Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat sein neues Schwarzbuch rausgehauen. Man wünschte sich, Politik würde auch mal hineinschauen …
Ja, es ist ein bisschen wie das jährliche Bashing-Ritual. Man weiß, dass der BdSt seine Klientel bedienen will – ein bisschen populistischer Zorn auf die Obrigkeit schadet nie. Aber ganz ehrlich: Wer die Fälle liest, merkt schnell, es ist nicht nur ein Buch der Wut, sondern ein trauriger Beweis dafür, dass der Staat uns zum Sparen anhält, wenn es um soziale Wohltaten geht, aber selbst mit der vollen Schaufel in den Wind schanzt.
Das eigentliche Problem hat einen Namen: „Folgekostenfalle“. Die Politik sieht nur die prächtigen Einweihungen von Neubauten. Was der Betrieb, das Personal und die Wartung über Jahrzehnte kosten, wird systematisch ignoriert. Das ist keine Verwaltungsmacke, das ist eine Hypothek für die nächste Generation.
Die Summe des Irrsinns: Über 1,3 Milliarden Euro im Nu verpulvert
Wenn wir mal grob die größten Posten zusammenzählen, die im Schwarzbuch mit einer konkreten Zahl genannt werden, kriegt man Kopfschmerzen:
- Bundeskosten-Wahnsinn: Das Kanzleramt lässt sich für über 800 Millionen Euro um 400 Büros erweitern. Der Bundespräsident zieht sich einen 180-Büro-Interimssitz für stolze 205 Millionen Euro daneben. Macht allein beim Bund über 1 Milliarde Euro für zusätzliche Beamtenzimmer.
- Hamburgs Beitrag zur Pracht: Die Hansestadt steht mit Fällen im Gesamtwert von über 311,5 Millionen Euro in den Büchern. Das ist der Löwenanteil der Stadtbeteiligung an der jahrelangen Hängepartie um die Oper.
Gesamtbilanz der quantifizierten Fälle: Wir sprechen hier von einem Volumen von über 1,3 Milliarden Euro, die der Bund der Steuerzahler exemplarisch als Steuergeldverschwendung anprangert.
Gerade Hamburg liefert einen schmerzhaft klaren Beweis dafür, dass der hanseatische Kaufmannsgeist an der Elbe anscheinend keinen Beamtenjob bekommen hat. In der „schönsten Stadt der Welt“, die so frei und hanseatisch ist, sitzt das Geld offenbar so locker wie die Hosen in den Sommerferien. Neben der sündhaft teuren Opern-Debatte stechen drei Fälle heraus, die den Appetit auf das kostenlos beziehbare Buch steigern sollen:
- Das Geister-Museum: Das geplante Hafenmuseum. Da will man ein Prestigeprojekt, aber es gibt weder einen Entwurf noch einen Zeitplan. Trotzdem frisst das Projekt schon jetzt erhebliche Personalmittel. Der BdSt nennt es bereits jetzt eine der teuersten Fehlplanungen Hamburgs. Das ist die reinste Subventionierung von Planungschaos. Da kann man sich nur bei Johannes Kahrs – kennt den noch wer? – bedanken und ihm mit dem Museum – so es denn kommt – ein Mahnmal setzen.
- Der 35.000-Euro-Hüpfer: Ein kleiner, aber feiner Beweis für die Sorgfalt im Detail. Ein zeitlich befristeter Mini-Spielplatz an der Mönckebergstraße inmitten der Innenstadt für 35.000 Euro. Da weiß man wenigstens, dass die Kleinstprojekte genauso verschwendet werden wie die Milliarden-Projekte.
- Die Elbvertiefung für Frösche: Ein weiterer Fall, der zeigt, wie es in Deutschland zugeht, ist die Kostenexplosion beim „Krötentunnel“ – obwohl dies nicht nur Hamburg betrifft, steht es symbolisch für die unaufhaltsame Baupreissteigerung und Mehrkosten bei Kleinstprojekten.
Man könnte ja auch mal etwas Sinnvolles tun
Das Beste am Schwarzbuch ist ja, dass es nicht nur meckert, sondern auch sagt, wo das Geld besser aufgehoben wäre. Die Alternativen, die der BdSt auflistet, sind der eigentliche Witz an der Sache, weil sie so offensichtlich sind:
- Besser als Hafenmuseum: Anstatt das Hafenmuseum zu bauen, könnte man die 311,5 Millionen Euro (die städtische Beteiligung an der Oper) besser in den Erhalt und die Sanierung der alten Oper stecken. Oder, noch besser: Mit den 500 Millionen Euro, die im Kontext des Hafenmuseums genannt werden, ließen sich alle bestehenden Hamburger Museen grundsanieren. Aber wer will schon funktionierende Museen, wenn er ein neues Denkmal des Chaos haben kann?
- Besser als Namenswechsel: Im Norden wollte man den Namen eines Landesbetriebs ändern. Kostenpunkt: 210.000 Euro für Schilder und Briefbögen. Die Alternative? Für die 210.000 Euro könnten vier Straßenwärter ein Jahr lang Radwege und Straßen pflegen.
- Besser als sinnfreie Bürokratie: Hätte man die 1,43 Millionen Euro aus einem anderen Fall genommen, hätte man die Stadt Borken mit für jeden Schüler einem Tablet ausstatten können.
Das ist das Muster: Auf der einen Seite die Millionen für Luxus-Büros und Luftschlösser (wie die Erweiterung des Bundestages auf 500 Mandate würde Milliarden sparen), auf der anderen Seite das Management von Mangel, wo das Geld dringend gebraucht wird.
Die Lektion ist klar: Die Regierung mahnt zum Sparen und streicht dafür die kleinen, sozialen Posten zusammen. Gleichzeitig zimmern sich Bundes- und Landesregierungen gigantische, langfristige Schuldenfallen, die wir alle über Jahrzehnte bezahlen werden. Und das ist leider kein Witz mehr. Wenn Sie jetzt einen Kloß im Hals haben – der BdSt bietet das Schwarzbuch kostenlos an. Lesen Sie selbst. Und dann weinen Sie. Download hier.
