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Steuerfreie Umsätze ohne Gemeinnützigkeit

Ein Verein, der nicht gemeinnützig ist und doch umsatzsteuerfrei agiert? Geht? Geht doch.

Der Informations- und Aktionsbrief „umsatzsteuer intern“ des Mittelstandsverlages ´markt intern` verweist in seiner Ausgabe 16/18 auf ein interessantes juristisches Dilemma, in dem ein Golfverein steckt und vor Gericht zog. Die Frage ist, ob ein Verein, der zwar nicht als gemeinnützig anerkannt ist, aber auch keine Gewinnabsicht verfolgt, seine Umsätze steuerfrei vereinnahmen darf. Die EU sagt: ja.

„Das deutsche Umsatzsteuergesetz befreit Umsätze aus sportlichen Veranstaltungen von der Umsatzsteuer, sofern sie von Einrichtungen durchgeführt werden, die gemeinnützigen Zwecken dienen (§ 4 Nr. 22b). Das EU-Recht ist deutlich großzügiger (Artikel 132 Abs. 1m MwStSystRL). Danach sind nicht nur sportliche Veranstaltungen begünstigt, sondern alle in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen. Zudem verlangt das EU-­Recht keine Gemeinnützigkeit, sondern nur eine Einrichtung ohne Gewinnstreben. Sind die deutschen Anforderungen somit überhaupt EU­ konform? Nein, ist das Finanzgericht Münster überzeugt (vgl.  ‚usti‘ 15/17). Vor allem dürfe Deutschland die Steuerbefreiung sportlicher Veranstaltungen nicht von der Gemeinnützigkeit der Einrichtung abhängig machen. Ob das Urteil Bestand hat, wird sich  jedoch noch zeigen müssen. Der Fall: Der Golfverein Wolkinghege e.V. widmet sich der Pflege und Förderung des Golfsports durch den Betrieb eines Golfplatzes. Er ist nicht als gemeinnützig anerkannt. Laut Satzung dürfen die Mitglieder keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten. Aus der Gewinnermittlung für 2016 ergibt sich ein Gewinn von rund 35.000 €,  der nicht ausgeschüttet wird. Die Einnahmen resultieren in erster Linie aus Mitgliedsbeiträgen, Greenfee (Platz­gebühr), dem Ballautomaten, Turnieren, Leihgebühren für die Überlassung von Caddies und dem Verkauf eines Golf schlägers. Der Verein meint, sämtliche Einnahmen seien umsatzsteuerfrei. Dem widerspricht das Finanzamt. Die Leistungen des Vereins könnten allein schon wegen der fehlenden Gemeinnützigkeit nicht umsatzsteuerfrei sein. Für die Münsteraner Finanzrichter darf sich der Golfverein direkt auf das EU-­Recht berufen. Darüber hinaus reicht dem Gericht, dass der Verein einen Gewinn nicht an die Mitglieder ausschüttet, um als Einrichtung ohne Gewinnstreben zu gelten. Bis auf den Verkauf des Golfschlägers konnte der Verein damit alle Umsätze als umsatzsteuerfrei behandeln. Das Verfahren war mit diesem Urteil allerdings noch nicht beendet. Die Sache ging zum BFH, der in seinem aktuellen Beschluss (V R 20/17) nicht ganz sicher ist. So sei „zweifelhaft geworden“, ob sich der Verein unmittelbar auf EU- Recht berufen könne. Die Richter beziehen sich auf den EuGH, demzufolge sich der Steuerpflichtige seit Neuestem nur bei einer eindeutigen Richtlinienbestimmung unmittelbar auf das EU-­Recht beziehen dürfe . Ist das Kriterium ‚Sport und Körperertüchtigung‘ eindeutig genug?

Und was die ‚Einrichtung ohne Gewinnstreben‘ betrifft, fragen sich die BFH-­Richter, ob laut Satzung zumindest die Vermögensverwendung zugunsten eines Vereinsmitglieds ausgeschlossen sein muss? Auf jeden Fall aber ist der BFH überzeugt, dass ein „tatsächlich angefallener Gewinn nicht gegen das Vorliegen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben spricht“. Alles in allem wendet sich der BFH mit seinen Zweifeln nun an den EuGH, der abschließend entscheiden muss. Wir gehen davon aus, für den klagenden Golfverein sind die Umsätze nach EU-­Recht prinzipiell steuerfrei. Ein harter Schlag wäre es allerdings, falls er sich nicht mehr direkt auf das EU­Recht beziehen könnte.“

Quelle: www.markt-intern.de [1]

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