Fielmann stiftet für Sammlung des Museums Stade

Gemälde von Theodor Herrmann

Neu entdecktes Gemälde von Theodor Herrmann, ca. 1920-25 (Detail), Foto: Museen Stade

Theodor Herrmann  war zu Lebzeiten ein bedeutender Maler, Illustrator, Bühnenbildner und Wandgestalter und hängt nun in Stade.

Herrmann (27.7.1881, Stade – 15.12.1926, Bremen) studierte an Kunstakademien in Weimar, Karlsruhe und Stuttgart u.a bei Leopold von Kalckreuth und war in der Worpsweder Künstlerkolonie aktiv. Seine Werke zeichnen sich durch ein freies Fluktuieren zwischen angewandter und bildender Kunst aus und vereinen Elemente des Jugendstils, Realismus und Impressionismus. In den 1920er Jahren erlangte Herrmann besondere Bekanntheit für seine großformatigen Wandgemälde, die er in öffentlichen und privaten Räumen wie dem Ratskeller in Bremen realisierte.

Ein solches Wandgemälde konnte nun Dank der Fielmann-Museumsförderung für die Sammlung der Museen Stade gesichert werden. Das Gemälde, dessen Entstehung auf Anfang der 1920er Jahre zu datieren ist, hat eine außergewöhnliche Geschichte: Jahrzehntelang hing es in der Bremer Innenstadt in einem Café als Fresko auf Leinwand. Mittlerweile ist das Café einer Shoppingmall gewichen, vermutlich wurde es bei dessen drohenden Abriss gerettet. Das Gemälde ging in den Besitz des nach dem Krieg als Tierarzt tätigen Dr. Günther Hahn über. Er stand in engem Austausch mit Künstler*innen und verwahrte die von der Wand abgelöste Leinwand bei sich zuhause. Sie hing in seinem Keller – die Kinder der Familie spielten neben dem Gemälde Tischtennis. Den Museen Stade wurde das Gemälde nun von der Tochter von Hahn angeboten und konnte über die Fielmann-Museumsförderung angekauft und restauriert werden.

Für die Restaurierungsmaßnahmen wurde entschieden, den freskoartigen Farbauftrag zu erhalten und damit den ursprünglichen Präsentationsort in Erinnerung zu bewahren. Dies ermöglicht, die Atmosphäre und den Charme des historischen Cafés nachzuvollziehen, in dem das Gemälde einst zu finden war. Stilistisch ist es eines der herausragendsten Werke von Herrmann: Es zeigt eine Liegende mit gelbem Vogel in der Hand. Die Frau ist in einem bühnenartigen Zimmer, umgeben von exotischen Pflanzen und Früchten. Mit ihr im Raum sind ein Mann mit Vogelkäfig und ein Sitzender im Gehrock. In Anlehnung an Édouard Manets Olympia (1863) zeigt Herrmann hier eine sinnliche Interieurszene, die ein Spiegel ihrer Zeit ist und Umbrüche wie die Neubefragung von Genderrollen thematisiert.

Herrmann verstarb jung im Alter von nur 45 Jahren. Sein künstlerisches Erbe ging im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig verloren, wodurch er weitgehend in Vergessenheit geriet. Erst im Jahr 1983 wurde ihm im Schwedenspeicher der Museen Stade eine Ausstellung gewidmet, die zu seiner Wiederentdeckung führte. Das Theodor-Herrmann-Zimmer im Insel Restaurant in Stade und der Theodor-Herrmann-Weg wurden nach ihm benannt. Von den wenigen existierenden Werken gingen 1992 erneut über 20 Gemälde bei einem Brand im Insel Restaurant verloren. Seither werden noch erhaltene Werke in der Sammlung der Museen Stade zusammengetragen. Sie beherbergt mittlerweile einen einzigartigen Bestand von über 100 Arbeiten, die Herrmann als Künstler und seine Relevanz in der Kunstgeschichte dokumentieren.

Mit der Ergänzung des Bremer Werks für die Sammlung der Museen Stade wird die Vielfalt und Tiefe von Herrmanns künstlerischem Schaffen weiter gewürdigt. Das Wandgemälde ist eine seltene Entdeckung und ein herausragendes Beispiel für sein vielseitiges Schaffen. Durch die Restaurierung wird nicht nur die künstlerische Intention des Gemäldes gewahrt, sondern auch dessen Geschichte lebendig gehalten und lädt ein, die lokalen und historischen Kontexte der 1920er Jahre neu zu betrachten.

 

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