Suchergebnisse für „stadthaus“ – Tiefgang https://www.tiefgang.net Kultur, Politik, Kulturpolitik und mehr Sat, 03 Dec 2022 15:01:42 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.22 #seeforfree am Tag der Reformation https://www.tiefgang.net/seeforfree-am-tag-der-reformation-2/ Fri, 21 Oct 2022 22:38:49 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=9407 [...]]]> Am Tag der Reformation heißt es in diesem Jahr wieder #seeforfree in über 30 Hamburger Museen. Neben den staatlichen Häusern öffnen in diesem Jahr erneut viele private Museen kostenfrei ihre Türen, einige sind zum ersten Mal dabei.

Nachdem der Aktionstag 2021 coronabedingt ohne Begleitprogramm stattfand, erwartet die Hamburgerinnen und Hamburger am 31. Oktober 2022 wieder ein vielfältiges Programm mit Führungen, Lesungen und Mitmachaktionen für jedes Alter und in verschiedenen Sprachen. Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, Stadtgeschichte, Kunst und Kultur in den Museen, Ausstellungshäusern und Gedenkstätten der Stadt bei freiem Eintritt zu entdecken und darüber miteinander ins Gespräch zu kommen. Detaillierte Informationen zu allen beteiligten Museen und den Programmen der Häuser gibt es unter www.seeforfree.de.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „In Anbetracht der aktuellen Lage ist es umso wichtiger, dass wir uns mit Kunst und Kultur auseinandersetzen, uns persönlich begegnen und in den Austausch treten. Unsere Museen und Ausstellungshäuser machen genau dies möglich, indem sie ihre Türen weit öffnen und Räume für vielfältige Information und Diskussion, aber auch für Unterhaltung bieten. Der Tag der Reformation ist eine gute Gelegenheit, die Museen und Ausstellungshäuser zu erkunden. Dieses Jahr haben sich besonders viele private Häuser angeschlossen, die es zu entdecken gilt.“

Zum ersten Mal dabei

Einige Museen und Ausstellungshäuser sind dieses Jahr zum ersten Mal dabei: das Bargheer Museum, das dem Leben und Werk des Hamburger Künstlers Eduard Bargheer gewidmet ist, der Geschichtsort Stadthaus, der seit 2020 über die Geschichte des Gebäudes im Nationalsozialismus informiert und sich nun in neuer Trägerschaft der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte präsentiert, das KomponistenQuartier Hamburg, das Einblicke in das Leben und Werk von sieben eng mit Hamburg verbundenen Komponisten und Komponistinnen gibt, das Museum Mahnmal St. Nikolai, das ein Erinnerungsort für die Zeit der Bombardierungen Hamburgs im Juli und August 1943 bietet, das Universitätsmuseum, das die bewegte Vergangenheit der Hamburger Universität erzählt, darunter die berühmte Aktion der Hamburger Studierendenbewegung „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ sowie das vor—gänge. museum für alternative stadt, das eine Ausstellung zur historischen Hamburger Innenstadt und zum aktuellen sozio-kulturellen Projekt Gängeviertel zeigt. 

Das Begleitprogramm

Viele der beteiligten Museen widmen sich mit ihrem Rahmenprogramm aktuellen Themen. So wirft das Altonaer Museum in einer Führung durch die Ausstellung „Von hier nach dort“ einen postkolonialen Blick auf Kartografie. Das Universitätsmuseum beleuchtet in mehreren Führungen die Geschichte eines kolonialen Denkmals und im MARKK können die Besucherinnen und Besucher in einer Führung tiefer in die Ausstellung „Benin. Geraubte Geschichte“ eintauchen. Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg thematisiert einerseits die Welt zu Luthers Zeiten, beschäftigt sich aber auch in einer Führung durch die Ausstellung „Mining Photography“ mit dem ökologischen Fußabdruck der Bildproduktion. Auf einer Fahrradtour stellt das Deutsche Hafenmuseum (im Aufbau) – Standort Schuppen 50A verschiedene Hafenorte kritisch vor: Es geht von der Viermastbark PEKING zum Chilehaus (Anmeldung siehe www.seeforfree.de).

Seit dem Bürgerschaftsbeschluss aus dem Jahre 2018 bieten die staatlichen Museen in Hamburg am Tag der Reformation grundsätzlich kostenfreien Eintritt an. Damit soll der Feiertag auch dafür genutzt werden, gesellschaftsrelevante Themen zu behandeln und eine Brücke zwischen unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen zu schlagen.

Der Museumsdienst Hamburg koordiniert im Auftrag der Behörde für Kultur und Medien diesen Aktionstag.

Folgende Museen bieten am Tag der Reformation freien Eintritt:

(Liste wird unter www.seeforfree.de laufend aktualisiert)

Altonaer Museum

Archäologisches Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg

Bargheer Museum

Bucerius Kunst Forum

Computer-Museum der Universität Hamburg

Deichtorhallen Hamburg

Deutsches Hafenmuseum (im Aufbau) – Standort Schuppen 50A

Deutsches Zusatzstoffmuseum

Freilichtmuseum Rieck Haus

Gedänkstätte Bullenhuser Damm

Gefängnismuseum Hamburg

Geschichtsort Stadthaus

Gipsabgusssammlung der Universität Hamburg

Hamburger Genossenschafts-Museum

Hamburger Kunsthalle

Hamburger Schulmuseum

HSV-Museum

Info-Pavillon denk.mal Hannoverscher Bahnhof

Jenisch Haus

KomponistenQuartier Hamburg

Kunsthaus Hamburg

KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Medizinhistorisches Museum Hamburg

Museum am Rothenbaum – MARKK

Museum der Arbeit

Museum für Bergedorf und die Vierlande

Museum für Hamburgische Geschichte

Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Museum Mahnmal St. Nikolai

Sammlung Falckenberg / Phoenix Fabrikhallen

Stiftung Hamburg Maritim: Museumsschiffe „Schaarhörn“, „Bleichen“, „Fairplay VIII“ und “Johanna“

Universitätsmuseum

vor—gänge. museum für alternative stadt

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Hamburgs großer Stolperstein https://www.tiefgang.net/hamburgs-grosser-stolperstein/ Fri, 04 Feb 2022 23:50:12 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=8749 [...]]]> Der Umgang mit Geschichte ist nicht immer einfach. Der Gedenkort des Hamburger Stadthauses zeigt dies. Und es scheint, man lernt.

Als vor einigen Jahren klar war, dass ein Investor aus dem Hamburger Stadthaus, im Nationalsozialismus berüchtigte Zentrale der Gestapo, ein Shopping-Center machen will, warne die Proteste groß. Als (kostengünstige) Lösung wurde letztlich ein Gedenk- und Lernort installiert, der durch eine private Buchhandlung „Lesesaal“ getragen werden sollte. Da dies alleine die Gemüter nicht besänftigte, wurde zudem auf dem Gehweg vor dem Gebäude eine Kunstinstallation ermöglicht, die symbolisch die historischen Brüche darstellen soll.

Nun meldete die Buchhandlung im Rahmen der Pandemie Insolvenz an und das Thema kam unwillkürlich erneut auf den Tisch der Politik. (siehe Tiefgang „Ende des Dreiklangs“ vom 29. Jan. 2022)

Nun hat die Hamburger Bürgerschaft schnell gelernt: der dortige Gedenkort zur Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus wird erhalten bleiben – und sogar ausgeweitet. Dafür hat sich die Bürgerschaft am 2. Feb. 2022 ausgesprochen. Wie der NDR berichtete, kündigte Kultursenator Brosda an, der Gedenkort Stadthaus solle nun ein „großer Stolperstein“ in Hamburgs Zentrum werden. Der NDR ergänzte: „Die Linksfraktion hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, nachdem die Betreiberin des Cafés mit Lesesaal schließen musste. Das Konzept dieses Gedenkformats sei damit endgültig gescheitert, sagte der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch. Er forderte die Einrichtung eines zentralen Lern- und Gedenkorts für die Opfer des Nationalsozialismus, „aber auch für die Mitglieder des Widerstands“ an selber Stelle.“ (NDR vom 3.2.: „Hamburger Stadthaus soll zum „zentralen Stolperstein“ werden“)

Hierauf reagierten mittlerweile die Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist:innen positiv und teilen mit: „Wir freuen uns über den breit getragenen Beschluss der Hamburger Bürgerschaft, die Verantwortung für den Gedenkort Stadthaus zu übernehmen. Wir begrüßen, dass der Kultursenator sich für die Übergabe der gesamten Fläche an die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte einsetzt. Damit wird aus dem Scheitern des Konzepts, Erinnern und Gedenken zu privatisieren die richtige Konsequenz gezogen: Erinnern und Gedenken müssen öffentliche Aufgaben bleiben!

Damit gibt es endlich eine Chance, zu einem tatsächlichen Gedenk- und Lernort im Stadthaus zu kommen. Der Kultursenator hat öffentlich angekündigt, die Kulturbehörde wolle den Gedenkort nun zusammen mit den Verfolgtenverbänden weiterentwickeln. Daran beteiligen wir uns gern.

Nun hat der Senator in der Bürgerschaft schon verkündet, im Fokus des Gedenkorts müssten die Täter:innen stehen. Auch aus unserer Sicht ist es wichtig, in der ehemaligen Zentrale des Nazi-Terrors in Hamburg zu fragen, wie es möglich war, dass innerhalb weniger Monate aus der Polizei der Weimarer Republik das Werkzeug dieses Terrors werden konnte. Allerdings: wir halten daran fest, dass auch der Widerstand gegen diesen Terror in die Mitte der Stadt zum Stadthaus gehört. Die Beschränkung auf die Täter an diesem Ort ist eine nicht nachvollziehbare und eindimensionale Sicht der Geschichte, die wir als Opferverbände so nicht hinnehmen können und werden. Den zahllosen dort Verhafteten, Verhörten, Gefolterten und Gequälten und den Ermordeten von 1933 bis mindestens 1943 muss würdig und angemessen vor Ort gedacht werden!

Wir wünschen uns, dass über diese Fragen mit uns gesprochen wird, bevor neue Festlegungen über Fokus und Gestaltung der „gesamten Fläche“ getroffen werden.“

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„Ende des „Dreiklangs“!“ https://www.tiefgang.net/ende-des-dreiklangs/ Fri, 28 Jan 2022 23:25:01 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=8732 [...]]]> Die Buchhandlung »Lesesaal« an der Stadthausbrückesteht vor der Insolvenz und wirft zugleich die Frage nach der Ernsthaftigkeit von Gedenkarbeit auf.

Es war von Beginn an umstritten, ob der Gedenkort zur früheren Gestapo-Hauptwache Hamburgs am neuen Flanierort Stadthausbrücke funktionieren kann und vieles musste nachgebessert und erstritten werden. Nun wirft die Insolvenz der Buchhandlung, die maßgeblich ein sicheres und zugleich wirtschaftlich günstiges Fundament der Gedenkarbeit darstellen sollte, neuerlich die Frage auf, ob nicht doch neu gedacht werden muss.

Die Initiative Stadthaus jedenfalls äußerte sich umgehend in einem offenen Brief:

„Die Buchhandlung »Lesesaal« an der Stadthausbrücke wird heute aller Voraussicht nach Insolvenz anmelden.“ So entnehmen wir es der Presse.

Damit ist ein Konzept gescheitert, mit dem sich der Investor der „Stadthöfe“ seiner im Kaufvertrag festgelegten Verpflichtung, im neuen Konsumtempel in der ehemaligen Zentrale des Nazi-Terrors im Norden auf wenigstens 750 qm einen Gedenk- und Lernort „auf seine Kosten zu realisieren sowie dauerhaft den Betrieb und die öffentliche Zugänglichkeit sicherzustellen“, billig entledigen wollte. Dieses Konzept – Gedenkort als „Dreiklang aus Buchhandlung, Café und Ausstellung“ – wurde bei Bekanntwerden 2018 auch von der Kulturbehörde als „innovativ“ verkauft.

Ob die Kulturbehörde über die aktuelle Entwicklung informiert war, ob es von Seiten der Investoren ein neues Konzept gibt, wissen wir nicht.

Wir meinen, das Ende des „Dreiklangs“ muss der Anfang für die Umsetzung der vertraglichen Verpflichtung sein!

Angehörige von Menschen, die zwischen 1933 und 1945 im Stadthaus schwer gefoltert oder gar ermordet worden waren, und Verfolgtenorganisationen haben von Anfang an gegen diese zynische Kombination von Erinnerung „light“, Kommerz und Plausch protestiert. Bis heute fordert die Initiative Stadthaus die Erfüllung des Vertrags mit wöchentlichen Mahnwachen am Ort sämtlicher Nazi-Verbrechen: Terror, Deportation, Vernichtungskrieg, Zwangsarbeit.

Kontakt: Cornelia Kerth, Tel.: 2004296″

 

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„Gedenken am Stadthaus wird sichtbarer“ https://www.tiefgang.net/gedenken-am-stadthaus-wird-sichtbarer/ Fri, 26 Nov 2021 23:10:47 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=8592 [...]]]> Es gab viel Kritik am Konzept zum Gedenkort „Stadthaus“ und dann einen Beirat. Dieser legte nun seinen Abschlussbericht vor.   

Das in der Hamburger Innenstadt gelegene Stadthaus war bis zu den Luftangriffen Ende Juli 1943 Sitz des Polizeipräsidiums und zentrale Befehlsstelle der Schutzpolizei, der Kriminalpolizei und der Gestapo. Von hier aus wurden die Verfolgungsmaßnahmen in Hamburg und größeren Teilen Nordwestdeutschlands organisiert. Lange blieb eine öffentliche Diskussion über den Umgang mit diesem einstigen Hauptort national-sozialistischer Verfolgung aus. 2009 erfolgte der Verkauf an einen privaten Investor. Dieser verpflichtete sich seinerzeit gegenüber der Stadt in dem Quartier auch eine Gedenk- und Informationsstätte zu errichten. 2017 gründete sich die „Initiative Gedenkort Stadthaus“ die das Konzept des Investors kritisierte, das eine Ausstellung als Teil einer Buchhandlung mit Café vorsah. Anfang 2018 lud die Behörde für Kultur und Medien daraufhin zu einem „Runden Tisch“. Im Rahmen der Beratungen wurde die Einrichtung eines Beirats verabredet, der jetzt seinen Abschlussbericht vorlegte. Dieser wurde gemeinsam abgefasst und wird von allen Mitgliedern des Beirats getragen.

Der Beirat bestand aus zehn Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Verbänden und Initiativen und kam in den dreieinhalb Jahren zu 21 Sitzungen zusammen und hat die Entwicklung des Gedenkortes konstruktiv kritisch begleitet. 2020 wurde unter dem Titel „Zentrale des Terrors“ eine Ausstellung in den Stadthöfen eröffnet, die ergänzt wird durch Schautafeln im Arkadengang über den Bleichenfleet und einer Installation im weitgehend im Originalzustand erhaltenen sogenannten Seufzergang. Derzeit wird zudem als künstlerische Intervention im Stadtraum das Kunstwerk Stigma umgesetzt, mit dem auf rund 200 Quadratmetern an der Ecke Stadthausbrücke / Neuer Wall an die Geschichte dieses Ortes erinnert wird. Auch die Idee zur Realisierung eines solchen Kunstwerks, für das die Hamburgische Bürgerschaft die Mittel bereitstellte, ist im Rahmen des Beirats entstanden.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Viel zu lange hat die Stadt die Augen davor verschlossen, welche Rolle das Stadthaus im Nationalsozialismus gespielt hat. Auch die Stadt selbst hat in all den Jahren, in denen das Gebäude im städtischen Besitz war, zu wenig für das Erinnern getan und dem Thema auch beim Verkauf des Gebäudekomplexes zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Insofern danke ich den Mitgliedern des Beirates sehr für die konstruktiv kritische Diskussion, die das öffentliche Bewusstsein geschärft hat und die wertvolle Impulse dafür gegeben hat, die Verbrechen, die vom Stadthaus ausgingen, sichtbarer zu machen. Zu diesem Ergebnis hat auch die von allen Seiten respektierte Moderation durch den ehemaligen Staatsrat Hans-Peter Strenge beigetragen. Ich danke auch dem Eigentümer und allen weiteren Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass wir zusätzliche Formate des Gedenkens, wie das Kunstwerk Stigma umsetzen können. Wir konnten nicht alle Ideen verwirklichen, aber viele Impulse werden künftig in die bereits vereinbarte Entwicklung eines gesamtstädtischen Erinnerungskonzeptes einfließen. Aus dem Prozess rund um das Stadthaus können und müssen wir auch für die Zukunft lernen, wie wir künftig gemeinsam angemessenes Gedenken organisieren.“ 

Hans-Peter Strenge, Staatsrat a.D. und Moderator des Beirates und Hamburger Sprecher des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie: „Nicht alle Ideen des Beirats ließen sich angesichts der seit 2009 festgelegten Rahmenbedingungen im Stadthaus umsetzen. Die Ausstellungsfläche ist für einen Lernort zur Geschichte weiterhin zu klein, ihre inhaltliche Präsentation aber gut gelungen. Ich freue mich, dass die Anregungen des Beirats zur Gestaltung der beleuchteten Brückenarkade und zum Kunstwerk Stigma umgesetzt worden sind. Auch regelmäßige Führungen und Veranstaltungen mit personeller Verstärkung gehören zum erfolgreichen Einsatz des Beirats.“

Den Abschlussbericht zum Download: Abschlussbericht

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200 Quadratmeter Nachdenken https://www.tiefgang.net/200-quadratmeter-nachdenken/ Fri, 08 Oct 2021 22:55:46 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=8478 [...]]]> 200 hellrote Quadratmeter im Gehweg vor den heutigen Stadthöfen, dem früheren Hamburger Stadthaus: Das wird das Kunstwerk Stigma am Neuen Wall/Stadthausbrücke.

Das Künstlerinnenduo missing icons, Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper, hat heute vor Ort mit den ersten vorbereitenden Arbeiten für die großflächige Bodenskulptur begonnen, die in den kommenden Wochen realisiert werden soll. Das Mahnmal wird künftig die Vergangenheit des Ortes beim alltäglichen Überqueren des Gehwegs unvermittelt wachrufen. Als Sitz der Polizei und Gestapo wurde das Stadthaus während der NS-Zeit zum Schreckensort, an den seit 2020 ein Gedenkort mit historischer Ausstellung erinnert.

 Was konkret passiert

Während der rund zweimonatigen Bauzeit zerschlagen die Künstlerinnen zunächst einen Teil der hellen Gehwegplatten aus Granit mit schwerem Gerät und entnehmen Platten entlang der Bruchkanten. Die großflächige Vertiefung füllen sie mit weichem Gummigranulat und einer hellroten Schicht aus Granulat und Splitt auf. So entsteht erneut eine ebene, nun markant federnde und farbige Oberfläche als Spur im Bürgersteig.

Wie es zu Stigma kam

Auf Vorschlag des Beirats zur Begleitung der Entwicklung des Geschichtsortes Stadthaus hatte die Bürgerschaft 250.000 Euro bewilligt, um vor dem ehemaligen Stadthaus ein deutliches Denkzeichen zu setzen. Aus dem Haushalt der Behörde für Kultur und Medien kommen weitere 30.000 Euro für die Umsetzung hinzu. Mit dem Entwurf für Stigma gewannen missing icons 2019 den ersten Preis eines künstlerischen Wettbewerbs, den die Behörde für Kultur und Medien ausgeschrieben hatte. In Absprache mit den beteiligten Ämtern, dem Beirat Stadthöfe und Interessenvertretungen beginnt jetzt die Realisierung. Das Kunstwerk erstreckt sich von der Ecke Stadthausbrücke/Neuer Wall entlang des ehemaligen Hauptsitzes der Gestapo bis zur Brücke über den Bleichenfleet. Direkt auf der Brücke lässt es sich technisch nicht umsetzen. Die Entstehung des Kunstwerkes im öffentlichen Raum wird filmisch dokumentiert und ab November 2021 in der Ausstellung im Gedenkort Stadthaus gezeigt.

Stigma ist ein Einschnitt im fertig restaurierten Stadtraum, ein Zeichen, das nicht mehr verschwindet. Wie eine vernarbte Wunde hält das Relief die Erinnerung an Gewalt und Zerstörung der NS-Zeit offen. Zugleich aber ist das fertige Bodenrelief ein ganz alltäglicher Bestandteil des Stadtraums. Man kann sich ihm nicht entziehen und spürt mit jedem Schritt, dass hier etwas nicht stimmt.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Mit Stigma setzen wir ein starkes Denkzeichen im öffentlichen Raum um, das uns unmittelbar dazu veranlasst, über die Geschichte dieses Ortes nachzudenken. Das Grauen, das von diesem Ort ausging, hat tiefe Narben hinterlassen. Dies zeigt Stigma auf eindrückliche Weise und leistet so einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen. Gedenkort und Denkzeichen ergänzen sich, um die Erinnerung an die Geschichte der Stadthöfe wach zu halten.“

Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper: „Stigma ist und bleibt verstörend. Im Kunstwerk verschmelzen brutale Gewalt und sorgfältige Reparatur, Unrecht und Wiedergutmachung, Verdrängung und Reflexion. Die Narbe im gerade fertig restaurierten Hamburger Stadtraum ruft en passant die heikle Geschichte des Umgangs mit der NS-Vergangenheit des Stadthauses und das Leid der Menschen in Erinnerung, denen an diesem Ort Unrecht und Gewalt angetan wurde.“

Ästhetische Erfahrung als Denkanstoß

Im Unterschied zur Ausstellung in den Stadthöfen ist das Kunstwerk Stigma kein didaktisch vermittelnder Ort des Gedenkens. Ohne zu erklären, gibt es den Passantinnen und Passanten über seine eigenartige Form und weiche Beschaffenheit zu denken. Mitten in Hamburgs Innenstadt vor dem markantesten Gebäudeteil der Stadthöfe betritt man unversehens diesen visuell-haptischen Marker: Der Bruch zwischen Vergessen, Erinnerung oder auch Nicht-Wissen wird für alle körperlich erfahrbar.

Die sichtbaren Wunden, die der Nationalsozialismus geschlagen hat, sind vielerorts verschwunden, aber ihre Narben zeichnen noch heute weltweit Millionen Familiengeschichten. In Deutschland wirken die Fragen nach Verstrickung, Schuld und Verantwortung bis in die Gegenwart hinein. Passantinnen und Passanten, die das Bodenrelief Stigma betreten, geraten unweigerlich ins Nachdenken über Sinn oder Unsinn der Bruchspur vor den Stadthöfen: Warum fand genau hier eine offensichtlich mutwillige Zerstörung statt, die als Narbe sichtbar bleibt? Dies regt zur weiteren Erforschung der Hintergründe an. Mahnmal und vermittelnde Ausstellung treten so in einen komplexen Dialog.

Die Künstlerinnen

Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper arbeiten seit 2013 zusammen an bildnerisch-bildhauerischen Projekten für Kunst-am-Bau-Wettbewerbe und Ausstellungen und gründeten 2017 das Label missing icons. Sie materialisieren Verdrängtes, Verschwundenes, Unbestimmtes und Unvorstellbares im öffentlichen Raum. Am 7. Oktober 2021 wird ihr „Rolihlahla – Troublemaker – Unruhestifter“, ein Rohdiamant in einer Acrylglasstele, auf dem Nelson-Mandela-Platz in Nürnberg eingeweiht. Im Frühjahr 2022 beginnen sie mit der Realisierung des Bohrlochreliefs „Untiefen“ im zukünftigen Sitz der Bundesministerien für Gesundheit und Familie in Berlin.

Weiterführende Informationen: missingicons.de; gedenkstaetten-in-hamburg.de

 

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„Eine große Chance vertan!“ https://www.tiefgang.net/eine-grosse-chance-vertan/ Fri, 06 Nov 2020 23:42:36 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=7359 [...]]]> „Hamburg will keine Erinnerung an Verfolgung und Widerstand im Zentrum der Stadt“, so resümiert die Initiative Gedenkort Stadthaus. Und das aus gutem Grund …

In der Mitteilung der Initiative heißt es:

„Die ehemalige Meldehalle/Wagenhalle in den Stadthöfen ist vermietet, wie Quantum Immobilien via Hamburger Abendblatt meldet. Dieses ist nicht die erste Meldung dieser Art. Mal war es ein Schweizer Bio-Wein-Händler oder ein Hamburger Autohaus, nun also ein Möbelhaus. Sollte diesmal wirklich stimmen, was Quantum vermeldet, wäre eine große Chance vertan, in Hamburg doch noch einen zentral gelegenen Gedenk-, Dokumentations- und Lernort zu den NS-Verbrechen und zum Widerstand dagegen im Stadthaus zu errichten, wie es ihn in vielen anderen deutschen Großstädten gibt. Hier, in der ehemaligen Zentrale von Polizei und Gestapo, von der aus Verfolgung und Terror für ganz Norddeutschland geplant und organisiert wurden, wäre der richtige Ort dafür gewesen. Doch Senat und Bürgerschaftsmehrheit haben sich mit der von Quantum organisierten Gedenkecke neben Buchhandlung und Café zufrieden gegeben. Dass der Immobilieninvestor damit seine Kaufvertragspflichten nicht erfüllt, war eigentlich für jeden offensichtlich – nicht aber für die politisch Verantwortlichen dieser Stadt. Dieser Umgang mit dem dunkelsten Kapitel der Hamburger Stadtgeschichte zeugt von einer unerträglichen Geschichtsverdrängung und ist ein Schlag ins Gesicht aller, die unter Verfolgung und Terror gelitten haben. Nach den Plänen des Senats soll das Erinnern an den Widerstand nun in ein leer stehendes Gebäude der JVA Fuhlsbüttel ausgelagert werden, eingerahmt von vierstöckigen Neubauten des „Quartier Santa Fu“, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur umständlich erreichbar. Das Gedenken an die Verbrechen des Faschismus in Hamburg bleibt also zersplittert, und an den Rand gedrängt.

Ganz anders sieht es aus, wenn es um die maritime Geschichte unserer Stadt geht. Dann ist eine große Bereitschaft vorhanden, „Leuchtturmprojekte“ wie Hafenmuseum und Peking zu realisieren oder das Bismarck-Denkmal mit großem Aufwand zu restaurieren – rechtzeitig zum 150. Jubiläum der Reichsgründung.

Die Initiative Gedenkort Stadthaus, ein Bündnis aus Opferverbänden und vielen erinnerungspolitisch aktiven Gruppen, hat immer wieder von den politisch Verantwortlichen, hier vor allem vom Kultursenator, gefordert, sich um die Meldehalle/Wagenhalle als angemessenen Ort für das Erinnern, Gedenken und Lernen zu bemühen und entsprechende Forderungen gegenüber Quantum zu vertreten oder selbst die Wagenhalle anzumieten. Diese Chance ist jetzt offensichtlich vertan. Die Initiative setzt sich aber weiterhin für ein angemessenes und würdiges Erinnern an Verfolgung und Widerstand im Zentrum der Stadt Hamburg ein.

Initiative Gedenkort Stadthaus“

 

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Tag des offenen Denkmals 2020 https://www.tiefgang.net/tag-des-offenen-denkmals-2020/ Fri, 04 Sep 2020 22:00:47 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=7202 [...]]]> Vom 11. bis 13. September findet der Tag des offenen Denkmals unter dem Motto „Denkmal als Chance“ in Hamburg statt. Auch in Harburg.

Über hundert Veranstaltungen vom 11. bis 13. September laden ein, die Hamburger Denkmallandschaft zu erkunden. Viele Denkmäler sind sonst nicht öffentlich zugänglich und nur an diesem Wochenende für Interessierte geöffnet. Eine große Anzahl der Denkmäler wurde mit Unterstützung der Stiftung Denkmalpflege Hamburg restauriert oder erhalten. Das Programm unter dem Motto „Denkmal als Chance“, von den Veranstalterinnen und Veranstaltern flexibel an die Gegebenheiten der Corona-Pandemie angepasst, ermöglicht mit vielen Freiluftbesichtigungen und Radtouren, Hamburgs Denkmäler direkt vor Ort zu erleben.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Dem großen Engagement der Veranstalterinnen und Veranstalter und der Eigentümer haben wir es zu verdanken, dass Hamburgs reiche und wertvolle Baukultur, trotz der Corona bedingten Einschränkungen auch in diesem Jahr sichtbar wird. Passend zum diesjährigen Motto ‚Denkmal als Chance‘, zeigt uns die Mischung aus Digital- und Freiluftangeboten auch Möglichkeiten auf, wie vielfältig Hamburgs Denkmallandschaft auch zukünftig präsentiert und für Interessierte zugänglich gemacht werden kann.“

Irina von Jagow, Geschäftsführerin der Stiftung Denkmalpflege Hamburg: „Denkmal als Chance“ kann in der aktuellen Situation nicht nur auf die Bauwerke selbst bezogen werden, sondern auch auf die vielen Akteure rund um die Stiftung Denkmalpflege Hamburg, die das Programm koordiniert. Sie sind es, die es ermöglichen, dass der Denkmaltag in Hamburg die Chance bietet, wieder Kultur vor Ort genießen zu können und Eindrücke direkt am Denkmal zu erfahren.“

In Harburg gibt es folgendes Programm:

  • Barkassen-Shuttle zwischen dem Hamburger Hafen und dem Harburger Binnenhafen

Fahrzeiten am So. mit Informationen zur Route und zu den Denkmälern im Harburger Binnenhafen: ab Ponton Hohe Brücke 2, HafenCity („Mäuseturm“ ggü. Miniaturwunderland)

bis Lotsekai / Kanalplatz, Harburger Binnenhafen: 9.30, 13 und 16.30 h ab Lotsekai / Kanalplatz, Harburger Binnenhafen: 11.15, 14.45 und 18.15 h

Fußweg zum Harburger Binnenhafen vom S-Bahnhof Harburg-Rathaus (15 Min.)

(Ausgang Neue Straße) – Unterführung B73 / Bahn – Binnenhafen

Veranstalter: Museumshafen Harburg e. V

  • Fahrradtour „Denkmale in Harburg: Bekannt unbekannt-umstritten vergessen-verändert“

Mit dem eigenen Fahrrad quer durch Harburg werden offen zugängliche Denkmale im Zentrum, in Wilstorf und in Heimfeld angefahren. Einige sind sehr bekannt und auch umstritten, andere dagegen völlig unbekannt, unbeachtet, wieder andere verlagert und vergessen.

Die Entstehungsgeschichte und der Umgang mit dem jeweiligen Denkmal werden dabei erläutert. Die Rundfahrt durch Harburg dauert 3–4 Stunden (ca. 15 km). Veranstalter: Geschichtswerkstatt Harburg e. V.

  • Liebherr Portalkran

Der Liebherr-Portalkran von 1972 steht für die industriell-gewerbliche Epoche der etwa 1.000-jährigen Geschichte des Harburger Binnenhafens. Er wurde von der Firma Mulch Güterservice bis 2006 für den Umschlag von Schüttgut genutzt.

Nach Verlagerung des Betriebs rettete die KulturWerkstatt Harburg den Kran, der jetzt im Museumshafen Harburg e. V. integriert ist. Denkmalgerecht saniert, ist der betriebsbereite, begehbare „KulturKran“ heute ein Open-Air-Veranstaltungsort. Zwei Eisenbahnwaggons, ein Schiebewandwagen (Hbis 299) und ein Güterwagen (Gbs 213) ergänzen das Industrie-Ensemble. Veranstalter: Museumshafen Harburg e. V.

  • Peiner Werftkran W40

Der blaue Werftkran W40 von Peiner bildet mit dem gelben Liebherr Portalkran (s. XY) ein  Ensemble der industriellen Vergangenheit des Harburger Binnenhafens. 1960 gebaut, mit 6t Nutzlast, wurde er seit 1982 von der Firma Neven & Grube Lotsekai für den Umschlag von Futtermitteln eingesetzt. Die Kulturwerkstatt Harburg hat ihn übernommen und 2016 wegen der Kai- und Oberflächensanierung am Standort demontiert. Fördermittel ermöglichten die Instandsetzung des Krans. Der Museumshafen Harburg e. V. möchte den Kran nach Abschluss aller Arbeiten mit dem Konzept „Betrieb durch Erhalt“ wieder in Betrieb nehmen. Veranstalter: Museumshafen Harburg e. V.

  • Harburger Schloss

Die ersten Festungsbauten auf der Elbinsel wurden im 13. Jh. errichtetet. Im 16. Jh. von Herzog Otto I. zum Renaissanceschloss ausgebaut, war der Bau ab 1644 von einer Zitadelle umgeben. Nach dem Tode des letzten Herzogs hatte er vor allem militärische Bedeutung und

war bis in die 1890er Jahre Sitz des Landratsamtes. Die Insel wurde Sitz der „Harburger Schlosswerft“, das Gebäude wurde als Wohnhaus genutzt. In dessen Keller befindet sich der wohl älteste erhaltene Raum Hbgs. aus der Zeit um 1440. Aktuell wird der historische Gewölbekeller in seinen Ursprung zurückversetzt und restauriert. Veranstalter: Archäologisches Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg

  • Wartesaal Kunstverein Harburger Bahnhof

Der 1897 in Betrieb genommene Personenbahnhof Harburg ist ein im Stil des Historismus errichteter Backsteinbau in romanischen und norddeutsch-gotischen Formen (1896/97, Hubert Stier). Der Neubau war bereits der dritte Bahnhof in Harburg. Im prunkvollen ehem. Wartesaal 1. & 2. Klasse mit Holz-Kassettendecke befindet sich heute ein Kunstverein. Der

Raum ist einer der wenigen erhaltenen Versammlungsräume mit freistehender Deckenkonstruktion und zugleich die letzte historische Bahnhofswartehalle Hamburgs. Veranstalter: Kunstverein Harburger Bahnhof & Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte

  • Harburger Rathaus

Das Harburger Rathaus wurde 1892 nach Entwürfen des Architekten Christoph Hehl im Stil der flämischen Renaissance fertig gestellt. Das Stadthaus von 1830 am Sand war für die Verwaltungsaufgaben Harburgs zu klein geworden. Das Rathaus besitzt eine prachtvolle Fassade, die sich in einen vorspringenden Mitteltrakt und zwei kleinere Seitenrisalite gliedert. Den Großen Sitzungssaal schmücken historische Buntglasfenster, das repräsentative Treppenhaus führt unter das Dach, wo sich seit dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg an Stelle des Wappens das Uhrwerk der Turmuhr befindet. Veranstalter: Bezirksamt Harburg

  • Fahrradtour „Harburger Denkmäler per Rad – Erinnern. Erhalten. Neu denken“

Die Tour mit dem eigenen Fahrrad führt zu den „Hotspots“ der Harburger Denkmallandschaft der letzten 10 Jahre. Angefahren werden u. a. das „Harburger Schloss“, der Harburger Binnenhafen, der Karnapp, die Neue Straße, über den Marktplatz bis zum Bahnhof. Die Führung mit Denkmalpfleger und Architekt Christoph Schwarzkopf erfolgt als Telefonkonferenz. Deshalb ist eine Teilnahme nur mit geeignetem Smartphone mit Kopfhörern sinnvoll. Veranstalter: Verein BauKunstBildung

Auch von zuhause aus hat man die Chance, Denkmäler digital zu erleben. Dafür wurden neue Formate geschaffen, um über die Denkmallandschaft zu informieren. So hat auch in unserer der Vergangenheit zugewandten Welt Corona einen Innovationsschub verursacht. Neben der Dokumentation von Restaurierungen werden Video-Rundgänge, Audio- und virtuelle Führungen und sogar Konzerte als Livestream angeboten.

Das tagesaktuelle Programm sowie die Broschüre als PDF sind ab sofort online unter www.denkmalstiftung.de/denkmaltag verfügbar.

Das digitale Programm wird freigeschaltet am Freitag, den 11. September um 12 Uhr unter www.denkmalstiftung.de/denkmaltag

In Hamburg koordiniert die Stiftung Denkmalpflege Hamburg die Veranstaltung. Bundesweit wird der Denkmaltag von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz organisiert. Er steht als Teil der „European Heritage Days“ unter der Schirmherrschaft des Europarats und findet europaweit im September statt.

 

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Bois du jour https://www.tiefgang.net/bois-du-jour/ Fri, 10 Jan 2020 23:41:00 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=6226 [...]]]> „Auf dem Weg“ heißt die Kunstausstellung der freischaffenden Künstlerin Susanne Weggen, die am heutigen Samstag, 11. Januar, 15 Uhr, im Buxtehuder Marschtorzwinger eröffnet wird.

Buxtehude. Unterwegs, auf zahllosen Wanderungen in Norddeutschland und in Südfrankreich hat die Leiterin der Kunstschule Buxtehude Fundstücke wie Rinden-, Ast- und Wurzelreste, aber auch Blätter, Samen sowie einzelne Steine und Muscheln gesammelt, die sie zu den jetzt präsentierten Naturstudien inspirierten. Den Mittelpunkt der Ausstellung, die bis zum 15. Februar zu sehen ist, bildet das 2013 in Frankreich begonnene Projekt „bois du jour“ (Holz des Tages). Es ist eine Serie von 365 aquarellierten Postkarten, die zusammen mit dazugehörigen linear oder einzelnen Fundstücken, präsentiert wird. Der inhaltliche Schwerpunkt ihrer Papierarbeiten liege „auf der Bewegung – der räumlichen Veränderung ebenso wie der Veränderung des Zustands, der Formen, Strukturen und nicht zuletzt der Farben“, so Susanne Weggen.

Am Samstag, 11. Januar um 15 Uhr wird die Ausstellung durch die stellvertretende Bürgermeisterin Christel Lemm im Marschtorzwinger eröffnet. Susanne Mayerhofer (M.A.) vom Buxtehude·Museum führt in das Werk der Künstlerin ein.

Ausstellungsdaten

Ausstellungseröffnung: 11. Januar, 15 Uhr

Ausstellungsdauer: 12. Januar – 15. Februar 2020

Marschtorzwinger, Liebfrauenkirchhof, Buxtehude

Neue Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 15 – 18 Uhr; Samstag und Sonntag: 11 – 18 Uhr

Vita Susanne Weggen

Geboren 1955 in Hamburg. Nach dem Abitur 1974 Studium der Geologie am Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Hamburg mit Abschluss als Diplom-Geologin 1982.

Von 1979 bis 1985 Arbeit als Zeichnerin (Systemdarstellung, Buchillustration etc.) am Geologischen und Geophysikalischen Institut Hamburg.

Seit 1980 Auseinandersetzung mit Malerei. Experimente mit verschiedenen künstlerischen Techniken und Materialien. Ausgehend vom Aquarell und der Collage folgt ab 1990 die Verwendung von Acrylfarben, sowie die Verarbeitung von ungebundenen Pigmenten zusammen mit Acrylbinder, Kleister, Leim-Öl-Emulsionen auf Karton, Papieren und Leinwand. Materialbilder und Objekte ab 1993. Zeichnung seit 2009.

Freischaffende Künstlerin seit 1999.

Seit 1994 Dozentin, seit September 1998 Leiterin der Kunstschule Buxtehude.

Ausstellungen

1989    in Bergisch Gladbach (Bergischer Löwe“, Stadthaus)

1991    in Buxtehude (Marschtorzwinger)

2003    „It’s mixed“(Gemeinschaftsausstellung der Kunstschuldozenten, Marschtorzwinger)

2008    in Hannover „Stofferzählungen – Erzählstoff“ (Juryauswahl, workshop Hannover)

2010    in Pärnu/Estland („HANSEreiseKOFFER“  (Juryauswahl , Katalog)

2010    in Buxtehude („Kuli-Kunst-Tage oder 13 + 1“, Buxtehude·Museum)

2010    in Freiburg an der Elbe („Kuli-Kunst-Tage 2, Kunstverein Kehdingen)

Einzelausstellungen

1987    in Hamburg (Gastro-noten),

1988    in Brunsbüttel (Kunstverein),

1994    in Buxtehude (Volksbank Buxtehude),

2000    in Buxtehude, „Lineamente“ (Buxtehude·Museum),

2001    in Buxtehude (Galerie Stavenkunst),

2002    in Buxtehude „Spannungsfelder“ (Haspa),

2005    in Buxtehude „Zeiträume“ (Frenzel und Frenzel,),

2007    in Buxtehude „Feldversuch: Bilder über Felder“ (Buxtehude·Museum)

Weitere Informationen:

Kulturteam der Hansestadt Buxtehude, T: 04161 / 501 2345, www.buxtehude.de/kultur

 

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„Spät, aber nicht zu spät“ https://www.tiefgang.net/spaet-aber-nicht-zu-spaet/ Fri, 25 Oct 2019 22:03:50 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=5972 [...]]]> Als SS-Wachmann im KZ Stutthof soll Bruno D. in 5230 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet haben. Nun steht er vor dem Landgericht Hamburg. Das ruft auch die Initiative Gedenkort Stadthaus auf den Plan.

Die Erklärung:

„Hamburg  21.10.2019

Erklärung der Initiative Gedenkort Stadthaus für BeobachterInnen und Medien beim Prozess gegen den KZ-Wachmann Bruno D.

Seit dem 14. Oktober steht Bruno D. für seine Mitwirkung an den Massenmorden im KZ Stutthof vor einem Hamburger Gericht. Der Prozess kommt spät, aber nicht zu spät.

Denn mit dem Prozess gegen Bruno D. wird konkret und exemplarisch noch einmal in Erinnerung gerufen:

* das Leiden der ermordeten Menschen und die leidvolle Erinnerung der Angehörigen,

* das Wissen und die Verantwortung aller Beteiligten,

* die Straflosigkeit von zehntausenden von Mördern und Mordgehilfen und ihre gesellschaftliche Anerkennung bis in die Gegenwart.

Dabei ist nicht mehr entscheidend, ob und wie lange der Angeklagte ins Gefängnis muss. Entscheidend ist, dass er für seine Mitwirkung an den Massenmorden im KZ Stutthoff verurteilt wird. Die Angehörigen der Opfer des KZ Stutthof haben ein Anrecht darauf. In Solidarität mit ihnen fordern wir, dass endlich auch auf juristischer Ebene die Mordaktionen als Verbrechen geahndet werden.

Wir sind empört und beschämt, dass bekannte Nazis in aller Öffentlichkeit vor dem Gericht ihre Unterstützung für den KZ-Wachmann demonstrieren konnten und dieses von Hamburgs Regierung und Polizei toleriert wurde. Diese Toleranz steht im krassen Widerspruch zu allen Bekundungen gegen Antisemitismus und Rassismus nach dem Terrorangriff in Halle und kann von den Nazis nur als Ermutigung verstanden werden.

Schon darum darf mit dem Prozess und dem Urteil kein Schlussstrich gezogen werden. Im Gegenteil: Es wird noch einmal deutlich, wie wichtig Aufklärung und Information über die Verbrechen der NS-Herrschaft ebenso wie über die Leiden der Opfer sind.

Stadthaus als Ort von Aufklärung, Gedenken und Diskussion

In Hamburg gibt es dafür einen Ort: Das Stadthaus war das Zentrum des gesamten polizeilichen Terror- und Unterdrückungsapparates der Nazis für  Hamburg und Norddeutschland. In dem großen Gebäudekomplex mitten in der City hatte nicht nur die GESTAPO ihr Zentrum, sondern auch alle in den Nazi-Staat integrierten Abteilungen der Hamburger Polizei. Im Stadthaus wurden viele Widerstandskämpfer verhört und gefoltert. 

Unsere Initiative setzt sich dafür ein, dass im  Stadthaus ein Ort der Dokumentation, des Lernens und des Gedenkens eingerichtet wird. Kultursenator, Senat und die privaten Investoren versuchen allerdings, sich ihrer Pflicht zu einem angemessenen Gedenkort mit der Einrichtung einer kleinen Gedenkecke von 50 qm in einer privaten Buchhandlung zu entledigen. Mehr Informationen dazu finden Sie in dem beigefügten Faltblatt.

Die Forderungen unsrer Initiative werden von allen Verfolgtenverbänden unserer Stadt, zahlreichen Historikern und Historikerinnen und vielen Initiativen unterstützt, die für Hamburgs Erinnerungskultur prägend sind.

Der Prozess gegen Bruno D. und der Terrorangriff in Halle machen die Blockade-Haltung der Hamburger Kulturpolitik noch fragwürdiger und unsere Forderungen dringlicher.

Für Fragen stehen wir gern zur Verfügung.

Initiative Gedenkort Stadthaus

Ulrich Hentschel, Tel. 040 – 429 183 92

Georg Chodinski, Tel 040 – 50032439

Neu erschienen ist eine  ausführliche Dokumentation der Bedeutung des Stadthauses für die Nazi-Herrschaft. Sie enthält auch zahlreiche Biographien von Widerstandskämpferinnen, die im Stadthaus verhört und gefoltert wurden, ebenso wie eine Darstellung der aktuellen Kontroversen um das Stadthaus.             

Erhältlich bei:  VVN-BdA Hamburg,  Hein-Hoyer-Straße 41,  20359 Hamburg, vvn-bda.hh@t-online.de“

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Die auserwählte Störung https://www.tiefgang.net/die-auserwaehlte-stoerung/ Fri, 21 Jun 2019 22:26:48 +0000 https://www.tiefgang.net/?p=5481 [...]]]> Das Stadthaus: früher Gestapo-Zentrale, heute Luxus-Shoppingmeile. Da fehlt was. Jetzt hat ein Wettbewerb entschieden was.

In der Mitteilung der Behörde für Kultur und Medien heißt es:

„Die Künstlerinnen Ute Vorkoeper und Andrea Knobloch (missing icons) werden mit dem ersten Preis ausgezeichnet

Mit einem deutlichen Denkzeichen im öffentlichen Raum soll künftig unmittelbar vor dem Gedenkort Stadthaus an jene Männer und Frauen erinnert werden, die im Stadthaus zwischen 1933 und 1943 verhört, misshandelt oder ermordet wurden. Das historische Stadthaus war von 1933 bis zu seiner Ausbombung im Sommer 1943 Sitz der Polizeibehörde, des Polizeipräsidiums, der Gestapo sowie der Schutz-, Ordnungs- und Kriminalpolizei. Eine unabhängige Jury hat nun die Hamburger Künstlerinnen Ute Vorkoeper und Andrea Knobloch, die seit 2013 unter dem Namen missing icons gemeinsam arbeiten, mit dem ersten Preis des künstlerischen Wettbewerbs ausgezeichnet. Im nächsten Schritt wird die Realisierung des künstlerischen Entwurfs mit den zuständigen Behörden geprüft.

Der Beirat zur Begleitung der Entwicklung des Geschichtsortes Stadthaus hatte sich dafür ausgesprochen, den Aspekt des Erinnerns und Gedenkens mit einem Denkzeichen in den öffentlichen Raum zu stellen und ihn so 24 Stunden am Tag an sieben Tagen der Woche für alle Hamburgerinnen und Hamburger sowie für Besucherinnen und Besucher unserer Stadt erfahrbar zu machen. Um dieses Denkzeichen zu entwickeln hat die Bürgerschaft 250.000 Euro bewilligt. Die Behörde für Kultur und Medien hat in den letzten Monaten einen künstlerischen Wettbewerb durchgeführt. Von den zwölf eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern hatten elf einen Entwurf eingereicht. Die Entwürfe haben hierzu vielfältige und professionell ausgearbeitete Vorschläge aufgezeigt.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Ich freue mich, dass wir den Vorschlag des Beirates so schnell aufgreifen konnten und künftig mit einer sichtbaren und irritierenden Markierung im Stadtraum unmittelbar vor dem Stadthaus eine Störung schaffen können, die niemand wird übersehen können. Die große Zahl der eingereichten Arbeiten und die vielfältigen ausdrucksstarken Ansätze der Künstlerinnen und Künstler unterstreichen die hohe Relevanz dieses Gedenkortes. Vorkoeper und Knobloch haben einen markanten und provozierenden Ansatz gewählt, der hoffentlich bei vielen Passantinnen und Passanten wichtige und notwendige Fragen aufwerfen wird, auf die sie in den Ausstellungen im Geschichtsort und an den Brückenarkaden Antworten erhalten.“

Prof. Johannes Tuchel, Vorsitzender des Preisgerichts und Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin: „Das Wettbewerbsergebnis ist ausgezeichnet. Es ist ein guter Zwischenschritt auf dem Weg einer noch intensiveren Beschäftigung mit dem Stadthaus und seiner Geschichte“ 

missing icons (Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper): „Die Entscheidung der Jury erfüllt uns mit Freude und zugleich mit großem Respekt vor dem damit gegebenen Auftrag. Denn wir haben einen nachdrücklichen Eingriff in die Stadtwirklichkeit vorgeschlagen.

Der skulptural-plastische Prozess, das heißt die Zerstörung und anschließende Reparatur des Bürgersteigs vor den Stadthöfen, soll direkt unter den Augen der Öffentlichkeit stattfinden. Das ist eine Herausforderung und eine Zumutung – nicht nur für die Stadt, sondern auch für uns als Künstlerinnen, die diesen Prozess realisieren werden.“

Zum Verfahren:

In einem Interessenbekundungsverfahren wurden zunächst 55 Künstlerinnen und Künstler, aus Vorschlägen von einem Kreis aus Historikern und Kunstsachverständigen zur Wettbewerbsteilnahme aufgefordert. zwölf Künstlerinnen und Künstler wurden aus einem internationalen Teilnehmerfeld hervorgehoben, um anschließend ein Konzept zu entwickeln, das geeignet ist, der Opfer nationalsozialistischer Gewalt in angemessener und zeitgemäßer Weise zu gedenken. Elf Entwürfe wurden letztendlich eingereicht.

Mit dem zweiten Preis wurde Ariel Reichmann mit dem Entwurf „I am (not) safe“ ausgezeichnet.

Eine Anerkennung wurde für den Entwurf von Horst Hoheisel und Andreas Knitz „Fähre der Erinnerung“ vergeben.

Die Behörde für Kultur und Medien wird nun mit den Genehmigungsbehörden in die Abstimmung zur Realisierung des Entwurfs von missing icons gehen.

Mehr Infos zu den Künstlerinnen unter: http://missingicons.de

Quelle: www.hamburg.de/bkm

Zu missing icons

2017 gründeten Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper das Label missing icons, das sie seit 2013 durch Beteiligungen an Kunst-am-Bau-Wettbewerben, Ausstellungen und Kunstprojekten im öffentlichen Raum entwickelt haben. 2017 realisierten sie das Wandreliefbild „Anomalia (Black Hole)“ an der Technischen Hochschule in Regensburg. In 2018/19 inszenieren sie mit „Rolihlahla | Troublemaker | Unruhestifter“ einen Rohdiamanten auf dem Nelson-Mandela-Platz in Nürnberg.

Missing icons öffnen das Wirklichkeitsgefüge durch bildlich-politisches Handeln und verbleiben als Reliefs und Schwellen, Zwischendimensionen von Bild, Schrift, Objekt und Raum. In ihnen klappt Wirklichkeit temporär oder – vorzugsweise – dauerhaft auf. Sie wird ein- oder ausgefaltet und zeigt sich unerwartet in ihrer komplexen Dichte und Ambivalenz. Es entstehen poetische Bilddenkräume, die ästhetisch verführen und theoretisch verstören. Oder umgekehrt, je nach Perspektive.

Statement

„Kunstmachen bedeutet für uns die sinnfällige Verknüpfung von ästhetischer Präzision, theoretischer Besinnung und politischer Differenzierung. Die dabei entstehenden Bildformen bezeichnen wir als „missing icons“ = bislang fehlende, verdrängte, verschwundene oder ausstehende Bilder, die wirken und andauern. In ihnen bearbeiten wir latente Motive und Vorstellungen, über die gesellschaftlich bedeutsame Konflikte treffend erfahren werden können. Als raumbezogene Reliefs, Schwellen und Passagen changieren sie zwischen Dimensionen und entfalten schmerzhaft-schöne Wahrnehmungs- und Denkfelder. Sie sind ästhetisch verlockend und theoretisch verwickelt, poetisch deutbar und politisch bewegend.

Ein Entwurf von missing icons für einen Konferenzraum des Bundesinnenministeriums: innere Sicherheit

Obwohl in der globalisierten Welt erkennbar alles mit allem verflochten und wechselbedingt ist, es weder realräumlich noch ideell eindeutige oder richtige Positionen geben kann, beharren die meisten politischen und weltanschaulichen Parteien auf schlichte Opposition, Identität und Ideologie. Der Kampf um die Deutung und Konstruktion der Welt eskaliert und die eigene Weltdeutung wird zunehmend ideologisch totalitär – oder mit brutaler Gewalt durchgesetzt.“

missing icons entziehen sich ideologischer Schließung. Sie verwehren Belehrung. Sie ziehen auf Abwege, nötigen zum Sprung aus der vorgespurten Bahn. Sie öffnen Bild-Zeit-Räume, in denen, wenn sie zünden, die Komplexität und Ambivalenz der Wirklichkeit, die nicht-eigene Meinung, das Fremde, Unerwünschte bis hin zum blind Verhassten, anders ausgehalten, gehört, gesehen und gedacht werden können. Auf eine Zukunft hin.

Weiterführend: missingicons.de

 

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