Rechtslage bei vereinsinternen Streitigkeiten

Kann ein Notvorstand bestellt werden?

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Ist der vertretungsberechtigte Vorstand eines Vereins nicht vollständig besetzt, kann es sein, dass ein sogenannter Notvorstand bestellt werden muss.

Das Vereins- und Stiftungszentrum informiert über mögliche Regelungen in der Vereinsarbeit:

„Ist der vertretungsberechtigte Vorstand eines Vereins nicht vollständig besetzt, kann es sein, dass ein sogenannter Notvorstand bestellt werden muss. Dies gilt maßgeblich dann, wenn sich der Verein mit einem dringenden Problem konfrontiert sieht und er wegen des unvollständigen Vorstands in dieser Lage ansonsten nicht handlungsfähig ist.

Wann aber liegt solch ein dringender Fall vor und in welchen Fällen ist die Bestellung eines Notvorstands nicht unbedingt geboten. Einen Fall hierzu hatte das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe zu entscheiden (Beschluss vom 16.07.2024, Az. 19 W 29/24 (Wx).

Allgemeines zum Notvorstand

Die Möglichkeit der Bestellung eines Notvorstands ist gesetzlich geregelt: In dringenden Fällen kann – soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen – auf Antrag beim zuständigen Registergerichts ein Notvorstand bestellt werden. Somit soll gewährleistet werden, dass der Verein weiterhin handlungsfähig bleibt.

Ein dringender Fall im Sinne des Gesetzes kann zum Beispiel dann vorliegen, wenn der Verein Partei in einem Rechtsstreit ist und am Verfahren sonst nicht mitwirken kann oder aber eine Zwangsvollstreckung zu befürchten ist. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutende oder gar existenzielle Anliegen können Grund zur Bestellung eines Notvorstands sein. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn Zweifel an der Kompetenz eines im Amt befindlichen Vorstandsmitglieds bestehen oder einfach nur Uneinigkeit über die „richtige“ Art und Weise der Geschäftsführung herrscht.

Notvorstand kann etwa ein Mitglied des Vereins oder ein Externer sein. Einmal bestellt, bleibt der Notvorstand im Amt, bis der zugrundeliegenden Mangel behoben worden ist. Ausführliche Informationen zum Thema Notvorstand gibt es in diesem Videobeitrag.

Der Fall: Vorstand nicht vollständig besetzt

Im zugrundeliegenden Fall wurde über das Vermögen eines Golfvereins das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Vorstand des Vereins war zu diesem Zeitpunkt unvollständig besetzt. Nur der Vorsitzende als eines von zwei in der Satzung vorgesehenen Vorstandsmitgliedern war – lediglich kommissarisch – im Amt. Allerdings war dieser einzelvertretungsberechtigt, konnte somit auch ohne die Zustimmung eines weiteren Vorstandsmitglieds rechtsverbindliche Erklärungen für den Verein abgeben.

Angesichts des laufenden Insolvenzverfahrens wurde von drei anderen Beteiligten beim Amtsgericht beantragt, eine weitere Person zum Vorstand zu bestellen. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass der amtierende Vorsitzende die ordnungsgemäße Geschäftsführung verweigere und auch keine Mitgliederversammlung mehr einberufen würde. Auch würden dem Insolvenzverwalter wichtige Informationen vorenthalten und es bestünden ansonsten auch weitere Unstimmigkeiten.

Unstimmigkeiten im Verein kein dringender Grund für Bestellung eines Notvorstands

Nachdem bereits das Registergericht den Antrag auf Bestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds mangels eines dringenden Grundes abgelehnt hatte, entschied auch das OLG Karlsruhe, dass die Bestellung eines Notvorstands hier nicht notwendig ist.

Das Gericht stellte heraus, dass die Bestellung eines Notvorstands nicht dazu dient, um in vereinsinterne Streitigkeiten einzugreifen. Sofern Unzufriedenheit mit der Art und Weise der Amtsführung durch den amtierenden Vorstand besteht, müssen die Mitglieder die in der Satzung geregelten Mittel ausschöpfen, um das Problem zu lösen. So kann beispielsweise auf die Einberufung einer Mitgliederversammlung zum Zwecke der Neuwahl hingewirkt werden. Sollte der Vorstand diesem Anliegen nicht nachkommen, ist hier auch die (zwangsweise) Einberufung der Mitgliederversammlung auf Verlangen einer Minderheit denkbar. Weitere Informationen zum sog. „Minderheitenbegehren“ gibt es in diesem Videobeitrag.

Unvollständiger Vorstand: Notvorstand nicht grundsätzlich erforderlich

Das Gericht wertete auch den Umstand, dass der Vorstand nicht vollständig besetzt war, nicht als alleinig zur Bestellung eines Notvorstands ausreichend. Zwar kann die Satzung vorgeben, wie sich der Vorstand zusammenzusetzen hat. Jedoch kommt es hier – jedenfalls, sofern es um die Handlungsfähigkeit des Vereins geht – auf die konkreten Vertretungsregelungen an. Im vorliegenden Fall konnte der Vorstand die für ihn in der Satzung vorgesehenen Aufgaben aufgrund seiner Einzelvertretungsbefugnis weiter erledigen. Somit bildete der Vorsitzende entgegen der Satzungsregelungen allein den Vorstand.“

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