Sachbuch: Erster Forschungsband verdeutlicht die thematische Aktualität

Hamburg – Tor zur kolonialen Welt

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein beliebtes Brettspiel: "Deutschland braucht Kolonien" (Foto: Archiv)

Der Buchtitel trifft es mehr als man denkt: Hamburg diente dem Deutschen Reich als Trittbrett in den deutschen Kolonialismus und damit auch einer lange aufzuarbeitenden Geschichte …

Das Buch „Hamburg: Tor zur kolonialen Welt“ ist eine umfassende Darstellung der kolonialen Geschichte Hamburgs und ihrer Auswirkungen auf die Stadt und ihre Einwohner. Herausgegeben von Jürgen Zimmerer und Kim Sebastian Todzi und veröffentlicht im Wallstein Verlag im Jahr 2021, ist das Buch ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands und Hamburgs.

Das Buch beleuchtet die verschiedenen Facetten des Hamburger Kolonialismus. Von der Handelskammer und dem Hafen als zentralen Institutionen der Kolonialwirtschaft und -politik bis hin zu Unternehmen wie dem Woermann-Konzern und Persönlichkeiten wie Karl Sieveking und Graf Waldersee, die sich für den Kolonialismus engagierten, werden zahlreiche Erinnerungsorte untersucht. Auch der Einfluss der Kolonialgeschichte auf Wissenschaft, Forschung, Medizin und Kunst wird behandelt.

Als wichtigster Hafen Deutschlands war Hamburg auch zentrale Kolonialmetropole. Das »Tor zur Welt« war über Jahrhunderte ein Tor zur kolonialen Welt. Man hatte Handelsbeziehungen zu Kolonialmächten und Kolonien, man handelte mit Kolonialwaren und auch mit Menschen. Diese Geschichte hat Spuren hinterlassen.
Hamburg ist voller (post-)kolonialer Erinnerungsorte, die nicht nur für die Stadtgeschichte interessant sind, sondern auch Aufschluss geben über die Geschichte der kolonialen Globalisierung.
Die untersuchten Erinnerungsorte reichen von Vorstellungswelten wie der Figur des »Hanseaten« über Institutionen der Kolonialwirtschaft und -politik wie dem Hafen oder der Handelskammer, einzelnen Unternehmen wie dem Woermann-Konzern bis zu Wissenschaft, Kultur und Kunst, etwa dem Museum für Völkerkunde (heute MARKK) oder dem Tierpark Hagenbeck und seinen »Völkerschauen«. Auch die Geschichte einzelner Denkmäler wie dem großen »Bismarck« am Hafen oder den »Askari-Reliefs« wird untersucht. Ergänzt um biographische Skizzen wird deutlich, was der Kolonialismus für Hamburg bedeutet, aber auch Hamburg für den Kolonialismus.

Besonders interessant sind die biographischen Skizzen, die dem Leser einen Einblick in das Leben und Denken einiger der wichtigsten Persönlichkeiten geben, die den Hamburger Kolonialismus geprägt haben. Die Autoren betonen jedoch auch die Kontinuität des Kolonialismus in der Nachkriegszeit und die Rolle der Stadt bei der Aufrechterhaltung kolonialer Strukturen und Stereotypen.

Insgesamt bietet das Buch eine detaillierte und umfassende Darstellung der kolonialen Geschichte Hamburgs und ihrer Auswirkungen auf die Stadt und ihre Einwohner. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands und Hamburgs und sollte von jedem gelesen werden, der sich für die Geschichte der Kolonialisierung und ihre Auswirkungen auf die Gegenwart interessiert.

Die Herausgeber:

Jürgen Zimmerer, geb. 1965, Professor für Globalgeschichte (Schwerpunkt Afrika) an der Universität Hamburg. 2005 bis 2017 Gründungspräsident des »International Network of Genocide Scholars (INoGS)«.
Veröffentlichungen u. a.: Kein Platz an der Sonne. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte (als Hrsg, 2013); Von Windhuk nach Auschwitz? Beiträge zum Verhältnis von Kolonialismus und Holocaust (2011); Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg in Namibia (1904-1908) und die Folgen (Mithg., 2003).

Kim Sebastian Todzi, geb. 1981, Wissenschaftlicher Koordinator der Forschungsstelle »Hamburgs (post-)koloniales Erbe / Hamburg und die frühe Globalisierung«, Forschungsschwerpunkte: Verflechtungsgeschichte Westafrikas und Nordeuropas, Geschichte des globalen Kapitalismus, postkoloniale Erinnerungskulturen. Veröffentlichungen u.a.: Hamburg: Tor zur kolonialen Welt. Erinnerungsorte der (post-)kolonialen Globalisierung (hg. mit Jürgen Zimmerer, 2021).

Das Buch:

Jürgen Zimmerer und Kim Sebastian Todzi (Hg.): Hamburg: Tor zur kolonialen Welt – Erinnerungsorte der (post-)kolonialen Globalisierung
Reihe: Hamburger Beiträge zur Geschichte der kolonialen Globalisierung; Bd. 1; 591 Seiten, 99 Abb., gebunden, Schutzumschlag, erschienen November 2021

ISBN 978-3-8353-5018-2, Preis: € 32,00

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