Filmmuseum bietet nicht nur eine eindrucksvolle Retrospektive:

Als die Knef in Bendestorf drehte

Der Kinosaal der Filmstudios Bendestorf ist revitalisiert und bietet mehr als nur museale Impressionen. (Fotos [4]: Filmmusuem Bendestorf)

Bendestorf, etwas südlich von Hamburg, ist ein kleiner, beschaulicher Ort, der ländliche Idylle ausstrahlt. Dabei war er mal ein kleines Hollywood von Deutschland. Ein Filmmuseum lässt dies nun wieder aufleben.

Das Bendestorfer Filmmuseums bildet vor allem das Produzentenkino aus den 1950er-Jahren, das weitgehend im Originalzustand vorhanden ist und in seiner Architektur und Ästhetik die Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit widerspiegelt. Dieses Produzentenkino ist ein Juwel, sicherlich einzigartig in der ganzen Bundesrepublik.

Das Filmmuseum Bendestorf bietet durch themenbezogene Permanent- und Wechselausstellungen nicht nur Einblicke in die damalige technische Ausstattung und die Dramaturgie, durch Original Drehbücher oder Kostümentwürfe. Es wird auch das Ambiente von damals heraufbeschworen, in dem Filmplakate und Szenenbilder präsentiert und darüber hinaus die Filmkopien im hauseigenen Kinosaal vorgeführt werden.

Der Vorsitzende des Vereins Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf e.V. , Walfried Malleskat: „Entstanden ist das Filmmuseum Bendestorf im Jahr 1989 auf Initiative des damaligen Bürgermeisters, und zwar nicht auf dem Filmgelände, sondern in einem Niedersachsen-Bauernhaus im Ort. Träger war die Gemeinde, denn damals gab es noch genügend Gelder für Kulturangebote. Das hat sich leider gewandelt. Um das Studio und das Filmgelände selber war es zwischenzeitlich auch nicht gut bestellt. Im Jahr 2011 stand alles kurz vor dem Abriss, es sollten neue Wohnungen auf dem Gelände entstehen. Noch im gleichen Jahr haben wir den Verein „Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf e.V.“ gegründet und es gab auf Anhieb viele Interessenten und Mitglieder.“

Als das Filmstudio Bendestorf in den 1950er-Jahren Drehort für Kinofilme war, wurde am Ende eines Drehtages das Filmmaterial per Postbus zur Entwicklung nach Göttingen transportiert. Nach der Filmentwicklung wurden die Filmrollen  am darauf folgenden Tag, ebenfalls per Postbus, zurückgebracht. Diese wurden im Produzentenkino begutachtet, und es wurde entschieden, ob eventuell neu gedreht werden musste.

Hier wurden auch zum ersten Mal die fertig abgeschlossenen Filmproduktionen gesichtet. Bei  der Vorführung der als Skandal empfundenen Szene aus dem in Bendestorf gedrehten Films „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef drängelten sich 200 Mitarbeiter im Kinosaal, um zu erleben, wie die junge Film-Diva für zwei Sekunden unbekleidet in ihrer Rolle als Prostituierte, die mit einem Künstler befreundet war, zu sehen ist.

Die junge Hildegard Knef

Dem Museumsverein ist es zu verdanken, dass Technik und Sessel aus Kinos der Hamburger Umgebung ausgebaut wurden. So wurde ein Raum geschaffen, der ein Kinoerlebnis ermöglicht, wie es in der heutigen Zeit kaum noch angeboten wird. Das Produzentenkino im Filmmuseum Bendestorf ergänzt das kulturelle Leben im Ort auf vielfältige Weise. Neben Filmvorführungen sind Lesungen, Konzerte und Kleinkunst jeglicher Form möglich.

Das Produzentenkino verfügt über eine vollständige technische Ausstattung (35 mm, auch 16 mm), sowie über hochmoderne  Digitaltechnik mit 7.1 Dolby Surround Sound. Die Leinwand, in dieser Größe heutzutage eine Seltenheit  ermöglicht brillante Vorführungen aller  Filmformate. Vom Foyer aus kommend, also vor Betreten des Kinosaales, ermöglichen Plexiglasscheiben dem Besucher Einblicke auf die gesamte Projektionstechnik. Dadurch wird dem Zuschauer ermöglicht, die Vorführtechnik sowie die  Arbeit des Filmvorführers direkt anzusehen. So erlebt der Kinozuschauer den gesamten Prozess einer Filmvorführung, und erfährt, wie Kino funktioniert.

Neben den hervorragenden optischen Voraussetzungen sind die akustischen Gegebenheiten des Kinosaals zu erwähnen. Die klanglichen Voraussetzungen, die beim Bau des Kinosaales geschaffen wurden, sind so optimal, dass der Raum seit den 1980er-Jahren bis in die jüngste Vergangenheit als Aufnahmeraum des Vox Klangstudios genutzt wurde. Hier entstanden unzählige Plattenproduktionen von deutschen und internationalen Künstlern sowie Musical-Einspielungen.

Und dann kam Meyer

Bis zum Ende des 2. Weltkrieges war Bendestorf ein Heidedorf mit ein paar hundert Einwohnern, doch noch vor Kriegsende kam ein gewisser Rolf Meyer nach Bendestorf, er war mittellos, Fahrrad und Pappkoffer waren seine wenigen Habseligkeiten. Er kam aus Berlin, der gelernte Kapellmeister hatte sich in das Metier der Filmschriftstellerei hineingearbeitet.

Als er nach Bendestorf kam, war er bereits ein renommierter Verfasser von Drehbüchern für Ufa und Tobis, sein Fach war der komödiantische Unterhaltungs-Spielfilm. Wie nur wenige aus seiner Branche, die im Dritten Reich für den deutschen Film arbeiteten, war Meyer kein Mitglied der NSDAP. Das aber war der damalige Bürgermeister von Bendestorf. Die britische Armee hatte Bendestorf bereits besetzt und fand in dem Neu-Bendestorfer Meyer einen Ansprechpartner, den sie mit verwalterischen Aufgaben des Bürgermeisteramtes vertrauten – und so half Meyer in der schwierigen Zeit des Kriegsendes und in der Folgezeit, den Heideort lebensfähig zu halten. Sein erster Wohnsitz war das Gasthaus “Zum Schlangenbaum”. Von hier aus begann er seine Karriere als führender Filmproduzent der deutschen Nachkriegszeit.

Die Junge Film-Union

Nachdem er im Rahmen der Reeducations-Maßnahmen der Alliierten sechs Kurzfilme produziert hatte, erhielt er im Frühjahr 1947 die Lizenz zur Herstellung von Unterhaltungsspielfilmen, damit war seine Junge Film-Union (JFU) in Bendestorf gegründet.

1948 erbaute Rolf Meyer auf dem Bolzplatz hinter dem Gasthaus “Zum Schlangenbaum”, dem heutigen Studio-Gelände, eine erste Aufnahmehalle, das Atelier A 1. Bereits der dritte Film der JFU wurde in dieser Halle gedreht.

Aufgrund des kometenhaften Aufstiegs der JFU konnte Meyer von 1948 bis 1950 auf dem 14.000 qm großen Areal eine in Deutschland einmalige Studioanlage mit kompletter Aufnahmetechnik errichten. Im Juni 1950 wurde sie offiziell vor Prominenz aus Politik, Kultur und Sport eröffnet. Es war die Blütezeit der JFU. In der einschlägigen Fachliteratur wird die JFU in 1949 bis 1951 zur zweitstärksten Filmproduktionsgesellschaft der BRD gezählt.

Die JFU produzierte Inkunabeln der deutschen Nachkriegsfilmkunst. Peter Lorre führte in Bendestorf seine einzige Regiearbeit durch. Sein Film “Der Verlorene” zählt zu den ersten deutschen Nachkriegsproduktionen. Die Knef, Rökk, Leander und Leuwerik – der Rühmann, Albers und Fröhlich haben hier gedreht. Kameramänner wie Weihmayer und Benitz, Autoren wie Simmel und Marischka, Komponisten wie Eisbrenner und Jary, Bühnenbildner wie Kettelhut und Schroedter, Regisseure wie Forst und Verhoeven – Namen die stellvertretend für Hunderte von Kulturschaffenden stehen, sie alle haben am Gesamtkunstwerk Film in den Bendestorfer Studios mitgewirkt. Einem vielmillionenfachen Publikum lieferten sie in der schwierigen Nachkriegszeit ein Kulturgut, das half diese Zeit zu meistern.

Nach dem Ende der JFU übernahmen die Fink-Betriebe das Studio Bendestorf. Nun auf der Basis der Lohnarbeit blieb das Studio in Betrieb, wechselnde Produzenten nutzten die moderne Infrastruktur zur weiteren Filmherstellung. Auch Fernsehproduktionen wurden in Bendestorf realisiert, zunächst kamen die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten und schließlich auch das Privatfernsehen.  Doch die wirtschaftliche Auslastung der Studios schmolz im Laufe der Jahre. Noch bis in die jüngste Vergangenheit kamen Filmemacher auf nationaler und internationaler Ebene nach Bendestorf zur Filmproduktion in den Studios – in 2000 drehte Wüste-Film Hamburg hier mit Heike Makatsch “Jonathan 2001”, in 2005 entstand hier der deutsch-irische Film “Short Order” mit Vanessa Redgrave und Cosma Shiva Hagen. Sechs Jahrzehnte war Bendestorf – Dank der von Rolf Meyer erbauten Studios – Film und Kulturort, die Produkte die in den Studios entstanden, waren für eine weite internationale Öffentlichkeit bestimmt.

Die Menschen, die am Film-Produktionsstandort Bendestorf beteiligt waren, hinterließen ein gewaltiges Kulturerbe. In Bendestorf erinnern der „Rolf-Meyer-Weg“ oberhalb des Filmgeländes, sowie einige nach Filmschauspielern benannte Straßen (Adele-Sandrock-Stieg, Albert-Florath-Stieg, Heinrich-George-Weg, Otto-Gebühr-Weg) an die große Zeit des Filmschaffens im Ort.

Und wer Kino liebt, sollte vor allem das Programm des Bendestorfer Vereins im Blick haben:

Do 22.3. 19 Uhr: Die kritische Masse, 1998
Regie Christian Bau, der Regisseur ist anwesend

Der Eintritt ist frei (Spende erbeten)

Do 12.4. 19 Uhr: Harrys Comeback – Letzter Puff vor Helgoland, 2010
Regie Torsten Stegmann, der Regisseur ist anwesend

Der Eintritt ist frei (Spende erbeten)

Do 26.4. 19 Uhr: Das Fräulein und der Vagabund, 1948
Bendestorfproduktion mit Eva Ingeborg Scholz und Hardy Krüger

Der Eintritt ist frei (Spende erbeten)

Do 24.5. 19 Uhr: Rocker, 1972
Regie Klaus Lemke

Der Eintritt ist frei (Spende erbeten)

Do 14.6. 19 Uhr: Beatles, Beat und Große Freiheit, 2006
Ein Abend mit Günter Zint

Der Eintritt ist frei (Spende erbeten)

Do 28.6. 19 Uhr: Das Leben ist keine Autobahn, 2008
Regie Dennis Albrecht, der Regisseur ist anwesend

Der Eintritt ist frei (Spende erbeten)

MUSIK
Fr 13.4.208;  19 Uhr: The Beattells  Unpluggedkonzert der Hamburger Tribute-Band
Bernd Lehmann zeigt Beatles-Portraits

THE BEATTELLS aus Hamburg, eine der besten Beatles-Bands präsentieren bei ihren Konzerten ein Hitfeuerwerk mit authentischen Instrumenten und Verstärkern. Dabei unternehmen sie allerdings nicht wie viele andere Coverbands den fragwürdigen Versuch, durch Verkleidung und Perücken oder einstudierte Gesten und Bewegungen dem Original optisch möglichst nahe zu kommen. Bei THE BEATTELLS stehen eigene Persönlichkeiten auf der Bühne, die ihre Beliebtheit und ihren Erfolg durch IHREN Sound, phänomenalen Satzgesang, herausragende Musikalität und nicht zuletzt durch eine immer launige und zugleich augenzwinkernde Bühnenmoderation abrunden. Viel Spaß mit der Musik von John, Paul, George und Ringo in diesem besonderen akustischen Rahmen.

Ralf Wendriner-Gitarre / Herbert Böttger-Bass / Michael Jessen-Gitarre / Winfried Haustein-Schlagzeug

Eintritt: 15,00 € (Vorverkauf); 18,00 € (Abendkasse)

Fr 27.4.208;  19 Uhr: Lars und Timpe
„Kuddl un Fiete“; ein Blues-Musical op platt

Weiterführender Link: film-bendestorf.de

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