Bucerius Kunst Forum - Rückblick und Vorschau

Die Minimal Art kommt

Herbert List: Ringende Jungen I, Ostsee 1933, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv List © Herbert List Estate / Magnum Photos

Mit langen Schlangen zur Eröffnung der Ausstellung Nolde und der Norden sowie am Reformationstag mit freiem Eintritt erfreute sich das Bucerius Kunst Forum im Herbst großen Zuspruchs. Und das nächste Jahrverspricht auch viel Gutes …

Durch die Entscheidung für das Zwei-G-Zugangsmodell Mitte Oktober hat das Haus ein Stück Normalität zurückgewonnen. Der Jahresbeginn war von der Schließung bis in den Mai geprägt und im Sommer waren die Besuchsmöglichkeiten eingeschränkt.
Das Programm 2022 spiegelt das Konzept des Bucerius Kunst Forums mit Ausstellungen von der Antike bis zur Gegenwart wider. Das Jahr startet mit einer Schau zur Minimal Art, im Sommer folgt eine großangelegte Gesamtschau des Hamburger Fotografen Herbert List und im Herbst feiert das Bucerius Kunst Forum mit der Ausstellung Die neuen Bilder des Augustus die Bilderlust zur Zeit des ersten römischen Kaisers.

Rückblick 2021

Zu Beginn des Jahres konnte die Ausstellung Georges Braque. Tanz der Formen (Oktober 2020 – Ende April 2021) für nur elf Tage geöffnet werden. Die Ausstellung Moderne Zeiten. Industrie im Blick von Malerei und Fotografie (Ende Juni – Ende Sept. 2021) fand unter eingeschränkten Bedingungen statt, mit Zeitfenstern und stark begrenzten Personenanzahlen in der Ausstellung und bei Veranstaltungen. Mit Beginn der Schau Nolde und der Norden (Mitte Okt. 2021 – Ende Jan. 2022) sind dank des Zwei-G-Modells die Begrenzungen aufgehoben und das Veranstaltungsprogramm findet vor Ort statt. Das Bucerius Kunst Forum ist wieder ein lebendiger Ort des Austausches, des gemeinsamen Kunsterlebens, der kreativen Auseinandersetzung mit den Ausstellungsthemen und ein Ort mit einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm.
Der Lockdown und die Einschränkungen zeigen sich in den Besucher:innenzahlen. Mit einer Gesamtbesucher:innenzahl von ca. 75.000 repräsentiert das Jahr 2021 knapp 40% der üblichen Besuche. Dennoch ist das Bucerius Kunst Forum finanziell glimpflich durch die Krise gekommen und musste nicht auf eine mögliche Sonderförderung zurückgreifen.
Grundlegende Verbesserungen konnten in der Zeit des Lockdowns realisiert werden. Neue digitale Vermittlungsformate und -reihen sind etabliert, die dauerhaft fortgeführt werden. Dazu zählen ein Multimediaguide zu jeder Ausstellung, eine Interviewreihe mit der künstlerischen Leiterin, Dr. Kathrin Baumstark, die Serie Curator’s View @Home, in der Kathrin Baumstark ausgewählte Werke der Ausstellung in kurzen Videos vorstellt, sowie digitale Kreativanleitungen für Kinder. Im Herbst ist die Reihe Curator’s Talk mit namhaften Gästen im Gespräch mit Kathrin Baumstark gestartet, wie Stefan Koldehoff und Prof. Dr. Manfred Lahnstein. Eine vom Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums Prof. Dr. Andreas Hoffmann mit dem Pianisten Alexander Krichel konzipierte Videoreihe zur Braque-Ausstellung mit musikalischen Begegnungen des Pianisten mit Georges Braque wurde von insgesamt 100.000 digitalen Besucher:innen gesehen. Darüber hinaus wurden die Vertriebsmöglichkeiten durch ein neues Kassensystem und einen neuen Online Shop in Kooperation mit Eventim optimiert und die Mess- und Steuerung der Klimatechnik noch einmal grundlegend erneuert.
Einige Veranstaltungen konnten im Sommer erfolgreich stattfinden. Highlights waren zwei Konzerte in Kooperation mit dem Schleswig-Holstein Musik Festival mit Christan Brückner und Hideyo Harada sowie die Open-Air-Serenade des Ensembles Resonanz im Rahmen des Kultursommers Hamburg.

Ausstellungsprogramm 2022

Mit der Ausstellung Minimal Art (12. Februar bis 24. April 2022) präsentiert das Bucerius Kunst Forum herausragende Werke der US-amerikanischen Gründungsväter der Minimal Art der 1960er Jahre und stellt diese deutschen und zeitgenössischen Positionen gegenüber. Im Fokus stehen dabei die Betrachtenden und ihre individuelle Wahrnehmung der objekthaften Werke im Raum. Dadurch wird die Idee der Demokratisierung der Kunst wieder lebendig, nach der die Minimal Art von jedem:jeder gleich und ohne Vorwissen erfahren und verstanden werden kann. Die Schau konzentriert sich dafür auf sechzehn ikonische Werke, u.a. von Carl Andre, Dan Flavin, Donald Judd, Sol LeWitt, Robert Morris, Walter De Maria, Imi Knoebel, Charlotte Posenenske, Gerold Miller, Frank Gerritz und Jeppe Hein, um jedem der raumgreifenden Objekte den angemessenen Platz zu geben. Die Auswahl der paradigmatischen Werke macht sowohl die wesentlichen Merkmale der Minimal Art als auch die charakteristischen Besonderheiten im Oeuvre der jeweiligen Künstler:innen nachvollziehbar. Dabei handelt es sich um Leihgaben aus bedeutenden deutschen Museen und Privatsammlungen wie der Seibt Collection. Die Ausstellung wird gefördert von Edel Germany GmbH sowie Dr. Till Kleinstück und Dr. Marcus Reski.
Herbert List. Das magische Auge (14. Mai bis 11. September 2022) ist die erste internationale Gesamtschau des in Hamburg geborenen Fotografen Herbert List (1903-1975) seit mehr als zwei Jahrzehnten. Die Retrospektive spannt den Bogen von seinen surrealistischen Werken vor 1945 über seine bildgewordenen Träume einer lebendigen Antike und die umfassenden Bildreportagen außereuropäischer Kulturen bis zu den Männerakten, mit denen List ein Bekenntnis zur eigenen Homosexualität ablegte. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit dem dem List-Archiv des Münchner Stadtmuseums und dem Herbert List Estate und umfasst zirka 220 Originalaufnahmen aus dem Zeitraum von 1930 bis 1965. Sie ist der Beitrag des Bucerius Kunst Forums zur 8. Triennale der Photographie Hamburg 2022. Die Ausstellung wird vom Bankhaus Lampe KG und Lampe Asset Management GmbH gefördert.
Die Ausstellung Die neuen Bilder des Augustus (8. Oktober 2022 bis 15. Januar 2023) thematisiert einen zentralen Aspekt antiker Bildkultur: den regelrechten Bilderboom, der sich unter dem ersten römischen Kaisers Bahn bricht. Im Fokus der von Prof. Dr. Andreas Hoffmann und Prof. Dr. Annette Haug kuratierten Ausstellung steht ein neues Verständnis von Bildsprache, -strategien, -medien und -materialien dieser Zeit. Augustus markierte einen Wendepunkt in der römischen Geschichte. Als erster Kaiser (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) besaß er nicht nur eine immense Macht, sondern bediente sich auch neuartiger Kommunikationsstrategien. Er machte sich einige neue Trends im Umgang mit Bildern zu eigen und förderte damit den Bilderhype weiter. Bildsprache, -strategien, -medien und -materialien werden in der Ausstellung anhand von knapp 200 Objekten – Statuen, Büsten, Reliefs, Wandgemälden, Mosaiken, Münzen, Schmucksteinen und Keramiken – sichtbar gemacht.

Vermittlungsprogramm 2022

Das Vermittlungsprogramm des Bucerius Kunst Forums bietet neben dem umfangreichen Vortragsprogramm des Hauses und klassischen Führungen spezifische Angebote für alle Altersgruppen an. Für Kinder und Familien besteht durch die Reihen Kunstspione, Kunst und Kegel und Offenes Atelier regelmäßig die Möglichkeit, unkompliziert und altersgerecht die Themen der Ausstellung zu erleben. Jeden 1. Sonntag im Monat findet unter dem Titel Kunstspione eine Familienführung statt, jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat ist Kunst und Kegel als Ausstellungsführung außerhalb der Öffnungszeiten auf Eltern mit Babys zugeschnitten und das Offene Atelier bietet einmal monatlich die Möglichkeit für alle Altersgruppen, kostenfrei im Atelier zu malen, zu basteln und zu werkeln. Ungewöhnliche Formate sind für Erwachsene mit Kunst und Popup Yoga sowie Achtsamkeitsführungen geschaffen worden. In Verbindung mit der Kunst dienen sie der Entschleunigung und dem besonderen Zusammentreffen von Besucher:in und Kunst. Sie finden zu jeder Ausstellung statt. Ein umfangreiches Angebot besteht für die Zusammenarbeit mit Hamburger Schulen: Lehrer:innenfortbildungen, Museumsgespräche und Workshops, das Führungsformat Schüler:innen führen Schüler:innen und das Projekt Kunstpioniere, das in Kooperation mit der Behörde für Schule und Berufsbildung realisiert wird. Auch für Kitas gibt es ein altersspezifisches pädagogisches Programm mit Führungen, Museumsgesprächen sowie praktischer Kunstvermittlung, denn schon die Kleinsten können die Ausstellungen erleben und selbst kreativ werden.

Quelle: buceriuskunstforum.de

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