Dortmunder Sozialgericht gibt sinnvolle Argumente zur Hand:

Musiklehrer scheinselbständig?

Sähe es so aus, wenn Musiklehrer selbständig arbeiten? (Foto: Klangfabrik Harburg)

Feste Lehrtermine und Absprachen im Betrieb – sind das alles Zeichen für eine Scheinselbständigkeit? Ein Urteil klärt auf.

Der Tatbestand der Scheinselbständigkeit sollte einst der Bekämpfung dem Schutz von Personen dienen die von ihren Auftraggebern in eine Selbständigkeit gedrängt werden. Mittlerweile aber erhärtet sich der Eindruck, er diene vor allem der Deutschen Rentenversicherung dazu, den Kreis der Scheinselbständigen stetig zu erweitern, um Geld in die Kassen zu bekommen. Und für nicht verjährte Zeiträume  – etwa fünf Jahre – werden dann rückwirkend Arbeitnehmer­ und Arbeitgeberbeiträge kassiert.

Nun aber kommt mal ein Urteil vom Sozialgericht Dortmund (vom 15.11.2017 – Az. S 10 R 1591/13), das Argumente dagegen aufbringt, die auch in anderen Fällen nützlich eingesetzt werden könnten.

Es ging um die sozialversicherungsrechtliche Einstufung eines Gitarrenlehrers, der zu einem Honorar von 12 € je Zeitstunde an einer Musik­schule unterrichtete. Er hatte die von der Schule herausgegebenen Richtlinien zu beachten und z.B. auch an Lehrerbesprechungen teilzunehmen. In einem Statusfeststellungsverfahren kam die Sozialversicherung zum Ergebnis, der Lehrer sei als Arbeitnehmer einzustufen. Dies wurde damit begründet, dass er Arbeitszeit und Arbeitsort nicht frei bestimmen könne und er in den Betrieb der Schule eingegliedert sei.

Somit also würden die Merkmale überwiegen, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen. Das sahen die Sozialrichter hier anders. Sie stellten klar, dass die allgemeinen Grund­sätze zur Beurteilung einer selbständigen Tätigkeit nicht ohne weiteres auf die eines Lehrers im Schulbetrieb zu übertragen sind. Zwar seien an allgemeinbildenden oder vergleichbaren Einrichtungen regelmäßig Arbeitnehmer. Ansonsten können Lehrkräfte jedoch auch als freie Mitarbeiter tätig werden, selbst wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handle. Namentlich bei Volkshochschulen oder Musikschulen sei die Bindung der Schüler oder Kursteilnehmer an den Unterrichtsträger erheblich lockerer. Ferner gebe es regelmäßig keine förmlichen Abschlüsse, und die Lehrkräfte haben größere Spielräume bei ihrer Unterrichtsgestaltung als in allgemeinbildenden Schulen. Die Bindung an den Ort und die Zeit für die Erteilung des Unterrichts war für die Richter im Urteilsfall kein ausschlaggebendes Merkmal für die Annahme einer abhängigen Tätigkeit,  denn dies sei vielmehr der notwendigen Organisation und Koordination des Schulbetriebs geschuldet. Für das Gericht lag ein wichtiger Aspekt auch darin, dass der Lehrer Schüler annehmen oder ablehnen konnte und seinen Unterricht weisungsfrei erteilen durfte. Auch das von der Rentenversicherung in solchen Fällen verlangte unternehmerische Risiko war offensichtlich nicht entscheidungs­erheblich, denn das Gericht stellte zutreffenderweise fest, bei der Ausübung einer stundenweise vergüteten Lehr­tätigkeit gebe es typischerweise kein wesentliches unter­nehmerisches Risiko.

Fazit: Die Richter stellten klar, dass an das unternehmerische Risiko und dem von der Rentenversicherung häufig geforderten eigenen Kapitaleinsatz keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. In ähnlichen Fällen könnte man sich also auf diese Argumentation berufen.

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