Das vierte Album „Whitewash“ grooved, tanzt und wurmt im Ohr:

Harburgs Brit-Pop heißt ´alaska`

Smarte Jungs mit gängigem Indie-Pop aus Harburg: ´alaska` bringt das 4. Album raus. (Foto: Matthias Hewing)

Ob eine Band ihre Musik professionell macht oder als Hobby – der Unterschied muss nicht aufs Gehör schlagen. Die Harburger Band „alaska“ ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Und bringt jetzt ihre 4. Platte heraus. Wir haben mal reingehört.

Das Portal CD-Starts.de beschrieb den Sound der Harburger Band „alaska“ mal so: „Kaum zu glauben, dass wir es hier mit einer deutschen Band zu tun haben, denn für die Verbindung von Leichtigkeit, Melancholie und Pop sind Deutsche eigentlich kaum bekannt“. Und traf damit ins  Schwarze. Da ging es noch um die CD ‚These Sacred Floors’. Nächste Woche ist nun die vierte Scheibe erhältlich: ´Whitewash The Tidemarks`. Und die hat es in sich. Brit-Rock und –Pop vom Feinsten und mit ausgeklügelten Riffs und Melodien. Chartverdächtig – wüsste man nicht um die Mechanismen des Marktes.

Aber: „Beständigkeit ist eine verkannte Eigenschaft“, sagt Gitarrist Stephan Dubalsky – hauptberuflich bodenständiger Mitarbeiter der TU Hamburg. „Meist haftet dieser Tugend ein zweifelhafter Beigeschmack von Spießigkeit an. Doch wenn man dieses Wort aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, entwickelt Beständigkeit doch einen schönen Charakter.“ Und das hört und sieht man bei der Band aus dem Hamburger Süden. Seit 1994 musizieren Torben Schmieder (Gesang) und Christoph Martens gemeinsam, und fünf Jahre später gab der Velvet-Underground-Song “Stephanie Says” den Anstoß, sich in alaska umzubenennen (aufgrund der Textzeile “It´s so cold in Alaska”). Nach und nach trudelten auch die anderen Mitglieder Björn Steffens (Keyboard), Patrick Menk (Schlagzeug) und Stephan Dublasky (Gitarre) ein. Was alle verbindet, ist die Leidenschaft zur Musik. Von Beginn an veröffentlicht das Quintett beim Hamburger Label Marsh Marigold, und auch diese Beständigkeit hält noch heute an. Schließlich erscheint auch Whitewash the Tidemarks bei dem Indie-Gitarrenpop- Feinschmecker-Label. Es ist die bereits vierte Veröffentlichung von alaska. Die Aufnahmen fanden in Altona statt. Herausgekommen ist eine wahrlich vielfältige und hörenswerte Liedsammlung.

Erfrischend schon der Start: ´Motorway` – tänzelnd groovende Bässe, schrammelnde Gitarren, sphärischen Mellotron-Streicher, verträumter Moog und eine nörgelige Stimme von Sänger Torben. Der Hoffnung machende ´Song Every Other Monday`, das fast schon rotzige ´No More Sorrow` in klassischer Frühneunziger Noise-Pop-Tradition, das sich selbst defragmentierende ´Non Silent Night` und die beiden anrührenden Balladen ´We Don’t Sing Anymre` und ´Naked Killed Babies` sorgen für ein Rund-Um-Hörenswert-Paket.

Dabei beherrscht das Quintett die Kunst cleverer und eingängiger Melodien. Die Songs verinnerlicht man schnell. Hitverdächtig. Zudem sind ihre Referenzen noch immer nicht verwischt. Süßlicher Shoegazing-Sound trifft The Beatles, C86-Gitarren suchen die Zuneigung zu britischen Neunzigerjahre-Acts wie Ride und hymnischem Wave Pop. alaska sind also der Beweis dafür, dass Beständigkeit ein sehr schönes Antlitz haben kann. Whitewash the Tidemarks wird neben dem digitalen Release auch als 12“-Vinyl veröffentlicht. Die erste limitierte Auflage umfasst jeweils 100 Platten auf rotem, blauem und weißem Vinyl.

Erfolg ist nicht planbar

Und wer steckt dahinter? Stephan Dubalsky: „Wir sind alle Anfang 40 und im normalen Leben sind wir Krankenpfleger, Speditionskaufmänner und Lageristen, also alles ganz bodenständige Berufe – das geht auch gar nicht anders, denn von Musik kannst Du heute wohl nicht mehr leben – selbst wenn es recht gut läuft.“ Das hört man ihrer Musik nicht an, aber „Erfolg ist nicht planbar, also die Frage ob wir Profis werden stellt sich für uns nicht“, so die weise Einsicht.

„Wir machen das ja nun auch schon ein paar Jahre. Ich bin quasi der „Neue“ und spiele erst seit 4 Jahren bei alaska Gitarre. Die anderen machen das bereits seit 1994. Ich glaube, die Platte ist richtig gut geworden, aber Wir haben uns bewusst ein kleines Hamburger Label ausgesucht und spielen Musik, die vielleicht in Großbritannien eine echte Szene hat, aber hier doch eher in der Nische stattfindet. Das ist auch völlig okay. So lernen wir so wunderbare Leute, wie etwa Heimo vom „Marias Ballroom“ kennen. Ich muss sagen so was habe ich noch nicht erlebt:  wie freundlich, motiviert und mit Liebe da noch Konzerte veranstaltet werden! So etwas gibt es nördlich der Elbe überhaupt nicht mehr.“ Aber man sieht die Jungs auch gerne mal als Gäste bei Konzerten in der Wilhelmsburger Honigfabrik.

Dieses Jahr werden sie noch eine Reihe Konzerte spielen und im Herbst auf jeden Fall nochmal im Ballroom, wo sie kürzlich vor vollem Haus rockten und popten.

„Proberaumsituation ist katastrophal“

Proben tun sie in Billbrook, denn das Harburger Problem an mangelnden Musikproberäumen schlägt sich auch bei ´alaska` nieder: „ Die Proberaumsituation ist natürlich katastrophal in Hamburg. Wir haben das Glück, dass es uns schon so wahnsinnig lang gibt und wir einen Proberaum zu einem bezahlbaren Preis haben. Den teilen wir uns aber auch mit drei anderen Bands, damit das überhaupt funktioniert. Es ist aber ein Problem, wenn Proberäume so teuer wie Wohnungen sind. Und wenn junge Leute erstmal einen Haufen Geld mitbringen müssen, um überhaupt anfangen zu können mit Musik. Ich glaube ja, dass der musikalische Nachwuchs mehr und mehr aus dem Umland von Hamburg kommen wird, – Harburg, Heimfeld, Buxtehude etc. – da dort noch die Einfamilienhäuser mit den Partykellern stehen, wo man auch mal ein Schlagzeug aufbauen kann.“ Ein irgendwie ernüchterndes Fazit.

Aber die Band hat auch viel Lob für Hamburgs Süden: „Harburg hat eigentlich alles für einen tollen Stadtteil. Es gibt auch hier genug Leute, die sich noch Livemusik anhören wollen und dafür Samstags auch nicht über die Elbe ins Zentrum fahren.“ Und: „Ohne SuedKultur hätten wir eine Perle wie Marias Ballroom gar nicht entdeckt. Also tolle Arbeit von Euch!“ Na, das Lob nehmen wir gerne an!

Veröffentlichungen von alaska (alles Marsh-Marigold Records):

Whitewash The Tidemarks (2018) / These Sacred Floors (2014) / Nouveau Liberty (2005) / Kings Of The Class (1999)

Weiterführende Links: alaska5.bandcamp.com; spotify.com; facebook.com

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