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Viel Aufwand für kleines Geld

Wenn kleine Initiativen zuwendungsrechtlich behandelt werden wie Großbauprojekte, kann ihnen das die Luft abschnüren. Deshalb fordert die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) Erleichterungen im Zuwendungsverfahren.

Die BJK bemängelt die Bürokratie, da sie das kulturelle Engagement damit beschneidet. Rechtliche Spielräume seien vorhanden, werden jedoch von vielen öffentlichen Geldgebern nicht ausreichend genutzt. Schon Mitte Juni 2018 hat die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) ihr Impulspapier „Modernisierung der Zuwendungspraxis für den Dritten Sektor“ [1] veröffentlicht. Darin werden Konfliktpunkte benannt und Lösungsvorschläge entwickelt. Die BKJ hat an dem Papier umfänglich mitgewirkt. Nun geht sie in die Offensive.

In der Abhandlung der BKJ hießt es:

„Die BKJ sieht sich als Dach- und Fachverband in der Verantwortung für die zivilgesellschaftlichen Strukturen der Kulturellen Bildung und setzt sich daher auch besonders für Erleichterungen bei der Förderung kleiner Projekte ein.

Die Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung geben bereits heute den fördernden Ministerien und Bewilligungsbehörden große Spielräume bei der Ausgestaltung Ihrer Förderrichtlinien und Zuwendungsbescheide. Die verschiedenen Landeshaushaltsordnungen bieten häufig sogar noch größere Freiheiten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten gilt es zu nutzen.

Erleichterungen für kleine Projekte

Für zuwendungsrechtlich unerfahrene Akteure ist es nahezu unmöglich, alle Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides vollständig einzuhalten. Diese Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) sind abstrakt gehalten, nutzen Fachbegriffe der Kameralistik [2] und sind für Personen außerhalb der öffentlichen Verwaltung kaum zu verstehen. Selbst innerhalb derselben Bewilligungsbehörde werden dieselben Bestimmungen unterschiedlich ausgelegt.

Die Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung eröffnen jedoch den Fachministerien die Möglichkeit, bei „Fällen geringer finanzieller Bedeutung“ umfassende Erleichterungen zuzulassen. Dies gilt für fast alle Nebenbestimmungen mit Ausnahme des Verwendungsnachweises. Als solche Fälle gelten in der Regel Projekte bis zu einer Förderhöhe von 50.000 Euro (eine ausführliche Übersicht zu Bund und Ländern findet sich am Ende). Anders als beim Bund sind diese Erleichterungen bei vielen Ländern sogar als Soll-Vorschriften vorgesehen oder betonen die Notwendigkeit von Erleichterungen bei der Förderung von ehrenamtlichen Strukturen.

Eine erhebliche Erleichterung wäre bereits der Verzicht auf die Mittelverwendungsfrist. Im Regelfall müssen die Mittel alle zwei Monate bei der Bewilligungsbehörde angefordert werden; der Bund hat diesen Rhythmus auf maximal sechs Wochen verkürzt. Das Verfahren ist aufwendig für beide Seiten und steht in keinem Verhältnis zu den aktuellen Verzinsungsmöglichkeiten. Ein regelmäßiger Kassensturz ist gerade für kleine Projekte mit sehr viel Aufwand verbunden und zugleich mit Wartezeiten bis zu Auszahlung. Wird der Mittelbedarf der nächsten Wochen zu gering eingeschätzt, lassen sich Rechnungen nicht mehr bezahlen. Wird er zu hoch eingeschätzt, drohen Strafzinsen.

Die BKJ fordert daher, bei Förderungen bis zu 50.000 Euro auf ein Mittelanforderungsverfahren zu verzichten und die Mittel in regelmäßigen, gleich großen Teilbeträgen auszahlen. Bei Förderungen bis zu 10.000 Euro sollten die Mittel nach Bestandskraft des Zuwendungsbescheides direkt in einer Summe ausgezahlt werden.

Partnerschaftlichkeit im Zuwendungsverfahren

Je detaillierter die Auflagen im Zuwendungsbescheid, desto wahrscheinlicher sind versehentliche Verstöße. Die BKJ ist überzeugt: Eine sachgerechte und effektive Verwendung von Fördermitteln wird nicht durch zusätzliche formale Vorgaben, sondern durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Zuwendungsempfängern und Zuwendungsgebern gewährleistet.

Unser Gemeinwesen ist zwingend auf zivilgesellschaftliches Engagement angewiesen. Es ist keineswegs so, dass Fördermittel einzig den Interessen der Zuwendungsempfänger dienen. Ohne die Initiative zahlreicher Vereine und Verbände würde Jugend-, Bildungs- und Kulturarbeit in Deutschland nicht funktionieren. Nur durch ehrenamtliches Engagement und zusätzlich eingeworbene Mittel lassen sich Projekte überhaupt sinnvoll realisieren. Dies sollte auch im Verhältnis zwischen Zuwendungsempfängern und Zuwendungsgebern zum Ausdruck kommen.

Die BKJ und viele ihrer Mitglieder sind freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe. In diesem Bereich ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit seit langem üblich und auch durch das SGB VIII gesetzlich geregelt. Hiervon profitieren beide Seiten, denn durch die enge, kooperative Zusammenarbeit lassen sich die gemeinsamen Ziele auch gemeinsam erreichen. Die BKJ setzt sich deshalb dafür ein, dass sich das Prinzip der Partnerschaftlichkeit auch in anderen Förderbereichen durchsetzt.

Die Beteiligung von nachgeordneten Behörden wie dem Bundesverwaltungsamt oder dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben hat sich aus Sicht der BKJ in vielen Förderprogrammen bewährt. Hierdurch hat der Raum für fachliche Diskurse mit dem jeweiligen Ministerium zugenommen, während gleichzeitig zuwendungsrechtliche Expert*innen in den nachgeordneten Behörden zur Verfügung stehen, welche die Zuwendungsempfänger umfassend beraten und begleiten können. Auch ihrer politischen Verantwortung werden diese Behörden meist gerecht, indem die vorhandenen Ermessensspielräume sachgerecht genutzt werden.

Die Beauftragung von privaten Unternehmen für die Verwaltung von Fördermitteln bewertet die BKJ jedoch kritisch. Dabei spricht zwar nichts gegen eine temporäre Nutzung dieser zusätzlichen Kapazitäten – auf Dauer sollte der Staat solche hoheitlichen Aufgaben jedoch selbst wahrnehmen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass private Auftragnehmer in erster Linie vermeiden wollen, selbst schadenersatzpflichtig zu werden, und daher möglichst standardisiert prüfen. Für situationsgerechte Einzelfallentscheidungen bleibt auf diese Weise häufig kein Raum.

Stärkere Nutzung der Festbetragsfinanzierung

Bei der Wahl der Finanzierungsart durch die Bewilligungsbehörden wird häufig auf die Form der Fehlbedarfsfinanzierung zurückgegriffen, obwohl die Festbetragsfinanzierung gleichberechtigt – in einigen Ländern sogar bevorzugt – möglich ist. Anders als bei der Fehlbedarfsfinanzierung ist bei der Festbetragsfinanzierung der Finanzierungsplan nicht verbindlich und für den Fall, dass der Zuwendungsempfänger weitere Spenden und Einnahmen generiert, werden diese nicht zu 100 Prozent auf die Zuwendung angerechnet. Vielmehr wird es dem Zuwendungsempfänger überlassen, wie er diese zusätzlichen Mittel verwendet.

Häufig fällt die Wahl auf die Fehlbedarfsfinanzierung, falls spätere Einnahmen oder Spenden wahrscheinlich sind, um jeden zusätzlichen Euro von der Zuwendung abzuziehen. Ein solches Vorgehen mag auf kurze Sicht für den Zuwendungsgeber wirtschaftlich erscheinen – auf lange Sicht bewirkt es jedoch das Gegenteil. Dem Zuwendungsempfänger wird so jeder Anreiz genommen, weitere Mittel einzuwerben, und damit auch die Perspektive, ein zunächst öffentlich finanziertes Projekt nach und nach durch eine alternative Finanzierung zu verstetigen.

Eine vollständige Anrechnung von Spenden auf Zuwendungen verkennt auch den Willen von Spender*innen, die in aller Regel dem Projekt selbst neue Möglichkeiten eröffnen und nicht öffentliche Haushalte entlasten möchten. Die Fehlbedarfsfinanzierung geht von der unzutreffenden Annahme aus, es gäbe einen genau bezifferbaren Finanzierungsbedarf für Projekte im gemeinnützigen Bereich. Die Realität sieht hingegen oft so aus, dass Projekte so lange zusammengekürzt werden, bis sie mit den zur Verfügung stehenden öffentlichen Mitteln durchgeführt werden können.

Die BKJ fordert daher, die unbürokratische Festbetragsfinanzierung im gemeinnützigen Bereich noch häufiger als bisher zu nutzen. Wenn dadurch in einem Projekt tatsächlich einmal Überschüsse entstehen, wäre die sachgerechte Verwendung dieser Mittel bereits durch die allgemeinen Verwendungsvorgaben des Gemeinnützigkeitsrechtes ausreichend gesichert.

Abschaffung des Abrufverfahrens als Regelfall

Die Einführung des Abrufverfahrens beim Bund, welches das Anforderungsverfahren mit einer zweimonatigen Mittelverwendungsfrist ersetzt hat, bedeutet nichts anderes als eine Mittelverwendungsfrist von null Tagen.

Auch wenn ein Großteil der Zuwendungsempfänger als „Einzelfall“ bereits wieder vom Abrufverfahren befreit sind, müssen insbesondere vom Bund institutionell geförderte Einrichtungen seit der Einführung des Abrufverfahrens ihre Mittel täglich für den Folgetag direkt bei der Bundeskasse abrufen. Dabei sind alle Ausgaben, aber auch alle Einnahmen des Folgetages auf den Cent genau anzugeben – ein Anspruch, der in der Praxis nicht funktioniert.

Das Personal, das für diesen enormen Verwaltungsaufwand eingesetzt werden muss, steht hierdurch für die eigentlich zu fördernden Fachaufgaben nicht mehr zur Verfügung. Die BKJ begrüßt daher sehr, dass die Länder dieses Verfahren nicht übernommen haben und drängt darauf, dass der Bund dieses Verfahren endlich wieder abschafft.“

Quelle: www.bkj.de [3]

 

Modernisierung der Zuwendungspraxis für den Dritten Sektor

In dem Impulspapier „Modernisierung der Zuwendungspraxis für den Dritten Sektor“ der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. (AWV) werden aktuelle Kritikpunkte an der Zuwendungspraxis sowie den zugrundeliegenden Verfahren zusammengetragen und diesen – jeweils anhand der Rechtslage von Bund und Ländern – Möglichkeiten und Ansätze zur Bürokratieentlastung zugeordnet.

Das AWV-Impulspapier kann kostenfrei über die Internetseite der AWV [4] heruntergeladen werden.

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