Die Kolumne von Sophie Selbst-Zweifel

Mobile Arbeitsplätze

"Smartphonezombies Diary" ist der Titel der Ausstellung des Künstlers Thorsten Kirsch, die noch bis 23. März 2017 in der TU Hamburg zu sehen ist.

Ich heiße Sophie und ich bin Denkerin.
Manchmal denke ich, ohne seine Arbeit ist der Mensch kein Mensch, oder nur so halb. Irgendetwas scheint ihm zu fehlen, wenn er nicht malochen darf. Inzwischen ist das publicitywirksame-Arbeiten up-to-date: Homeoffice all überall. Die Flexibilität der Arbeit(nehmer) verheißt größere Freiheit bei der Entscheidung, wann und wo wir arbeiten. Welche Sachzwänge, Ängste und Sorgen hinter dem Prinzip der Mobilmachung stecken, vermögen die drum herum Stehenden oder Sitzenden nur zu erahnen. In allen Verkehrsmitteln ist es schon weitverbreitet, das eine oder andere von unterwegs zu regeln. In die Cafe´s wird es auch noch umfassend Einzug halten. Wegbereiter sind die Smartphonenutzer, die schon jetzt dafür sorgen, dass der ständige Begleiter seinen Raum bekommt, mit am Tisch sitzt und allerlei Unterhaltungselektronik bietet.
Es be- und entfremdet mich, wenn der öffentliche Raum mehr und mehr von digitalen Trägern bevölkert wird und ich mir z. B. ohne Ausweichmöglichkeit im Bus eine Arbeitsbesprechung anhören muss, an der ich gar nicht teilnehmen möchte und sowieso nichts zu sagen habe. Ohne Mitspracherecht werde ich da in etwas hineingezogen, das mir gegen den Strich geht.
Mir reichen schon all die Handyblicke. Die Vorstellung von weiterem Fortschritt erschreckt mich: Laptops nehmen großflächig neben mir Platz. Ich fühle mich eh schon umzingelt von Bildschirmen im öffentlichen Raum. Vielleicht bin bald ich es, die schräge angesehen wird, weil ich offensichtlich nichts zu tun habe. Vielleicht fühlen sich in Zukunft Menschen von anderen Menschen belästigt, die Blickkontakt suchen.
Ich werde übrigens selber auch dafür kritisiert, wo und wann ich an meinen Laptop arbeite: zuhause. Und das ist da auch nicht immer gern gesehen.

(11. Feb. 2017, SZ)

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