
Das Amt eines Vereinsvorstands ist von zentraler Bedeutung für die Führung eines Vereins. Doch wie bei jedem Amt, gibt es auch hier ein Kommen und Gehen.
Das Vereins- und Stiftungszentrum e.V. informiert über die rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Abberufung eines Vorstandsmitglieds zu beachten sind.
Wie endet das Amt eines Vorstandsmitglieds?
Es gibt verschiedene Szenarien, in denen das Amt eines Vorstandsmitglieds endet. Neben dem Ableben eines Vorstandsmitglieds, sind dies beispielsweise der Zeitablauf, das Ende der Vereinsmitgliedschaft oder der Rücktritt von seinem Amt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Abberufung.
Was bedeutet Abberufung?
Unter der Abberufung versteht man den Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitglieds durch das zuständige Gremium. In der Regel ist dies die Mitgliederversammlung. Das Vereinsrecht sieht vor, dass ein solcher Widerruf grundsätzlich jederzeit möglich ist. Allerdings kann die Satzung des Vereins den Widerruf an das Vorliegen eines wichtigen Grundes knüpfen. Solche wichtigen Gründe können beispielsweise eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung sein.
Die Voraussetzungen für eine wirksame Abberufung
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine wirksame Abberufung ist, dass der Beschluss vom zuständigen Gremium gefasst wird. Ein Beschluss eines nicht zuständigen Gremiums ist grundsätzlich nichtig. Dies wurde in einem Fall vor dem Landgericht (LG) Essen (Urteil vom 31.01.2025, Az. 2 O 234/23) deutlich.
Der Fall vor dem LG Essen
In dem besagten Fall hatte der Landesvorstand eines Verbandes ein Vorstandsmitglied abberufen. Das Gericht musste die Wirksamkeit dieses Beschlusses prüfen und beleuchtete dabei wichtige Aspekte rund um den Widerruf der Vorstandsbestellung.
Die Dame war vom Gewerkschaftstag des Verbandes (vergleichbar mit der Mitgliederversammlung eines Vereins) ordnungsgemäß in den Vorstand gewählt worden. Es kam jedoch zu Unstimmigkeiten mit Mitgliedern des Landesvorstands, der sie aufgrund ihres „gewerkschaftsschädigenden Verhaltens“ zur Niederlegung ihres Amtes aufforderte. Als die Dame dieser Aufforderung nicht nachkam, beschloss der Landesvorstand ihre Abberufung. Gegen diesen Beschluss klagte die Dame vor dem LG Essen.
Die Entscheidung des LG Essen
Das LG Essen entschied, dass der Abberufungsbeschluss unwirksam war. Allein die Tatsache, dass der Landesvorstand, der für die Abberufung nicht zuständig war, den Beschluss gefasst hatte, führte zur Nichtigkeit. Das Gericht wies in seiner Entscheidung auf weitere wichtige rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Abberufung des Vorstands hin.
Was regelt die Satzung?
Ein Blick in die Satzung des Vereins ist unerlässlich, um das Verfahren und die Zuständigkeiten rund um die Abberufung zu klären. Die Satzung kann hier detaillierte Regelungen enthalten.
Im vorliegenden Fall bestimmte die Satzung des Verbands, dass der „Gewerkschaftstag“ für die Wahl bzw. Bestätigung eines Vorstandsmitglieds zuständig war. Hinsichtlich der Abberufung bzw. Abwahl von Vorstandsmitgliedern enthielt die Satzung jedoch keine Regelungen.
Keine Satzungsregelung? Vereinsrecht gilt!
Da die Satzung des Verbands keine Aussage zur Abberufung traf, stellte das Gericht klar, dass die allgemeinen Vorgaben des Vereinsrechts gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) gelten.
Die gesetzlichen Regelungen des Vereinsrechts bestimmen, dass die Mitgliederversammlung über die Bestellung des Vorstands beschließt. Die Satzung kann hierbei ein anderes Gremium vorsehen. Im konkreten Fall lag die Zuständigkeit beim „Gewerkschaftstag“, der als Äquivalent zur Mitgliederversammlung des Vereins anzusehen ist. Somit stimmte die Satzungsregelung in diesem Punkt im Wesentlichen mit der gesetzlichen Vorgabe überein.
Wer ist für die Abberufung zuständig?
Das Gericht stellte klar, dass, sofern die Satzung keine abweichenden Regelungen trifft, grundsätzlich das Organ für die Abberufung zuständig ist, das auch den Vorstand bestellt hat. Die Übertragung dieser Kompetenz auf den Vorstand, ohne entsprechende Satzungsregelung, ist nicht zulässig. Das Gericht begründete dies wie folgt: „Der Vorstand kann jedenfalls ohne Satzungsregelung nicht ein einzelnes Vorstandsmitglied abberufen, und zwar auch nicht mittelbar, indem er das missliebige Vorstandsmitglied aus dem Verein ausschließt.“
Im vorliegenden Fall hätte also der Gewerkschaftstag über die Abberufung beschließen müssen, was jedoch nicht geschehen war. Da die Satzung keine Klausel zur Abberufung enthielt, sah das Gericht auch keine Regelungslücke, die durch Auslegung der Satzung hätte geschlossen werden müssen. Da kein anderes Gremium als dasjenige, das den Vorstand bestellt hatte, als zuständig festgestellt werden konnte, lag ein Verstoß gegen die einschlägigen rechtlichen Vorgaben vor. Die Folge ist die Nichtigkeit des Beschlusses. Das Gericht führte hierzu aus: „[… ] für das Vereinsrecht gilt der Grundsatz, dass der Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung den Beschluss nichtig macht. Zu den zwingenden Vorschriften gehören auch die satzungsmäßigen Bestimmungen über den Ausschluss eines Vereinsmitgliedes.“
Satzungsregelung zu kommissarischer Bestellung nicht für Abberufung ausreichend
Die Satzung des Verbandes sah vor, dass der Landesvorstand im Falle des (vorzeitigen) Ausscheidens eines Vorstandsmitglieds während der Amtszeit Personen kommissarisch mit der Aufgabenwahrnehmung betrauen konnte. Der Landesvorstand war in diesem Zusammenhang auch zur Beschlussfassung befugt. Das Gericht argumentierte jedoch, dass aus einer solchen Regelung nicht automatisch auf die Zuständigkeit zur Abberufung geschlossen werden kann.
Keine „Notkompetenz“ zur Abberufung wegen organisatorischer Hürden
Der beklagte Verband argumentierte, dass die Abberufung im regulären Verfahren aufgrund der Größe des Verbandes und der langen Fristen organisatorisch schwierig gewesen wäre. Das Gericht entgegnete, dass es keine „Notkompetenz“ des Vorstands in diesem Sinne gibt. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Vorstand unliebsame Mitglieder nach eigenem Ermessen ausschließt, ohne das zuständige Gremium einzubeziehen.
Keine rückwirkende Genehmigung der Abberufung durch das zuständige Gremium
In dem vorliegenden Fall hatte der Gewerkschaftstag, als das für die Abberufung zuständige Gremium, den Beschluss des Landesvorstandes „rückwirkend genehmigt“. Das Gericht stellte jedoch klar, dass dies nichts an der Nichtigkeit des ursprünglichen Abberufungsbeschlusses ändert, da er von einem nicht zuständigen Gremium gefasst wurde. Für eine solche „rückwirkende Genehmigung“ fehlt es an einer Rechtsgrundlage in der Satzung oder im Vereinsrecht. Die Abberufung wird demnach erst ab dem Zeitpunkt wirksam, an dem das zuständige Gremium den entsprechenden Beschluss fasst.

