem Titel „Frauenbilder Sichtbar werden“ kraftvolle Collagen gezeigt, die von Mut und gelebten Biografien erzählen. Im Gegensatz dazu präsentiert Stadtmaler Ralf Schwinge in der Sparkasse Harburg „Harburg in neuen Ansichten 2.0“ – und versorgt Neugierige mit Kaffeespezialitäten vom Coffeebike (12-16 Uhr).
Auch die Harburg Info öffnet in der Hölertwiete ihre Türen für eine Lesung: „Coloured Stories“ bietet Auszüge zu Stadtthemen und Umweltschutz – nahbare Geschichten aus der Nachbarschaft.
Kulturschock oder Demokratisierung? Die Gratwanderung des Harburger Tags
Doch gerade für jene, die den Kulturtag in seinen Anfangsjahren schätzten, muss dieser Wandel schmerzen. Der Tag war einst eine bewusste Antithese zum harschen Ruf Harburgs: Er pries die (Hoch-)Kultur mit der Sammlung Falckenberg an der Spitze und bot Ateliers als Rückzugsorte. Das Ziel war klar: Harburg hat eine ernstzunehmende, anspruchsvolle Szene.
Heute? Der Kulturtag findet am verkaufsoffenen Sonntag statt. Die Kunstaktion im Phoenix-Center wird mit den Lions Charitytagen verbunden. Am Abend gibt es einen Laternenumzug und ein Feuerwerk. Für Purist*innen stellt sich die Frage: Hat sich der Kulturtag selbst überlebt, indem er seine klare kulturelle Haltung zugunsten der größtmöglichen Reichweite aufgegeben hat? Wird die Kultur hier zur Dekoration für den Handel?
Die Antwort liegt vielleicht in der Demokratisierung. Harburg Marketing mag einen breiteren, zugänglicheren Ansatz verfolgen, der niedrigschwellige Angebote in den Vordergrund rückt. Wenn die Menschen über Street Art, Lindy Hop und eine Tasse Kaffee zu Ralf Schwinge in die Sparkasse gelockt werden, dann mag das Chaos sein – aber es ist ein Chaos der Begegnung. Es ist die klare Botschaft: Kultur gehört allen, nicht nur der Elite.
Nach Jahren, in denen die Inhalte auf den Flyern fast verschwanden, gibt es endlich wieder eine inhaltliche Fülle. Ob das neue, bunte Mischformat nun die „richtige“ Kultur abbildet oder lediglich ein Publikumsmagnet ist, muss jeder selbst entscheiden. Aber die Debatte – die ist kulturell wertvoll, und sie ist Harburg pur.
Ein Finale mit Feuerwerk
Der Kulturtag ist eine Hommage an die Harburger*innen selbst. Von buntem Laternen basteln in den Arcaden bis zur Kunstaktion im Pop Up Store im Phoenix-Center – an jeder Ecke pulsiert das Leben.
Den krönenden Abschluss des 22. Harburger Kulturtags bildet der Laternenlauf der Schützengilde mit einem spektakulären Feuerwerk über dem Rathausplatz. Und ja, auch die Geschäfte haben von 13 bis 18 Uhr geöffnet.
Harburg Marketing hat mit dieser ersten Umsetzung nicht nur eine Tradition fortgeführt, sondern sie neu aufgeladen. Es ist ein kultureller Anker, der beweist, dass Gemeinschaft und Kunst die stärksten Ressourcen sind. Gehen Sie hin – entdecken Sie, tanzen Sie, staunen Sie! Die Harburger Kultur hat ihren Platz mehr als verdient.
Das gesamte Programm zum download hier
