Der Neue BFF-Förderpreis 2020 zeichnete Nachwuchsfotografie aus

„ebenda“ in Steilshoop

Das Foto "Ungeliebte Pflanze" des Preisträger-Duos Cordes & Heldt

Der Berufsverband der Fotografen suchte wieder nach Talenten der Nachwuchsfotografie und wurde fündig in den Betonburgen von Steilshoop. Denn dort fotografierten Marina Cordes und Signe Heldt …

 

Der Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e. V. (BFF) gab am 15. Mai die Preisträgerinnen des Neuen BFF-Förderpreises 2020 in einer digitalen Präsentation bekannt. Die im Rahmen des BFF-Mentoring-Programms realisierten 12 Fotokonzepte werden in einer digitalen Ausstellung und voraussichtlich Anfang Oktober mit einer feierlichen Preisverleihung in Zingst präsentiert.

Der Neue BFF-Förderpreis kürt 2020 zum dritten Mal die besten jungen Nachwuchsfotograf*innen. Das praxisorientierte Förderprogramm für Studierende, das der BFF wieder gemeinsam mit Premiumpartner Olympus und dem Umweltfotofestival »horizonte zingst« ausgelobt hat, steht diesmal unter dem Motto „elementar“. Die Auszeichnungen, die erstmals in drei Kategorien verliehen werden, gehen gleichrangig an Tamara Eckhardt für „Children of Carrowbrowne“, Laura Stromp für „Origin“ und das Fotografinnen-Duo Marina Cordes & Signe Heldt für „ebenda“.

Die Arbeiten der Preisträgerinnen werden aufgrund der Coronavirus-Pandemie in digitaler Form am 15. Mai um 10 Uhr der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Preisverleihung findet voraussichtlich Anfang Oktober in der Ausstellung „Ausgezeichnet! Der Neue BFF-Förderpreis 2020“ mit allen zwölf Fotoserien der Finalist*innen in Zingst statt.

Insgesamt hatten sich mehr als 130 Studierende der Fotografie mit ihren Ideen zum Thema „elementar“ um die Teilnahme am Neuen BFF-Förderpreis 2020 beworben. Den Gewinnerinnen ist die Umsetzung des Leitgedankens in besonderer Weise gelungen. Ihre fotografisch herausragenden Bildstrecken visualisieren gesellschaftlich relevante Fragestellungen und laden ein, die Sichtweisen und Gedankengänge der Fotografinnen nachzuvollziehen. Die Auswahl der Siegerinnen fiel der Jury nicht leicht, denn die Serien sind ausnahmslos von hohem Niveau.

„Da alle Teilnehmer*innen nach einer intensiven Jurydiskussion annähernd gleich viele Stimmen gewinnen konnten, wollen wir jede Arbeit angemessen präsentieren“, sagt Frank Stöckel, BFFVorstandssprecher. „So sehr die Corona-Krise die Preisverleihung beeinflusst, so wenig spiegelt sich die Pandemie in den Fotoarbeiten wider. Denn zum Zeitpunkt der Ausschreibung war Covid-19 noch kein Thema. In diesem Kontext zeigen die zwölf entstandenen Fotostrecken eindrucksvoll, dass Corona nur eine von vielen elementaren Herausforderungen ist, die unser Zusammenleben gegenwärtig prägen. Die hohe Qualität der Bildstrecken ist dabei auch das Ergebnis des intensiven Austauschs der Studierenden mit ihren BFF-Mentor*innen. Auch hierbei kam das diesjährige Förderpreis-Thema zum Tragen. Das intensive Miteinander während der Workshops, die gemeinsame verdichtende Arbeit an den Fotoserien war elementar für uns alle.“

„elementar“ – Denkanstöße für die Welt von morgen

Mit dem Neuen BFF-Förderpreis will der BFF dem fotografischen Nachwuchs und dessen Spektrum an bedeutenden Konzepten eine Öffentlichkeit geben. Gewünscht sind Denkanstöße für den Blick auf die Welt von morgen. Bei der Realisierung ihrer Projekte werden die Studierenden im Rahmen eines praxisbezogenen Förderprogramms von BFFProfessionals mit viel Engagement und Know-how unterstützt. Die ehrenamtlich tätigen BFFMentor*innen und die Workshops in Hamburg und Zingst erwiesen sich dabei erneut als wertvolle Stütze für den erfolgreichen Projektabschluss.

Die von der Fachjury ausgewählten Preisträgerinnen und Finalist*innen

Aus Hamburg zählt das Duo Marina Cordes und Signe Heldt mit der Bildserie „ebenda“ in der Kategorie „Künstlerische Fotografie“ zu den Preisträgern. „ebenda“ ist eine Erzählung vom familiären Zusammenleben in der Großwohnsiedlung Steilshoop in Hamburg. Zweieinhalb Quadratkilometer groß, 19.500 Einwohner*innen. Zwischen 1969 und 1975 als Maßnahme gegen den Wohnraummangel realisiert. Damals als Ideallösung und soziale Utopie verstanden, hat sich das gesellschaftliche Bild von Großwohnsiedlungen inzwischen überwiegend negativ gewandelt. Über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren lernten die Fotografinnen Familien kennen, die diese Siedlung ihr Zuhause nennen. Sie suchten Nähe, hinterfragten die gesellschaftlichen Vorstellungen und nahmen an intimen Alltagsszenen teil. Die Bilder, auf denen sich die herbe Schönheit einer dichten Architektur mit idyllischem Grün mischt, laden zu eigenen Interpretationen über das Leben im Viertel ein. Cordes und Heldt studieren an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Kommunikationsdesign, Fotografie.

Ungeschönt und trotzdem ästhetisch sind die Porträts der „Children of Carrowbrowne“, die Tamara Eckhardt am Stadtrand von Galway in Irland aufgenommen hat. Neben einer Mülldeponie haben die Traveller ihre Siedlung aus Wohnmobilen und Behelfsbehausungen errichtet. Gesellschaftlich stigmatisiert leben die Menschen hier unter einfachsten Bedingungen. Einfühlsam begegnet die Fotografin den Kindern, bildet Momente der Nachdenklichkeit ebenso ab wie Spiel und Interaktion. Die Perspektive auf die Figuren im Raum und ihre Positionierung auf der Bildfläche sind schlicht und spannungsvoll. Durch alle Aufnahmen zieht sich als roter Faden die Frage des Erwachsenwerdens, die hier mehr noch als anderswo auch Unsicherheit bedeutet. Gerade die absolut menschlich gesehenen Porträts aber deuten auch hoffnungsvoll in die Zukunft.

Die Zukunft – vielleicht sogar die Gegenwart? – von Dating und Partnerschaft in virtuellen Welten beschäftigt Laura Stromp in ihrer Arbeit „Origin“. Als erzählerische Tableaus inszeniert die Fotografin Figuren in seltsam ungelenker Haltung an hochartifiziellen Orten. Obwohl physisch anwesend, scheinen die Personen – oder sind es Androiden – ihre Aufmerksamkeit ganz auf ihre Existenz in alternativen Realitäten zu konzentrieren. Viele von ihnen tragen Accessoires wie VR-Brille, Smartphone oder Selfiestick, die sie als mediale Nabelschnüre mit ihren Onlineprofilen und Avataren verbinden – oder ist es andersherum? Die

Arbeit mit den Models, reale und virtuelle Locations, die Requisite, das Licht und die Post Production greifen perfekt ineinander, brechen mit unseren Sehgewohnheiten und lassen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Virtualität verschwimmen.

Preisträgerinnen in den Kategorien im Überblick:

  • Marina Cordes & Signe Heldt: „ebenda“ (Kategorie: Künstlerische Fotografie)
  • Tamara Eckhardt: „Children of Carrowbrowne“ (Kategorie: Dokumentarfotografie / Reportage)
  • Laura Stromp: „Origin“ (Kategorie: Angewandte Fotografie / Design)

Die Fachjury

Thomas Gerwers / Publizist, Chefredakteur ProfiFoto, Sebastian Lux / Stiftung F.C. Gundlach, Linn Schröder / Professur für Fotografie, HAW Hamburg, Department Design, Frank Stöckel / Fotodesigner, Vorstandssprecher des BFF, DGPh, Klaus Tiedge / Verleger, Kurator Umweltfotofestival »horizonte zingst«, Frances Uckermann / Kreativ-Direktorin Die Mentor*innen / BFF-Professionals Jens Bösenberg, Asja Caspari, Sonja Hofmann, Maximilian König, Sascha Kraus, Klaus Lange, Oliver Mark, Florian W. Müller, Julie Nagel, Bernd Opitz, Jörg Rothhaar, Götz Schleser, Jörg Schwalfenberg, Julia Marie Werner, Fiene Wollstadt

Preise / Förderinhalte

  • Auszeichnung „Der Neue BFF-Förderpreis“ für die beste Arbeit in drei Kategorien
  • 3 Preisträger*innen erhalten vom BFF-Premiumpartner Olympus gestiftete Preise im

Gesamtwert von über 8.000 Euro (je ein Kamera-Kit bestehend aus Olympus OM-D E-M1 Mark III bzw. M5 Mark III Kit (mit M. Zuiko Digital ED 12-40mm F2.8 PRO))

  • Alle Finalist*innen erhalten je ein Adobe Creative Cloud-Komplett-Abo, Jahreslizenz
  • Die Arbeiten der Finalist*innen werden in einer eigenen Publikation vorgestellt

Ausstellungspräsentation mit allen Finalist*innen

  • Alle Finalist*innen erhalten auf Wunsch eine kostenfreie BFF-Student-Mitgliedschaft

Termine: »Ausgezeichnet – Der Neue BFF-Förderpreis 2020«

Da das Umweltfotofestival »horizonte zingst« infolge der Coronavirus-Pandemie dieses Jahr nicht stattfinden kann, werden die Fotoarbeiten der Finalist*innen zuerst in digitaler Form und zu einem späteren Zeitpunkt in Zingst präsentiert.

  • Digitale Bekanntgabe der Preisträgerinnen: 15.05., 10 Uhr, unter foerderpreis.bff.de
  • Preisverleihung und Ausstellungseröffnung in Zingst: Anfang Oktober (vorauss.)
  • Weitere Ausstellungsdaten werden rechtzeitig bekanntgegeben

Hintergrund

Der Neue BFF-Förderpreis knüpft seit 2017 an den früheren BFF-Förderpreis (gegr. 1988) an, der

zu den renommiertesten Nachwuchs-Fotowettbewerben weltweit zählte und als Seismograph für junge fotografische Strömungen galt. Das neue Konzept bietet Nachwuchsfotograf*innen alljährlich ein attraktives praxisnahes Förderprogramm, in dessen Zentrum ein Workshop- und Mentoring-Programm mit erfahrenen BFF-Professionals und Expert*innen aus Verlag, Werbung, Kreation und Kunstmarkt sowie dem Umweltfotofestival »horizonte zingst« steht. Um die Teilnahme bewerben können sich Studierende ab dem 4. Semester der Fächer Fotografie, Foto-Design, Kommunikationsdesign und Visuelle Kommunikation, die an einer staatlich anerkannten Hochschule oder Ausbildungsstätte in Deutschland, Österreich oder der Schweiz eingeschrieben sind.

 

Mehr Informationen unter www.foerderpreis.bff.de; facebook.com/derneuebfffoerderpreis; instagram.com/der_neue_bff_foerderpreis

 

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