Die Kolumne von Sophie Selbst-Zweifel

Toleranz oder Rotes Tuch

Grafik: Myriams-Fotos / Pixabay

Mein Name ist Sophie und ich bin Denkerin. Ich mache mir oft Gedanken über die Freiheit zur Unvernunft.

Manchmal scheint es, als hätten wir eine Gehirnwäsche nötig. Wir wähnen uns im Besitz der besseren Werte sowie eines verdienten Wohlstandes und schütteln den Kopf angesichts rückständiger Armut und uns fremder Lebenslagen.

Worauf gründet unsere Überheblichkeit? Ist unsere hochentwickelte Zivilisation wirklich so überragend, dass wir von dort auf alles andere herabblicken können? Halten wir uns aufgrund unserer Herkunft und Kaufkraft für Übermenschen?

Womöglich stehen wir weniger auf unseren Grundwerten als wir denken. Dazu gehören beispielsweise Meinungs- und Religionsfreiheit. Trotzdem werden Kopftücher zum Problem erklärt. Ein besonders rotes Tuch ausgerechnet für konservative Kräfte, die sich plötzlich als Verfechter der Gleichberechtigung aufspielen, dabei haben sie die Umsetzung selber noch nicht wirklich realisiert – obwohl es seit 70 Jahren schwarz auf weiß im Gesetzestext steht. So wie auch die Religionsfreiheit verbrieft ist. Ist es im Sinne des Erfinders, wenn Selbstbestimmungsrechte eingeschränkt werden im Namen von Freiheit und deutscher Leitkultur?

Wenn alle so rumlaufen wie wir, so aussehen, denken und an dasselbe glauben, ist es keine große Kunst, sich für weltoffen und fortschrittlich zu halten. In der Andersartigkeit liegt die Herausforderung. Provokant: Wenn eine Frau sich lieber bedeckt als halbnackt zeigt, … ist das bereits ein Anschlag auf unsere moderne Art zu leben? Wenn Geschäfte mit Brautkleidern wie aus 1001 Nacht neben Deichmann, C&A & Co. existieren oder Döner- neben Bratwurstbuden, ist das der Untergang des Abendlandes?

Hoppla, ich bin ein wenig vom Thema abgekommen. Worauf ich hinauswollte, war der Grundgedanke des freien Willens. Ich selber glaube auch, dass vieles besser laufen könnte, wenn wir uns alle einig wären und an einem Strang zögen. Aber dazu müssten wir alle auf Linie gebracht werden. Eine Diktatur der Vernunft? Alles verbieten, was im Verdacht steht, nicht „richtig“ zu sein?

Wenn ich an das biblische Bild von der Vertreibung aus dem Paradies denke, glaube ich, dass der freie Wille einen hohen Preis hat. Aber ein Paradies, in dem es die Vorschrift für nur eine Art zu leben gibt, kann mir gestohlen bleiben.

Einerseits. Andererseits fände ich es wünschenswert, dass von Seiten der Politik mehr geregelt wird, was die Lebensqualität auf unserem Planeten und uns vor Raubtierkapitalismus schützt. Schon oft war ein Aufschrei zu hören, wenn es darum ging, Finanz- oder Arbeitsmärkte so zu regulieren, dass es gerechter zuginge. Aber nein, Mindestlohn geht angeblich nicht, weil es Arbeitsplätze vernichtet, so hieß es. Ging dann aber doch, genauso wie Dosenpfand oder Rauchverbot oder das von FCKW.

Was wie Gift für´s Geschäft wirkt, könnte aber genauso gut dazu beitragen, dass wir uns entwickeln und Zustände verbessern. Ich vermisse hier den politischen Willen, z. B. Kerosin zu besteuern oder Glyphosat zu verbieten. Vielleicht ist aber auch der Volkswille zu schwach, um den Vertretern den klaren Auftrag zu erteilen: Macht was!

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