Das Harburger Urgestein Roland Prakken zu Gast bei den 3. Literaturtagen im Süden:

Die UKU-Lese bei der SuedLese

Roland Prakken: ein Harburger Ur-Gestein und "treue Tomate" der SuedLese-Tage. (Foto: PR)

Der gebürtige Harburger mit Jahrgang 1959 ist Klangsprachler. Er ist Jazz- und Großstadt-Folk-Musiker, und obwohl Musik manchmal mehr zu sagen vermag als viele Wörter, weiß er doch auch zu schreiben und zu erzählen. ´Tiefgang` hat nachgefragt.

Mir liegt ein Wortspiel auf der Zunge, denn sein 2008 veröffentlichtes Buch trägt den Titel „Treulose Tomate ist nicht mein Gemüse“. Umso erfreulicher, dass er der SuedLese treu bleibt. Schon im vergangenen Jahr war er zu Gast in der Kulturwerkstatt. Dieses Mal steht eine UKU-LESE auf dem Programm. Die Gäste dürfen gespannt sein auf eine musikalische Lesung mit Geschichten und Anekdoten rund um die Ukulele.

Ich freue mich, dass ich dem reisenden Roland ein paar Fragen stellen darf.

Tiefgang: Deine Wurzeln sind in Harburg, aber du scheinst deine Fühler schon sehr früh interkulturell ausgestreckt zu haben. Du hast Orientalistik studiert. Wie kam es dazu und was davon begleitet dich noch heute?

Roland Prakken: Tatsächlich stellte ich mir nach dem Abitur die Frage, was ich denn nun mit dieser gerade erworbenen Hochschulreife anstellen sollte. Ich hing dem altmodischen Bildungsideal an, dass man gern Dinge einfach um des Wissen-Wollens lernen darf, und entschied, dass mich außereuropäische Kulturen schon immer interessiert hatten.

Und da man bei den Sinologen (Chinesische Sprache und Kultur) an fünf Tagen die Woche täglich um 07:45 Uhr antreten musste, was mir als Musiker entschieden zu früh war, zumal ich noch in Harburg wohnte, entschied ich mich für den noch ferneren Osten – also fast schon wieder Westen, nämlich Indonesien und Südsee.

Einiges hat mich ständig begleitet, so hat mir bspw. die Beschäftigung mit außereuropäischen Sprachen erleichtert, Türkisch zu lernen. Anderes findet sich in meiner Arbeit mit hawaiianischer Musik.

TG: Du arbeitest auch als freier Musiklehrer, hast schon zwei türkisch-kurdische Chöre geleitet oder junge Sintimusiker an der Jazzgitarre unterrichtet. Das spricht Bände. War es schwierig, in diesen Communities anerkannt zu werden?

Prakken: Ich überzeugte durch Fachwissen – nein, das war natürlich nicht alles. Mein Einstieg bei den Chören wurde zum einen dadurch erleichtert, dass ich Türkisch sprach, zum anderen suchten die jemanden wie mich, also jemanden, der sich einerseits intensiv mit türkischer und kurdischer Musik beschäftigt hatte, andererseits kein Traditionalist war und andere musikalische Einflüsse hinein brachte. Es gab allerdings auch Traditionalisten, die fragten, wieso man denn unbedingt Gitarre, Bass und mehrstimmigen Gesang haben solle, man sei doch ein türkisch-kurdischer Chor.

Bei den Sinti war ich insofern bereits eingeführt, als ich vorher schon mit Musikern wie Wolkly Rosenberg (Swing Gipsy Rose) oder Prinzo Weiß zusammengespielt hatte.

TG: Wie kamst du eigentlich zur Ukulele?

Prakken: Wie die Jungfrau zum Kinde. Ich hatte einen Song komponiert (‚Irgendwann in Lanikai‘), der für die Zusammenarbeit mit dem Ukulele-Hersteller Lanikai gedacht war, und meinte, dass es eigentlich unter Umständen sinnvoll sein könnte, ihn dann auch mit der Ukulele aufzunehmen – der Rest ist Geschichte (haha)…

Nein, bei dieser Gelegenheit entdeckte ich dann, dass dieses kleine Instrument seinen ganz eigenen Reiz und seine eigene musikalische Sprache jenseits der Gitarre besitzt. Und seitdem bin ich nicht wieder davon losgekommen, schreibe Lieder und Instrumentals zu 90 Prozent für die Ukulele, durfte u.a. im letzten Jahr beim Berliner Ukulele Festival dabei sein, habe selbst die Hamburger Ukulele-Tage ins Leben gerufen, unterrichte zur Zeit zehn Kurse bei der VHS Hamburg und bin in diesem Jahr zum Upton Ukulele Festival in England sowie Workshop und Konzert in Riga eingeladen. Die Ukulele hat mich komplett übernommen.

TG: Du bist nicht nur Musiker, sondern auch Autor. Wo liegt dein Schwerpunkt? Oder findest du gerade die Kombination verlockend und entscheidest dich deshalb für eine musikalische Lesung?

Prakken: Ich liebe es zu schreiben, und würde dem gern einen größeren Teil meines Lebens widmen, bin aber ebenso gern Musiker, und nebenbei ist der Broterwerb mittels Musik zwar auch nicht der einfachste, aber immer noch einfacher denn als Autor, zumindest für mich.

Die Kombination aus Lesung und Konzert ist für mich insofern ideal.

TG: Wie sind deine Erfahrungen? Erreicht man das Publikum eher über die Emotionen oder über den Intellekt inklusive Humor? Was kommt aus deiner Sicht besser bei den Menschen an?

Prakken: Humor ist jedenfalls unglaublich hilfreich, egal ob bei Musik oder Literatur. Das und Unterhaltsamkeit sind für mich der Schlüssel, und dann kann ich dem Publikum auch inhaltlich mit, nennen wir es, ‚intellektuelleren‘ Inhalten kommen.

TG: Was war das schönste Kompliment, das dir je gemacht wurde? Oder, um kein Ranking daraus zu machen, welche Resonanz berührt dich besonders?

Prakken: Es gab einige schöne Komplimente, zwei waren für mich so wichtig, dass ich mich auch in vorgerückterem Alter noch daran erinnere. Eines kam von einem meiner seinerzeitigen Gitarrengöttern, dem Jazzgitarristen Joe Pass, einem der größten Gitarristen des 20. Jahrhunderts, mit dem ich die Ehre hatte, befreundet zu sein. Ich spielte ihm einige Soloaufnahmen von mir vor, und er sagte: ‚Schön, hast Du das mit Playback eingespielt?‘

Worauf ich antwortete, nein, das sei nur ich. Er meinte daraufhin, er ‚höre doch aber ein zweites Instrument…‘, und ich stellte fest: ‚Als ich dich mit 16 das erste Mal hörte, dachte ich, DU wärst zwei Gitarristen, und wenn Du nun dasselbe zu mir sagst, kann ich mir kein größeres Kompliment vorstellen!‘.

Das andere stammt von einer Veranstalterin, die, als ich zum ersten Mal mit meinen eigenen Songs bei ihr war, bemerkte, das sei ‚ja das Beste, was ich je bei ihr gespielt habe‘, denn es beinhalte alles, was ich zuvor auch gemacht habe, Jazz, Blues, Folk, aber eben nur mit eigenen Stücken und auf Deutsch.

Da wusste ich, dass ich etwas richtig gemacht hatte, musikalisch war ich sozusagen ‚angekommen‘ bei etwas, wohin mich meine vorherigen Erfahrungen in all diesen Stilen gebracht hatten.

TG: Lieber Roland, vielen Dank für den Einblick in dein Wirken. Wir freuen uns auf deine Veranstaltung am Samstag, den 21. April um 20 Uhr in der Kulturwerkstatt Harburg.

Wer beim Zuhören auf den Geschmack kommt, kann sich bei Roland Prakken „Ukulele für Anfänger*innen“ bei einem Wochenendworkshop z. B. an der Harburger Volkshochschule näherbringen lassen.

Treulose Tomate ist nicht mein Gemüse!

Ein Roadbook über die Szene der Profimusiker – irgendwo zwischen Stockhausen und Ibbenbüren, zwischen Wahn- und Wortwitz

Nachttischbuch Verlag, Erstausgabe, Berlin 2008, 168 Seiten zu 15,80 Euro, ISBN-13: 978-3-937550-11-4

Das Interview für ´Tiefgang` führte Sonja Alphonso.

Die 3. SuedLese – die Literaturtage im Süderelbe-Raum – findet vom 1. bis 30. April 2018 an unterschiedlichen Orten und mit jeder Art literarischem Gerne vorwiegend lokaler Autor*innen statt und ist initiiert von der freien Initiative SuedKultur. Ausführliche Programmhefte finden Sie an etlichen Kulturorten im Süderelbe-Raum oder als download unter www.sued-kultur.de.

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