Im Dunst des Kohlekraftwerks erlebt Moorburg gerade einen echten Aufschwung in Sachen Kunst und Kultur. Mit dabei die Berliner Fotografin Andrea Künzig. Ihr Thema: Natur.
Zurück zur Natur? Vielleicht auch nur ein beschaulicher Zwischenstopp für die preisgekrönte Fotografin Andrea Künzig. Lange fand sie in der weiten Welt ihre Motive, jetzt nach ihrer Rückkehr nach Deutschland quasi vor der Haustür.
Schon in ihrem Studium legte sie einen Schwerpunkt auf Nahost, lebte anschließend eine Weile in Jerusalem und von 2010 bis 2014 in der Türkei, heute wieder in Berlin. Wird sie bleiben oder wieder in die Fremde ziehen, mit der sie so vertraut ist?
Sie wurde vielfach ausgezeichnet für ihre Arbeiten, die in zahlreichen Krisengebieten entstanden, u. a. für National Geographic und viele weitere renommierte Magazine. In etlichen Ländern der Welt war sie unterwegs und warf einen kritischen Blick auf sozialpolitische und humanitäre Themen.
Umso mehr überraschen ihre Ansichten in der Ausstellung NATURE_up side down. In ihrem aktuellen Projekt findet die Fotografin eine andere Ebene, um den Zusammenhang zwischen uns und unserer Sichtweise zu verdeutlichen und zu einem Perspektivwechsel einzuladen.
Es ist ein sehr persönliches Projekt, dem sie sich seit einem Jahr widmet und dabei im ersten Teil ihre Kamera auf die Wipfel der Bäume im heimischen Wald richtet. Sie setzt sich dabei mit Orten ihrer eigenen Geschichte auseinander, kehrt zurück zu ihren Wurzeln.
Im Wald entdeckt sie einen ursprünglichen Lebensraum ihres Geburtslandes neu.
„Seit längerer Zeit hat sich mein Verhältnis zur Natur intensiviert. Damit einher ging ein neuer Blickwinkel auf die Welt, auf Chaos und Ordnung, dessen Ergebnisse mich selbst überrascht haben“, sagt Künzig zu ihrer neuen Arbeit.
Was zunächst wie ein Rückzug ins Private erscheint, bleibt weder dort noch beim rein Ästhetischen stehen. Es entstanden Naturfotografien, deren ästhetische Kompositionen aus einer immensen Bandbreite aus Farben, Formen und Beziehungen schöpfen. Im Gewirr der Äste, in der Komplexität der Strukturen findet Andrea Künzig steten Wandel, Anmutungen eines Sozialsystems im organischen Gefüge des Waldes sowie Zeichen menschlicher Eingriffe – von Forstwirtschaft bis Klimawandel.
Insbesondere aber durch den Verzicht auf eine klar definierte Zentralperspektive mit fest gefügtem Horizont erobert die Fotografin neue Wahrnehmungsräume: Der Blick in die Baumwipfel erweitert die Vielfalt möglicher Betrachtungsweisen; die so entstandenen Fotografien zeigen kein fest definiertes Oben und Unten, können variabel gehängt und betrachtet werden. Ein Chaos aus Perspektiven wird so zum kreativen Impuls: Dem Betrachter wird die Gelegenheit geboten, verschiedene Standpunkte einzunehmen, der Vielfalt Raum zu geben.
Mir kommt ihr Wechsel in den Wald sehr gelegen, denn dort unter Bäumen suche und finde ich selbst oft Erholung und andere Blickwinkel.
Im Stillen frage ich mich, was mag ihr Kraft gegeben haben in Gebieten, wo Staub und Steine vorherrschen? Oder habe ich ein falsches bzw. einseitiges Bild von fernen Ländern und fremden Kontinenten? Am besten frage ich sie selbst, am 26. April.
Die Ausstellung kann sich sehen lassen: Die vielfach ausgezeichnete Fotografin, die schon international ausgestellt hat, zeigt ihre Werke im malerischen Moorburg!
Vernissage: 26.4.2018, ab 18 Uhr
Die Ausstellung NATURE_up side läuft vom 27. April bis 10. Juni 2018, Moorburger Elbdeich 263, 21079 Hamburg, Öffnungszeiten: Sa / So 11 bis 18 Uhr