Was das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Online-Angebote bedeutet

Barrierefreiheit im Kulturbetrieb

Barrierefreie digitale Angebote werden Alltag. (Foto: DBV)

Ab dem 28. Juni 2025 tritt eine wichtige Änderung in Kraft, die unsere digitale Welt noch zugänglicher machen soll: das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG).

Dieses Gesetz verpflichtet erstmals auch private Unternehmen, bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten. Doch was genau heißt das für Sie als Anbieter von Kultur und kultureller Bildung? Wir entschlüsseln es …

Was ist das BFSG und wen betrifft es?

Im Kern geht es darum, dass Produkte und Dienstleistungen so gestaltet werden müssen, dass sie für alle Menschen, unabhängig von körperlichen Einschränkungen, zugänglich und nutzbar sind. Für die Kulturbranche sind hier vor allem zwei Punkte relevant:

  1. Digitale Produkte: Wenn Sie E-Books oder E-Book-Reader anbieten, müssen diese barrierefrei sein. Das betrifft vor allem Verlage, aber auch Bibliotheken mit digitalen Angeboten.
  2. Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr: Das ist der weitaus größere Punkt für die meisten Kultureinrichtungen. Gemeint ist jeder Handel mit Waren und Dienstleistungen über das Internet.

Das Gesetz gilt nicht für jede kleine Initiative. Es richtet sich an Unternehmen – egal ob privat oder gemeinnützig –, die:

  • mehr als zehn Vollzeit-Beschäftigte haben UND
  • einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von über zwei Millionen Euro aufweisen UND
  • sich mit ihren Angeboten an die allgemeine Öffentlichkeit richten (B2C – Business to Consumer).

Was bedeutet das konkret für Ihre Website und Ticketshops?

Der Knackpunkt ist der Online-Vertragsabschluss. Wenn auf Ihrer Website ein sogenannter „Verbrauchervertrag“ abgeschlossen werden kann, müssen die entsprechenden Bereiche barrierefrei sein. Es reicht schon aus, wenn eine elektronische Bestellung oder Reservierung möglich ist – die Bezahlung muss nicht zwingend online erfolgen. Manuell geschriebene E-Mails für Bestellungen fallen nicht darunter.

Ganz praktisch heißt das:

  • Ticketverkauf und -reservierung online: Wenn Sie einen Ticketshop oder eine Reservierungsfunktion auf Ihrer Website anbieten, müssen diese Bereiche ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei sein. Das ist der wichtigste Punkt für die meisten Kultureinrichtungen.
  • Drittanbieter prüfen: Nutzen Sie externe Dienstleister für Ihren Online-Ticketverkauf? Dann müssen Sie sicherstellen, dass deren Service ebenfalls bis zum Stichtag barrierefrei ist. Andernfalls gilt der Buchungsdienst als „mangelhaft“, und Sie könnten Nachbesserung oder sogar Schadenersatz von Ihrem Dienstleister fordern.
  • Inhaltsseiten sind auch betroffen: Nicht nur der Shop selbst, sondern auch die Bereiche der Website, die die Angebote vorstellen, für die man Tickets bestellen oder reservieren kann (z.B. Ihr Spielplan, Ausstellungsbeschreibungen), müssen barrierefrei gestaltet sein.
  • Die „Customer Journey“: Der gesamte Weg von der Startseite bis zum Abschluss der Dienstleistung muss barrierefrei sein. Viele Einrichtungen werden feststellen, dass es am sinnvollsten ist, die gesamte Website barrierefrei zu gestalten, um dies zu gewährleisten.

Was heißt „barrierefrei“ im Sinne des BFSG?

Die genauen Anforderungen orientieren sich an international anerkannten Standards: den WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) der Stufe AA. Diese Richtlinien definieren, wie Webinhalte wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein müssen.

Wie setzen Sie das am besten um?

Ideal ist es, die Barrierefreiheit direkt bei einer Neuentwicklung Ihrer Website von Anfang an mitzudenken. Sollten Sie eine bestehende Website haben, muss im Einzelfall geprüft werden, ob und mit welchem vertretbaren Aufwand eine Anpassung möglich ist. Die Aktion Mensch bietet hierfür einen hervorragenden Einstieg und viele hilfreiche Informationen.

Was passiert, wenn man sich nicht daran hält?

Keine Sorge, es wird wahrscheinlich nicht sofort die große Welle an Bußgeldern rollen. Die Bundesländer planen eine gemeinsame Marktüberwachungsbehörde, die aber noch aufgebaut werden muss. Es sind stichprobenartige Prüfungen vorgesehen. Bei einem ersten Verstoß wird es voraussichtlich zunächst eine Aufforderung geben, den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist zu beheben.

Aber Achtung: Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro geahndet werden, und im Extremfall kann die Abschaltung des Online-Angebots angeordnet werden. Zudem sind kostenpflichtige Abmahnungen und Schadenersatzklagen durch Mitbewerber, Verbände und sogar Einzelpersonen möglich.

Fazit:

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist keine Schikane, sondern eine Chance. Eine barrierefreie Website und Online-Angebote sind nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern zeigen auch, dass Ihre Kultureinrichtung Wert auf Inklusion legt. Sie öffnen Ihre Angebote für ein breiteres Publikum und tragen zu einer vielfältigeren und zugänglicheren Gesellschaft bei.

weiterte Informationen auch hier: www.kubia.nrw

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