Erklärung der Initiative Gedenkort Stadthaus zum Prozess Bruno D.

„Spät, aber nicht zu spät“

Ort des Verbrechens: das KZ Stuthof bei Danzig. (Foto: Hans Weingartz)

Als SS-Wachmann im KZ Stutthof soll Bruno D. in 5230 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet haben. Nun steht er vor dem Landgericht Hamburg. Das ruft auch die Initiative Gedenkort Stadthaus auf den Plan.

Die Erklärung:

„Hamburg  21.10.2019

Erklärung der Initiative Gedenkort Stadthaus für BeobachterInnen und Medien beim Prozess gegen den KZ-Wachmann Bruno D.

Seit dem 14. Oktober steht Bruno D. für seine Mitwirkung an den Massenmorden im KZ Stutthof vor einem Hamburger Gericht. Der Prozess kommt spät, aber nicht zu spät.

Denn mit dem Prozess gegen Bruno D. wird konkret und exemplarisch noch einmal in Erinnerung gerufen:

* das Leiden der ermordeten Menschen und die leidvolle Erinnerung der Angehörigen,

* das Wissen und die Verantwortung aller Beteiligten,

* die Straflosigkeit von zehntausenden von Mördern und Mordgehilfen und ihre gesellschaftliche Anerkennung bis in die Gegenwart.

Dabei ist nicht mehr entscheidend, ob und wie lange der Angeklagte ins Gefängnis muss. Entscheidend ist, dass er für seine Mitwirkung an den Massenmorden im KZ Stutthoff verurteilt wird. Die Angehörigen der Opfer des KZ Stutthof haben ein Anrecht darauf. In Solidarität mit ihnen fordern wir, dass endlich auch auf juristischer Ebene die Mordaktionen als Verbrechen geahndet werden.

Wir sind empört und beschämt, dass bekannte Nazis in aller Öffentlichkeit vor dem Gericht ihre Unterstützung für den KZ-Wachmann demonstrieren konnten und dieses von Hamburgs Regierung und Polizei toleriert wurde. Diese Toleranz steht im krassen Widerspruch zu allen Bekundungen gegen Antisemitismus und Rassismus nach dem Terrorangriff in Halle und kann von den Nazis nur als Ermutigung verstanden werden.

Schon darum darf mit dem Prozess und dem Urteil kein Schlussstrich gezogen werden. Im Gegenteil: Es wird noch einmal deutlich, wie wichtig Aufklärung und Information über die Verbrechen der NS-Herrschaft ebenso wie über die Leiden der Opfer sind.

Stadthaus als Ort von Aufklärung, Gedenken und Diskussion

In Hamburg gibt es dafür einen Ort: Das Stadthaus war das Zentrum des gesamten polizeilichen Terror- und Unterdrückungsapparates der Nazis für  Hamburg und Norddeutschland. In dem großen Gebäudekomplex mitten in der City hatte nicht nur die GESTAPO ihr Zentrum, sondern auch alle in den Nazi-Staat integrierten Abteilungen der Hamburger Polizei. Im Stadthaus wurden viele Widerstandskämpfer verhört und gefoltert. 

Unsere Initiative setzt sich dafür ein, dass im  Stadthaus ein Ort der Dokumentation, des Lernens und des Gedenkens eingerichtet wird. Kultursenator, Senat und die privaten Investoren versuchen allerdings, sich ihrer Pflicht zu einem angemessenen Gedenkort mit der Einrichtung einer kleinen Gedenkecke von 50 qm in einer privaten Buchhandlung zu entledigen. Mehr Informationen dazu finden Sie in dem beigefügten Faltblatt.

Die Forderungen unsrer Initiative werden von allen Verfolgtenverbänden unserer Stadt, zahlreichen Historikern und Historikerinnen und vielen Initiativen unterstützt, die für Hamburgs Erinnerungskultur prägend sind.

Der Prozess gegen Bruno D. und der Terrorangriff in Halle machen die Blockade-Haltung der Hamburger Kulturpolitik noch fragwürdiger und unsere Forderungen dringlicher.

Für Fragen stehen wir gern zur Verfügung.

Initiative Gedenkort Stadthaus

Ulrich Hentschel, Tel. 040 – 429 183 92

Georg Chodinski, Tel 040 – 50032439

Neu erschienen ist eine  ausführliche Dokumentation der Bedeutung des Stadthauses für die Nazi-Herrschaft. Sie enthält auch zahlreiche Biographien von Widerstandskämpferinnen, die im Stadthaus verhört und gefoltert wurden, ebenso wie eine Darstellung der aktuellen Kontroversen um das Stadthaus.             

Erhältlich bei:  VVN-BdA Hamburg,  Hein-Hoyer-Straße 41,  20359 Hamburg, vvn-bda.hh@t-online.de“

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