Suchen, Sammeln, Reflektieren

Zur Geschichte gibt es viele Aspekte und Hinweise. Allein: wie sind sie zu deuten? (Foto: roegger / Pixabay)

Geschichte ist mehr als Vergangenheit. Sie wirkt immer auch in die Gegenwart und Zukunft und immer bedarf es auch ihrer Deutung, um zu verstehen oder gar aus ihr zu lernen. Ein Bundeswettbewerb animiert nun zur aktiven Auseinandersetzung.

In der ausführlichen Ausschreibung heißt es:

„Das kennen wir alle: Eine Situation, die an einen kritischen Punkt kommt, an dem nichts mehr normal scheint, in der die vertraute Ordnung gestört wird und aus den Fugen gerät, in der man nicht mehr weiß, wie es weitergeht. Beispiele für so einen Ausnahmezustand – eine Krise – gibt es im Kleinen wie im Großen: Ob Einschnitte im Privaten wie Krankheit, Trennung, der Verlust des Arbeitsplatzes oder gesamtgesellschaftliche Erschütterungen durch Wirtschaftskrisen, Epidemien oder Umweltkatastrophen. Zeiten tiefgreifender Umbrüche und Wendepunkte sind keine neue Erfahrung, sie haben die Menschen immer wieder zum Handeln herausgefordert und oftmals langfristige Veränderungen mit sich gebracht: Die athenische Demokratie geriet in die Krise und später das Römische Reich; Bauernkriege und Reformation bedeuteten ebenso Umbrüche wie die nachfolgende Auflösung der Handwerkszünfte durch die Industrialisierung. Kriege und die Bewältigung politischer und sozialer Missstände mündeten in grundlegenden Umwälzungen, die das Zusammenleben veränderten. Revolutionen, Ausbrüche von Gewalt, Migrationsbewegungen und die Verfolgung von Minderheiten haben bis tief hinein in Familienbiografien Verwerfungen und Umbrüche hervorgerufen und sind bis heute in unserer Erinnerung präsent.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stellten die Lebensmittelknappheit und Wohnungsnot, der Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie oder die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ebenso wie der Zusammenbruch des Kommunismus und die Belastung der europäischen Währungsunion Krisen dar, die zu Wendepunkten führten. Krisen und Umbrüche können negativ erfahren werden, als existenzielle Erschütterung, die es möglichst schnell zu überwinden gilt. Sie können aber auch zum Aufbruch für einen Neuanfang werden, Chancen eröffnen und Engagement befördern. Auf technische Unglücke und Katastrophen folgte Verzweiflung, aber auch die Entwicklung von Schutz- und Sicherheitssystemen; wirtschaftliche Depression und Inflation bedeuteten soziale Verwerfungen, führten aber auch zur Einführung wirtschaftlicher Steuerungsinstrumente; der Zusammenbruch von Herrschaftssystemen stellte alte Gewissheiten infrage und ermöglichte zugleich einen Aufbruch zum Besseren. Ereignisse wie die Gründung des ersten Frauenbildungsvereins, die Studenten-Protestbewegung oder die Bürgerrechtsbewegung in der DDR zeigen, dass Menschen immer wieder auch selbst aktiv wurden, sich gegen soziale und politische Missstände engagiert haben und damit gesellschaftliche Umbrüche erwirkten. Bürgerschaftliches Engagement, die Gründung von Hilfsorganisationen oder Gewerkschaften, Vereinen oder Bürgerinitiativen hatten oftmals das Ziel, als krisenhaft empfundene Entwicklungen zu überwinden und einen Aufbruch zu bewirken.

Das Ringen um politische Teilhabe hat in Deutschland in revolutionären Umbrüchen und dem Kampf um die Durchsetzung von Freiheits- und Menschenrechten seinen Ausdruck gefunden, um neue Staats- und Gesellschaftsordnungen herbeizuführen – in Deutschland stehen dafür die Jahreszahlen 1848, 1918 und 1989. Krisen oder Umbrüche wirkten sich nicht auf jeden gleich aus, sie brachten Gewinner und Verlierer hervor, die im einen Fall von der Krisensituation profitieren und im anderen mit Hab und Gut oder sogar mit ihrem Leben zahlten. Krisen, die als unvorhersehbares Ereignis eintraten, machten Menschen ohnmächtig und hilflos. Krisen und Umbrüche können punktuell sein oder weit ausstrahlen und das Leben der Menschen tiefgreifend und langfristig beeinflussen. Die historische Spurensuche zum Umgang mit und zur Wahrnehmung von Krisen, Umbrüchen und Aufbrüchen vor Ort fordert dazu auf, die jeweiligen Handlungsmöglichkeiten der Menschen in den Blick zu nehmen, ihre Reaktionen auf Ausnahmezustände nachzuvollziehen und zu prüfen, welche Auswirkungen eine erfolgreiche Bewältigung oder ein Scheitern für das Zusammenleben hatte. Anhand der historischen Beispiele können heutige Chancen und Grenzen für Engagement und Mitwirkung für eine friedliche Lösung von Krisen und Umbrüchen reflektiert werden.

Die Aufgabe

WÄHLT ein historisches Beispiel zum Thema ›Krise, Umbruch, Aufbruch‹, das euch besonders interessiert. Überlegt, was ihr auf eurer Spurensuche herausfinden möchtet. Wichtig: Euer Thema muss entweder einen regionalen Bezug zu eurem Wohn- oder Schulort oder einen biografischen Bezug zu eurer Familie haben. Grenzt euer Thema anhand der von euch entwickelten Forschungsfrage ein.

SUCHT UND SAMMELT Materialien zu eurem Thema. Achtet darauf, dass die Materialien euch möglichst unterschiedliche Sichtweisen auf ein- und denselben Sachverhalt vermitteln. Quellen findet ihr in Archiven, Museen und Bibliotheken, bei Stadt- und Gemeindeverwaltungen, Geschichtswerkstätten, Kirchen, Bürgerinitiativen, Vereinen und Verbänden. Insbesondere staatliche und gesellschaftliche Organisationen der Krisenbewältigung wie Polizei, Bundeswehr, Rettungsdienste oder das Technische Hilfswerk können über Quellen zu Krisen, Umbrüchen und Aufbrüchen verfügen und euch bei der Suche nach Informationen unterstützen. Offizielle Gedenktage, Lieder oder gegenständliche Quellen wie Denkmäler geben ebenfalls Hinweise zu historischen Krisen, Umbrüchen und Aufbrüchen. Denkt daran, dass auch private Fotos, Briefe und Dokumente für euer Thema interessant sein können. Und überlegt, ob Zeitzeugen und Experten zu eurem Thema Auskunft geben können.

BESCHREIBT anschaulich und differenziert an eurem Beispiel, wie die jeweilige Krise entstanden ist, welchen Verlauf und welchen Ausgang sie nahm. Schildert, worin die Krise oder der Umbruch bestand, wen sie betraf, wer darunter litt und wer möglicherweise profitierte. Beschreibt, wie der Alltag der Menschen durch die Krise beeinflusst wurde, wie sich die betroffenen Personen und Gruppen verhalten haben und welche Wege sie wählten, mit der Situation umzugehen und Auswege zu finden. Beschreibt auch, inwiefern die Krise oder der Umbruch einen Aufbruch zum Besseren bewirken konnte und wie die Menschen handelten. Geht auch auf die Folgen der Krise ein und beschreibt ihre Auswirkungen.

ERKLÄRT, wie die Menschen die Krise wahrgenommen haben und erläutert, warum einzelne Menschen und Gruppen unterschiedlich mit ihr umgegangen sind. Geht darauf ein, warum Menschen in Krisen unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten besaßen, und untersucht die Folgen und Konflikte, die sich daraus ergaben. Erklärt, inwieweit das Leben der Menschen durch die Krise verändert wurde, aber auch, wie sie selbst die Situation für sich nutzen konnten. Berücksichtigt den historischen Hintergrund und die rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen für euer Beispiel.

BEURTEILT an eurem Beispiel das Handeln der Menschen in der Krise und die Veränderungen, die aus ihr entstanden. Überprüft, ob die Folgen der von euch untersuchten Krise langfristig spürbar waren oder es sogar bis heute sind. Überlegt, ob und inwiefern man aus früheren Krisen oder Umbrüchen für heute lernen kann. Erläutert, wie und ob sich die Wahrnehmung der Krise in der Erinnerung verändert hat und welche Aufbrüche sich langfristig aus der Krise ergeben haben.

KENNZEICHNET in eurer Arbeit die Herkunft eurer gesammelten Informationen (Quellen aus Archiven, Gegenstände, Fotos, Bücher, Internetseiten, Interviews usw.).

REFLEKTIERT in einem zusätzlichen Arbeitsbericht die Erfahrungen, die ihr beim Geschichtswettbewerb gesammelt habt: Zeigt, wo und wie ihr eure Informationen gefunden habt. Beschreibt besondere Erfolge oder Schwierigkeiten und stellt dar, was besonders Spaß gemacht hat und wie ihr mit Hindernissen umgegangen seid. Erwähnt auch Fragen, die offengeblieben sind.

Als Anhaltspunkte und Anregungen können folgende Fragen dienen:

  • Was wurde von Zeitgenossen als Krise oder Umbruch wahrgenommen?
  • Würden wir diese Einschätzung heute teilen?
  • Welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder politischen Entwicklungen oder Ereignisse führten zu einer Krise?
  • Wo und warum kam es aufgrund von Umbrüchen zu Konflikten?
  • Wie haben die Menschen in Krisenzeiten gelebt? Welchen Einfluss hatte die Krise auf das soziale Miteinander?
  • Welche Lösungsansätze für einen Aufbruch aus der Krise wurden entwickelt?
  • Eröffnete die Krise neue Chancen, Horizonte oder Denkweisen?
  • Welche Formen sozialen und politischen Engagements brachte eine Krise oder ein Umbruch hervor?
  • Wie wirkten die Umbruchphasen auf das persönliche Leben?
  • Wie wird heute an Krisenzeiten erinnert?

Die Preise

BUNDESEBENE

5 erste Preise zu je 2.000 Euro 15 zweite Preise zu je 1.000 Euro 30 dritte Preise zu je 500 Euro

LANDESEBENE

250 Preise für Landessieger zu je 250 Euro 250 Förderpreise zu je 100 Euro

AUßERDEM

  • Empfang der Erstpreisträger und ihrer Tutoren durch den Bundespräsidenten
  • Schulpreise für die erfolgreichsten Schulen der Bundesländer in Höhe von insgesamt 16.000 Euro
  • Einladung der 25 erfolgreichsten Projektbetreuer zur Tutorenakademie-Sonderauswahlverfahren für Bundessieger zur Aufnahme in die Studienstiftung des deutschen Volkes
  • Eine persönliche Urkunde für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer

WER KANN TEILNEHMEN?

Teilnehmen können alle (Schüler, Auszubildende, Studierende etc.), die nach dem 1. September 1997 geboren sind. Möglich sind Einzel-, Gruppen- und Klassenbeiträge.

WELCHE UNTERSTÜTZUNG IST ERLAUBT?

Inhaltliche und wörtliche Übernahmen aus anderen Werken (auch aus dem Internet) müssen in der Arbeit kenntlich gemacht werden, sodass nachvollziehbar wird, woher die Informationen jeweils stammen. Auch Art und Umfang der Hilfe durch einen Betreuer (Tutor) sind anzugeben. In eurem Beitrag bestätigt ihr, dass ihr die Arbeit im Rahmen der angegebenen Tutorenhilfe eigenständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habt. Ihr erklärt euch dazu bereit, die Arbeit bei Bedarf der Jury zu erläutern.

WAS KANN EINGEREICHT WERDEN?

Alle Beiträge müssen in deutscher Sprache verfasst sein. Folgende Beitragsformate können eingereicht werden: Schriftliche Beiträge mit einem Umfang von maximal 50 DIN A4 Seiten (inkl. Inhalts- und Quellenverzeichnis, Anhang etc.).

Der Arbeitsbericht zählt extra. Bei umfangreicheren Beiträgen können Abzüge in der Bewertung vorgenommen werden. Filme oder Hörspiele dürfen höchstens 45 Minuten lang sein und sollen mit handelsüblichen Abspielgeräten oder Windows-PCs abspielbar sein. Auch hier gilt: Bei Überschreitung der Maximallänge können Abzüge in der Bewertung vorgenommen werden. Multimediapräsentationen in lauffähiger Form für handelsübliche Windows-PCs. Die Präsentation muss ohne weitere Installationen gestartet werden können, d. h. es muss ein Player enthalten und die Start-Datei gekennzeichnet sein. Bei dreidimensionalen Projektergebnissen (Ausstellung, Modell, Spiel etc.) bitte nicht direkt die Arbeit selbst einreichen, sondern zunächst eine Fotodokumentation mit schriftlicher Erläuterung zu Idee, Umsetzung und Anwendung. Das Original bitte bereithalten und erst bei Aufforderung durch die Jury einsenden. Beiträge, die aus mehreren Teilen bestehen, müssen deutlich gekennzeichnet werden und unbedingt zusammenhängend eingereicht werden.

WIE KANN EINGEREICHT WERDEN?

Die Beiträge werden beim Geschichtswettbewerb online eingereicht. Alle Teilnehmerdaten und die Beiträge müsst ihr bis zum Einsendeschluss am 28. Februar 2019 im Internet eingeben bzw. hochladen, damit sie im anschließenden Onlineverfahren bewertet werden können. Ausnahmen sind nur möglich, wenn die Beiträge nicht digital erstellt werden konnten oder als Filme, Hörspiele bzw. Multimediapräsentationen die maximale Uploadgrenze von 90 MB (drei Dateien zu je 30 MB) überschreiten. Die Teilnehmerdaten bitte dennoch bis zum 28.02.2019 online eingeben. Dabei wird automatisch eine Beitragsnummer vergeben. Per E-Mail an gw@koerber-stiftung.de kann unter Angabe der Beitragsnummer eine Posteinreichung beantragt werden. Die Internetadresse der Einreichdatenbank lautet: www.gw-einreichen.de. Schon ab dem 1. September 2018 ist die Einreichdatenbank freigeschaltet.

WOMIT ERKLÄREN SICH DIE TEILNEHMER EINVERSTANDEN?

Die Wettbewerbsteilnehmer und -tutoren erklären sich einverstanden, dass ihre Teilnehmerdaten gespeichert werden und im Rahmen der Präsentation der Wettbewerbsergebnisse einsehbar sind. Die Teilnehmer räumen der Körber-Stiftung die unbeschränkten Rechte ein, die Beiträge in unveränderter, bearbeiteter oder umgestalteter Form zu nutzen. Die Körber-Stiftung ist berechtigt, die ihr eingeräumten Rechte für die Beiträge ganz oder teilweise auf Dritte wie z. B. Medienvertreter zu übertragen oder diesen Nutzungsrechte einzuräumen.

WIE SIEHT DER DATENSCHUTZ AUS?

Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung sämtlicher personenbezogener Daten erfolgt grundsätzlich nach den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Teilnehmerdaten erfolgt auf Grundlage der ausdrücklichen Einwilligung der Teilnehmer. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Ein Widerruf kann jedoch zum Ausschluss vom Wettbewerb führen.

RECHTSWEG

Die Entscheidung über die Preiswürdigkeit der Einreichungen zum Wettbewerb trifft eine unabhängige Jury. Die Körber-Stiftung behält sich das Recht vor, über die Preisvergabe zu entscheiden. Diese Entscheidung ist endgültig und nicht anfechtbar, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten ist Gründungsmitglied des europäischen Geschichtsnetzwerks EUSTORY, das in über 20 Ländern nationale Geschichtswettbewerbe verbindet. Sieger aller Wettbewerbe treffen sich jedes Jahr bei History Camps und tauschen sich auf dem englischsprachigen Portal History Campus grenzüberschreitend über zentrale Gegenwartsfragen der europäischen Geschichte und Identität aus. Für eine Teilnahme können sich Bundessieger ab 16 Jahren bewerben. www.historycampus.org

Quelle: koerber-stiftung.de/geschichtswettbewerb

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