Vereinsinfo zur privaten Haftung des Vorstands für Fördermittel

Wo ist das Geld geblieben?

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Zuwendungen der öffentlichen Hand sind bei vielen Vereinen die größten Summen, die sie bewegen. Entsprechend gravierend wären die Folgen, wenn der Zuwendungsgeber wegen einer Mittelfehlverwendung Fördermittel zurückfordert.

 Aber können dann auch Vorstandsmitglieder privat in Haftung genommen werden? Ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Bremen stellt klar: Eine solche Inanspruchnahme von Vorstandsmitgliedern ist die Ausnahme (Urteil vom 22.03.2018, 5 K 343/17). Ein Verein in Bremen hatte Fördermittel von der Senatsverwaltung erhalten. Der angestellte Verwaltungsleiter veruntreute Gelder, indem er ungerechtfertigte Gehaltszahlungen an seine Ehefrau vornahm. Als der Verein keine hinreichenden Verwendungsnachweise vorlegte und die Veruntreuung der Geldern offenbar wurde, widerrief die Senatsverwaltung den Zuwendungsvertrag und verlangte Fördermittel und Zinsen in Höhe von über 150.000 Euro zurück.

Der Verein war mittlerweile zahlungsunfähig und hatte Insolvenzantrag gestellt. Die Senatsverwaltung nahm daraufhin die vier Vorstandmitglieder persönlich in Anspruch. Der Vorstand sei persönlich haftbar, weil er gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen habe. Außerdem habe er seine Geschäftsführungspflichten verletzt. Damit greife auch die gesetzliche Haftung nach §§ 823 und 826 BGB (Delikthaftung). Dagegen klagte ein Vorstandsmitglied und bekam vor dem VG Recht. Das VG prüfte verschiedene denkbare Haftungsgründe und sah keine Grundlage für eine Durchgriffshaftung.

Keine Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung

Eine Durchgriffshaftung kommt in Betracht, wenn das Vermögen der Gesellschaft (Verein) und das Privatvermögen eines (faktischen) Gesellschafters wegen Vermischung nicht hinreichend voneinander getrennt werden können. Eine solche Verschleierung der Trennung des Vereinsvermögens vom Privatvermögen des Vorstandsmitglieds konnte das VG aber nicht erkennen. Eine unzureichende Buchführung sei keine ausreichende Grundlage für eine Durchgriffshaftung. Haftungsgrund ist hier nämlich nicht die mangelhafte Buchführung, Es müsse eine „Vermögensvermischung“ vorliegen, die die Kapitalschutzvorschriften missachtet und zu einer Unkontrollierbarkeit der Zahlungsvorgänge führt, bei der das Vermögen der Gesellschaft und des Gesellschafters nicht mehr unterschieden werden können.

Kein Rechtsformmissbrauch

Die Senatsverwaltung – so das VG – wusste um die Organisationsform des Zuwendungsempfängers als Idealverein und gewährte trotzdem Fördermittel. Da sich der Verein ausschließlich aus Projektfördermitteln finanzierte, musste ihr klar sein, dass sie das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des Vereins trägt. Ein Rechtsformmissbrauch würde voraussetzen, dass der Verein als juristische Person rechtsmissbräuchlich vorgeschoben und damit gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen wurde.

Nur erhebliche Organisationsmängel führen zur Haftung

Die unzureichende Organisation der Buchführung und mangelnde Überwachung des eingesetzten Verwaltungsleiters reichten nicht aus, um ein Organisationsverschulden zu begründen. Eine Durchgriffshaftung – so das VG – verlangt ein qualifiziert schuldhaftes Verhalten, das besonders schützenswerte Gläubigerinteressen schädigt. Es fehlte aber nicht jegliche Organisation oder Kontrolle der Buchhaltung. Der Vorstand hatte die Überweisungen des Verwaltungsleiters kontrolliert, die Veruntreuung war aber nicht ohne weiteres zu erkennen, weil die Lohnzahlungen als Sammelüberweisung erfolgten.

Keine gesetzliche Haftung

Auch für eine gesetzliche Haftung nach § 823 BGB konnte das Gericht keine Grundlage erkennen. Es ergab sich auch keine sogenannte Organaußenhaftung nach § 823 Abs. 1 BGB. Es fehlte dazu eine der dort genannten Rechtsgutsverletzungen. Die Forderung der Senatsverwaltung stellte einen nicht ersatzfähigen „reinen Vermögensschaden“ dar. Auch einen Verstoß gegen Schutzgesetze nach § 823 Abs. 2 BGB konnte das Gericht nicht erkennen. In strafrechtlicher Hinsicht lag beim Vorstand weder Betrug noch Untreue vor. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren war von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung besteht nach § 27 Abs. 3 BGB nur gegenüber dem Verein – nicht nach außen. Sie ist daher kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

Haftung nur bei grober Pflichtverletzung

Das VG stellt aber auch klar, dass eine private Haftung der Vorstandesmitglieder bei grober Pflichtverletzung durchaus in Frage kommt. Wenn der Vorstand seinen Buchführungs- und Kontrollpflichten aber im Wesentlichen nachkommt, fehlt dafür die Grundlage. Neben der Außenhaftung (hier dem Zuwendungsgeber gegenüber) kann aber auch eine Innenhaftung gegenüber dem Verein bestehen. Der Verein könnte also für den Schaden, der durch eine Rückzahlung von Fördermitteln entsteht, den Vorstand in Regress nehmen.

Quelle: Vereinsinfobrief Nr. 352 (13/2018), verantwortlich für den Inhalt: Wolfgang Pfeffer www.vereinsknowhow.de.

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