Im Grunde ging es erst um ein altes Schiff. Jetzt steht ein ganzes Museum im diskutablen Raum. Hamburg überrascht wieder mit Ungeahntem.
Es waren wohl ein paar Leute, die beseelt und fasziniert von alten Segelschiffen, sich um die in New York stehende „Peking“ – einem uralten Segelfrachter der noch existierenden Hamburger Laeisz-Reederei bemühten. New York hatte den Viermaster vergessen, fahrtauglich war es auch nicht mehr. Es stand vor der Verschrottung.
Erbaut wird die „Peking“ bei der Hamburger Werft Blohm + Voss, wo sie am 25. Februar 1911 vom Stapel läuft. Mit 115 Metern Länge ist sie damals eines der größten Segelschiffe der Welt. Ab 1912 wird die stählerne Bark, die rund 5.300 Tonnen Ladung transportieren kann, im Salpeterhandel mit Chile eingesetzt, doch dort bereits kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 festgesetzt. Ganze 13 Mal soll sie bis dahin gefahren sein. Das Geschäft mit dem Salpeter-Handel – u.a. begehrt für Schiesspulver – war wohl einträchtig genug, um es dann stehen zu lassen.
2002 verhandeln Mitglieder des Vereins „Peking-Freunde“ erstmals mit dem Museum in New York über eine Rückführung der „Peking“ nach Hamburg. Doch das Museum fordert erst einen sehr hohen Kaufpreis, dann fehlen Geldgeber für die dringend notwendige Restaurierung. Im Frühjahr 2015 kündigt das Museum schließlich an, der Liegeplatz der „Peking“ werde geräumt – und will das Schiff verschenken. Daraufhin kommt Bewegung in die Sache. Und nun wird es spannend. Die sogenannte Hamburger K&K-Dynastie der Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und Rüdiger Kruse (CDU) wird aktiviert. Beide sitzen im Haushaltsausschuss.
Also direkt an der Quelle begehrten Geldes. Sobald zugewiesene Gelder nicht abgerufen, kann dort eine anderweitige Verwendung beschlossen werden, vereinfacht gesagt. Und beide Abgeordnete machten sich schnell einen Namen durch ihre recht eigene Große Koalition. Der Hamburger Funkturm kann so mit Millionen reaktiviert werden, Wuppertal bekam ein Pina-Bausch-Museum und Hamburg sollte eben auch die Peking für mehr als 20 Millionen Euro wieder bekommen. Da es aber schwer ist, die Rückführung eines einzelnen Hamburger Schiffs mit Bundesgeldern zu rechtfertigen, so die Legende, musste ein Deckmantel her. Also ein Hafenmuseum. Hat Hamburg schon? Dann wird es eben DAS Deutsche Hafenmuseum. Gesamtvolumen zur Investition: 120 Millionen. Und so lautet plötzlich die frohe Botschaft: „Der Bund erklärt sich schließlich bereit, rund 26 Millionen Euro für den Transport des Schiffes nach Deutschland, seine Restaurierung sowie die Einrichtung eines Liegeplatzes im Hamburger Hafen zur Verfügung zu stellen. Am 30. Juli 2017 wird die Viemastbark schließlich in einem Dockschiff nach Brunsbüttel gebracht.“
Ende Dezember 2017 nun stellte Kultursenator Dr. Brosda im Altonaer Museum die Ergebnisse der Standortuntersuchung zum künftigen Deutschen Hafenmuseum vor.
In der Pressemitteilung heißt es:
„Knapp sechzig Vertreterinnen und Vertreter aus Kultur, Wirtschaft und Politik kamen auf Einladung des Senators für Kultur und Medien, Dr. Carsten Brosda, am 19. Dezember im Altonaer Museum zusammen, um sich über den aktuellen Stand der Standortsuche für das künftige Deutsche Hafenmuseum zu informieren. 2015 hatte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Freien und Hansestadt Hamburg für die Errichtung eines Deutschen Hafenmuseums sowie für die Rückholung und Sanierung der Viermastbark PEKING einen Betrag von insgesamt 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Mit der Umsetzung dieses wichtigen Museumsprojekts ist die Stiftung Historische Museen Hamburg betraut.
Die Stiftung hatte das Planungsbüro Albert Speer + Partner (AS+P) mit einer umfassenden Potentialanalyse beauftragt, um einen geeigneten Standort für das Museum zu finden. In enger Zusammenarbeit mit der Stiftung Historische Museen Hamburg und der Behörde für Kultur und Medien wurden neben den historischen 50er Schuppen, wo derzeit das Hamburger Hafenmuseum betrieben wird, drei weitere Standortoptionen analysiert, bewertet und gewichtet. Das Ergebnis zeigt, dass jeder Standort mit mehreren Konflikten behaftet ist, die die Standortentscheidung erschweren.
Ausgeschlossen wurden die Standorte westlich der Landungsbrücken sowie neben den Musical-Theatern am Fährkanal. Die Landungsbrücken haben in der Untersuchung trotz der günstigen Lage im Vergleich aller Flächen mit Abstand am schlechtesten abgeschnitten, da die begrenzte Fläche zu wenig Entwicklungspotential für ein nationales Hafenmuseum bietet. Der Standort „Musical-Theater“ fällt trotz seiner exponierten Lage direkt gegenüber den Landungsbrücken und einer insgesamt positiven Bewertung aufgrund seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu einem Störfallbetrieb als nicht genehmigungsfähig heraus.
Auch die 50er Schuppen sind auf Grund ihrer schlechten Erreichbarkeit und denkmalpflegerischen Auflagen nicht optimal und nach den vorliegenden Erkenntnissen störfallrechtlich voraussichtlich nicht genehmigungsfähig. Die Fläche liegt in Nachbarschaft zu gleich drei Störfallbetrieben, was einen Ausbau des bestehenden Museums zu einem Deutschen Hafenmuseum voraussichtlich verhindern würde. Eine abschließende Klärung der störfallrechtlichen Situation und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten für eine Veränderung oder Erweiterung des Museumsbetriebs an diesem Standort wird derzeit im Rahmen eines förmlichen Vorbescheidsverfahrens herbeigeführt. Der Betrieb des bestehenden Hamburger Hafenmuseums genießt hingegen Bestandsschutz.
Nach den Kriterien der Standortpotenzialanalyse bietet das ehemalige Überseezentrum südwestlich der Elbbrücken die besten Bedingungen für einen Museumsstandort, insbesondere die jüngsten Pläne zur Entwicklung des Grasbrooks zu einem gemischten Wohn- und Gewerbegebiet eröffnen viele Vorteile. Das künftige Deutsche Hafenmuseum könnte an diesem Standort zum Symbol, Motor und kulturellen Zentrum der Quartiersentwicklung werden.
Eine endgültige Standortentscheidung ist mit den nun vorliegenden Ergebnissen noch nicht gefallen. Die Stiftung Historische Museen Hamburg wird nun neben dem Bauvorbescheidsantrag für die 50er Schuppen auch eine Vorstudie in Auftrag geben, in deren Rahmen ein Planungskonzept mit konkreten Kostenschätzungen für den Grasbrook erarbeitet wird. Zudem soll untersucht werden, wie die 50er Schuppen ins Gesamtkonzept des Deutschen Hafenmuseums eingebunden werden können, damit dieser bedeutende Ort Hamburger Hafengeschichte auch in Zukunft weiter erhalten und für Besucher erlebbar bleibt. Auf der Grundlage dieser nun zu erarbeitenden Konzepte wird die Standortentscheidung zu treffen sein.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Die Errichtung des Deutschen Hafenmuseums samt der Rückholung und Restaurierung der Viermastbark PEKING ist eines der herausragenden Museumsprojekte in Deutschland, das schon heute internationale Aufmerksamkeit erhält. Die Standortentscheidung für ein solches Millionenprojekt lässt sich nicht aus dem Bauch heraus treffen, sondern muss gerade in einem florierenden Hafen mit allen Beteiligten und mit Blick auf alle rechtlichen Gegebenheiten gut geplant werden. Wir sind jetzt bei der Standortsuche einen großen Schritt weiter und werden nun klären, was am Standort 50er Schuppen möglich ist und parallel vertiefend die Chancen auf dem Grasbrook anschauen. Wir brauchen die entsprechenden Bescheide und Vorstudien, um eine endgültige Standortentscheidung zu treffen. Ich kann mir auch eine intelligente Verknüpfung der beiden nahe beieinander liegenden Standorte gut vorstellen.“
Frank Horch, Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation: „Das Ergebnis der Standortuntersuchung gibt uns die Möglichkeit, auf dem Kleinen Grasbrook mit dem Deutschen Hafenmuseum einen modernen Stadtteil zu entwickeln und zeigt gleichzeitig einen Weg auf, mit den 50er Schuppen die Geschichte des Hafens lebendig zu halten. Es ist wichtig, dass wirtschaftliche und kulturelle Hafennutzungen nicht miteinander in Konflikt geraten. Am ehemaligen Überseezentrum können wir mit dem Deutschen Hafenmuseum ein spannendes Schaufenster der Geschichte und Gegenwart des Hafens eröffnen.“
Börries von Notz, Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg: „Das Areal auf dem Grasbrook bietet großartige Voraussetzungen, um ein innovatives Museum im 21. Jahrhundert zu verwirklichen und vollkommen neu zu konzipieren. Gleichwohl ist es notwendig, die 50er Schuppen als bedeutendes Denkmal für die Geschichte der deutschen Seehäfen in das Gesamtkonzept des Deutschen Hafenmuseums zu integrieren und auch das dort Geschaffene zu bewahren.“
Quelle: Behörde für Kultur und Medien