Das Thema Scheinselbstständigkeit ist auch von Vereinen sorgfältig im Blick zu behalten. Das rät zumindest das Vereins- und Stiftungszentrum in einem neuen Beitrag.
In dem Artikel bezieht sich das Zentrukm vor allem auf selbständige Kursleiter und deren Gefahr der Scheinselbstständigkeit. In dem Beitrag heißt es:
„Verdeutlicht wird dies unter anderem durch eine Reihe von in der jüngsten Vergangenheit getroffenen gerichtlichen Entscheidungen. Nicht selten wurde dabei die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung etwa von auf Honorarbasis eingesetzten Personen festgestellt, was zum Teil erhebliche Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Folge hatte. Gerade mit Blick auf die finanzielle Situation vieler Vereine kann dies drastische Konsequenzen mit sich bringen.
Eine weitere Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) zeigt einerseits, wie schnell es einen „erwischen“ kann, verdeutlicht dabei aber auch, auf welche Kriterien es bei der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung ankommt (Beschluss vom 18.08.2023, Az. L 7 BA 72/23 B ER).
Das grundlegende Problem
Auch in Vereinen sind nicht selten Personen auf Basis von Honorarverträgen etwa als Kursleiter beschäftigt. Diese erhalten dabei üblicherweise eine Stundenvergütung. Kommt es nun zu einer Betriebsprüfung und erfolgt eine Vergütung oberhalb der Grenzen der Ehrenamtspauschale bzw. des Übungsleiterfreibetrages, besteht das Risiko, dass eine abhängige Beschäftigung festgestellt wird. Die Folge: Der Verein muss Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
Grundsätzlich obliegt es dem Vorstand, die sozialversicherungspflichtige Einordnung im Zusammenhang mit für den Verein tätigen Personen vorzunehmen. Gerade im Zusammenhang mit Honorarkräften im Verein ist genaustens zu prüfen, wie sich die Lage darstellt. Unklarheiten sind erforderlichenfalls im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund auszuräumen.
Der Fall zur Entscheidung des LSG
In einem Fitnessstudio wurden Trainer als freie Mitarbeiter eingesetzt, welche in den Räumen des Studios, Kurse anboten. Die Trainer rechneten dann nach Maßgabe des vereinbarten Stundensatzes gegenüber dem Fitnessstudio ab. Nun kam es zum beschriebenen Problem. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die Vereinbarungen über die freie Mitarbeit beanstandet und als abhängig und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen eingeordnet. Gegen die nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge ging das Fitnessstudio gerichtlich vor.
Auch wenn es hier um Kursleiter in einem Fitnessstudio geht, ist doch der Maßstab zur Bewertung der Beschäftigung von im Verein auf Grundlage freier Mitarbeit eingesetzten Personen vergleichbarem Maße anzulegen.
Entscheidung zu Bewertungsmaßstäben
zur Einordnung der Beschäftigung
In zweiter Instanz bestätigte auch das LSG das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Auch im Rahmen dieser Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass stets die Umstände des Einzelfalls für eine Bewertung maßgeblich sind. Dabei kommt es nicht nur auf die „Eingliederung des Betreffenden in den Betrieb des Auftraggebers“ an, sondern auch auf das „Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit beim Auftragnehmer mit entsprechendem unternehmerischen Risiko einerseits und unternehmerischer Gewinnchancen andererseits“.
Im Wesentlichen untersetzt das LSG die Entscheidung folgendermaßen:
„Die Fitnesstrainer seien auch als Kursleiter allesamt nach Annahme des Kursleitungsauftrages in die betriebliche Organisation des Fitnessstudios eingebunden gewesen. Das Studio habe das Angebot an Trainingsmöglichkeiten und Kursen bestimmt, ebenso, ob Kurse bei fehlender Auslastung nicht stattfanden, und habe die Kunden akquiriert. Die Kursleiter hätten lediglich die Aufgabe gehabt, das vorgegebene Programm auszufüllen. Die Kursleiter hätten nicht nach eigenem Gutdünken das Kursangebot verändern oder durch andere Kurse ersetzen können. Die Kurse seien in den Räumlichkeiten des Studios durchzuführen gewesen. Die Kursleiter hätten damit faktisch keine unternehmerischen Gestaltungsfreiheiten gehabt. Die Kursleiter seien zudem nach Stunden bzw. geleisteten Minuten bezahlt worden. Hieraus ergebe sich kein Unternehmerrisiko, da geleistete Arbeit stets vergütet worden sei.“
Merkmale der Scheinselbstständigkeit
Die Deutsche Rentenversicherung Bund weist auf ihrer Website unter anderem auf folgende Punkte im Zusammenhang mit Scheinselbstständigkeit hin:
- Sie haben die uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten;
- Sie müssen bestimmte Arbeitszeiten einhalten;
- Sie haben die Verpflichtung, dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte zukommen zu lassen;
- Sie arbeiten in den Räumen des Auftraggebers oder an von ihm bestimmten Orten;
- Sie haben die Verpflichtung, bestimmte Hard- und Software zu benutzen, sofern damit insbesondere Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers verbunden sind.
Weiter heißt es: „Tatsächlich selbstständig sind Sie, wenn Sie das unternehmerische Risiko in vollem Umfang selbst tragen und Ihre Arbeitszeit frei gestalten können. Der Erfolg Ihres finanziellen und persönlichen Einsatzes ist dabei ungewiss und hängt nicht von dritter Seite ab.“
Quelle: vereine-stiftungen.de/ratgeber