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WABI – SABI

Ich heiße Sophie und ich bin Denkerin.
Ich habe einen kulturellen Leckerbissen zu bieten, der euch hoffentlich genauso begeistern wird wie mich. Eine Spezialität: Wabi-Sabi. Kennt Ihr nicht? Habe ich mir schon gedacht. Woher auch? Das ist nämlich weit hergeholt, nämlich aus Japan. Wabi-sabi beschreibt eine Komponente der (japanischen) Ästhetik, die gewissermaßen das Pondon (Gegenstück) zu unserem westlichen Schönheitsideal von Hochglanz-Optik und Makellosigkeit bildet.

Ich zitiere Wikipedia.
Bedeutung
Ursprünglich bedeutet Wabi sich elend, einsam und verloren fühlen. Dies wandelte sich zur Freude an der Herbheit des Einsam-Stillen. Aber erst in der Verbindung mit Sabi, alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen, entstand die eigentlich nicht übersetzbare Begriffseinheit, die den Maßstab der japanischen Kunstbewertung bildet. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes. Der bemooste Fels, das grasbewachsene Strohdach, die knorrige Kiefer, der leicht berostete Teekessel, das und Ähnliches sind die Symbole dieses Schönheitsideals. Es geht um die Hoheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt, die herbe Schlichtheit, die dem Verstehenden doch alle Reize des Schönen offenbaren. (Wilhelm Gundert)
Zitate
Nach Leonard Koren ist Wabi-Sabi das auffälligste und charakteristischste Merkmal der traditionellen japanischen Schönheit. Es „nimmt etwa die gleiche Position im Pantheon der japanischen ästhetischen Werte ein, wie die Ideale des antiken Griechenlands von Schönheit und Perfektion dies im Westen tun.“

Richard R. Powell fasst Wabi-Sabi so zusammen: „Es nährt alles, was authentisch
ist, da es drei einfache Wahrheiten anerkennt: nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen
und nichts ist perfekt.“
„Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie. Halte die
Dinge sauber und unbelastet, aber lasse sie nicht steril werden.“ Soweit Wikipedia.
Wabi-sabi ist also auch eine bestimmte Geisteshaltung, nämlich das Akzeptieren des
Unvermeidlichen. Nochmal die drei elementaren Wahrheiten, die dieser inneren
zugrunde liegen:
Alle Dinge sind vergänglich – alles endet im Nichts.
Alle Dinge sind unvollkommen – nichts, was existiert, ist ohne Makel..
Alle Dinge sind unvollständig – alles befindet sich in einem ununterbrochenen,
niemals endenden Zustand des Werdens und Vergehens.
Je älter und ramponierter etwas ist, desto mehr steigt der Wert bei wabi-sabi.
Außerdem findet es sich in unscheinbaren, leicht zu übersehenden Details, es hat mit
dem Nebensächlichen und Verborgenen zu tun, mit dem Vorläufigen und Flüchtigen.
Nun sind wir allerdings keine Japaner und wahrscheinlich fühlen sich selbst die
mehrheitlich nicht mehr dieser alten Tradition verhaftet. Aber ich kann und will mich
damit identifizieren, denn ich finde darin Trost und einen wunderbaren Ausgleich zu
meinem Perfektionismus.
Wenn ich hier und da einen unschönen Kratzer im Lack entdecke, ich mir eines
Makels bewusst werde oder so langsam vor mich hin roste, denke ich glücklich:
wabi-sabi.

(18. Feb. 2017; SZ)

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