Der Glaube an das Resonanzgesetz

Erinnerung an einen Konzertabend

Manche Musik dient neben dem Hörgenuß auch der körperlichen Ertüchtigung. (Foto: Der Specht)

Es gibt Konzerte, die mögen kurzweilig sein, die Erinnerung an sie aber lang anhaltend. So geschehen unserer Kolumnistin Frau (Philo)Sophie Selbst-Zweifel beim Auftritt des Jot-Jot Duos im „Komm Du“ …

Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen, als ich den Bodenkontakt verlor, so schön ist die Erinnerung. Wunderbare Musik gab mir so viel Auftrieb, dass ich abhob und einen ganzen Abend voller Leichtigkeit auf Wolke Sieben saß. Eigentlich war es einem Zufall zu verdanken, dass ich das Programmheft von dem kleinen Kultur-Café las und mich entschloss, zu jener Veranstaltung zu gehen, die mich so beflügelte.
Ich erlag den Verführungskünsten von zwei Männern mit E-Gitarre und E-Geige und gab mich voller Begeisterung diesem virtuosen Duo hin. Für meinen Geschmack ein absoluter Volltreffer: reiz- , anspruchs- und kraftvoll. Das Zusammenspiel der beiden Musiker zog mich vom ersten Moment an in seinen Bann. Ich war einfach hingerissen von dem Klang, mal sanft, weich und ruhig, mal fetzig temperamentvoll, mitreißend und ekstatisch. Aber ich war auch gefesselt von der Mimik und Körpersprache, mit der sie untereinander und mit dem Publikum kommunizierten. Sie sprachen alle meine Sinne an. Der Auftritt versetzte mich in eine eigenartige Hoch-Stimmung, als wäre ich verliebt. Ich genoss den süßen Schmerz der Sehnsucht, den die Geige hervorstrich, ließ mein Herz schnell klopfen und meine Füße in der Luft tanzen zu den aufwühlenden Rhythmen und hatte das Gefühl, ein Aphrodisiakum eingenommen zu haben.
Die Bühne war nicht hell ausgeleuchtet, man sah wenig mehr als die Silhouetten der beiden. Der Geiger war etwas größer als der langhaarige Gitarrist mit seinem Zylinder auf dem Kopf. Beides stand ihm unglaublich gut, das zurückgebundene, lange Haar und der Zylinder. Ich war ganz vernarrt in ihn. Ich weiß nicht, was mich so zum Schwärmen brachte, war es der Klang oder der Anblick? Jedenfalls war ich hin und weg. Ohne den Zylinder verlor der Gitarrist allerdings ein klein wenig von seinem Zauberer.
Doch ohne Zweifel wird der Abend ein unvergesslicher bleiben.
Ich war natürlich nicht die einzige, die sie um den Finger gewickelt hatten mit ihrem Auftritt. Ich nahm Verbindung mit dem Publikum am Nebentisch auf, das mich mit der Schwerkraft von geballter Kultur und Bildung magisch anzog. Die Personen an diesem Tisch sahen gar nicht mal so extrem distinguiert aus, hatten jedoch das Charisma von Geist und Niveau, das ich auch gewittert hätte, wenn ich weiter weg gesessen hätte. Da war eine Wellenlänge spürbar und so wandte ich mich zu und tauschte erst Blicke, später auch Ansichten. Der Abend wurde dadurch abgerundet, dass diese Personen gute Bekannte der Musiker waren und ein netter Psychiater mit seiner Frau mich und eine andere Zufallsbekanntschaft – eine nette und kluge bulgarische Frau aus Hummelsbüttel – ein Stück mit dem Auto mitnahmen. Solche Erlebnisse untermauern meinen tiefen Glauben an das Resonanzgesetz.

(Dez. 2016, SZ)

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