Land übernimmt vom Erbprinz das Schloss Marienburg bei Pattensen:

„Niedersächsische Landesidentität“

Einst Sommerresidenz der Welfenkönigin, heute Schrottimmobilie: das Schloss Marienburg. (Foto: Karahgo / Pixabay)

„Peine, Paris, Pattensen“ wird gerne neckisch und umgangssprachlich für Anmaßung aber auch Umwege genutzt. Mit der indirekten Übernahme eines Welfenschlosses durch das Land Niedersachsen kommt nun eine dritte Dimension hinzu.

Indirekt übernimmt das Land Niedersachsen das Welfenschloss Marienburg. Für den Wert des symbolischen eines Euros – sonst nur für ausgewiesene Schrottimmobilien üblich – übernimmt eine Tochterfirma der Klosterkammer Hannover das Schloss. In der Pressemitteilung des niedersächsischens Ministeriums für Wissenschaft und Kultur heißt es:

„Als anerkanntes Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung zählt Schloss Marienburg zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Niedersachsens. Doch mehr als 150 Jahre bewegter Geschichte sind auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Der Sanierungsbedarf ist hoch. Um das Schloss dauerhaft für die Öffentlichkeit zu erhalten, hat das Land Niedersachsen, gemeinsam mit dem bisherigen Eigentümer Ernst August Erbprinz von Hannover, ein Modell entwickelt, das die Zukunft der Marienburg sichern soll:

Das Schloss geht in die öffentliche Hand über. Das Eigentum am Schloss wird die Liemak Immobilien GmbH, eine Immobilienprojektgesellschaft der Klosterkammer Hannover, übernehmen. Es wird ein symbolischer Kaufpreis in Höhe von 1 Euro gezahlt. Zudem erwirbt das Landesmuseum Hannover – unterstützt von verschiedenen Stiftungen – rund 100 für das Land besonders wertvolle Stücke aus dem kulturhistorischen Inventar im Wert von 2 Millionen Euro. Weitere Gegenstände im Wert von rund 6 Millionen Euro bringt Erbprinz von Hannover in eine gemeinnützige Kunststiftung ein, die eigens zu diesem Zweck gegründet wird.

„Das erklärte Ziel aller Beteiligten war und ist es, das Gesamtkunstwerk Schloss Marienburg als Kulturdenkmal und Erinnerungsort mit großer Bedeutung für die niedersächsische Landesidentität dauerhaft für die Öffentlichkeit zu erhalten und zugänglich zu machen“, sagte Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler im Rahmen der Pressekonferenz auf Schloss Marienburg. Die Gespräche zwischen dem Land und Erbprinz von Hannover dauern bereits seit mehreren Jahren an – das Wissenschaftsministerium hatte die Gesprächsführung als fachlich zuständiges Ministerium auf Wunsch der Staatskanzlei im Januar 2018 übernommen. Der Sicherungs- und Sanierungsbedarf an der Marienburg müsse rechtzeitig behoben werden, sagte Thümler. „Um die Bausubstanz und damit den öffentlichen Zugang dauerhaft zu erhalten, müssen die notwendigen Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig geplant und durchgeführt werden. Deshalb ist die Notwendigkeit zeitnah eine abschließende Lösung zu finden, dringlicher geworden“, so Thümler weiter. 

Schloss Marienburg

„Der heutige Tag ist für mich von großer Bedeutung. Das gemeinsam entwickelte Modell sichert Schloss Marienburg und sein Inventar dauerhaft für die Öffentlichkeit. Das war von Anfang an eine Herzensangelegenheit von mir. Deshalb bin ich der Niedersächsischen Landesregierung sehr dankbar“, erklärte Erbprinz von Hannover.

 Als neuen Betreiber des Gastronomie und Veranstaltungsbereichs der Marienburg konnten die in diesem Bereich erfahrenen Unternehmer Carl Graf von Hardenberg und Nicolaus von Schöning gewonnen werden, die bereits erfolgreich mehrere kulturtouristische Destinationen in Niedersachsen betreiben.

Mit Unterstützung des Bundes wird das Land Niedersachsen in den kommenden Jahren damit beginnen, die substanziellen Bauschäden und den Sanierungsrückstand zu beheben. Bereits Mitte November hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, für die Sanierung 13,6 Millionen Euro aus dem Kulturetat beizusteuern. Thümler: „Dass hier Bund und Land an einem Strang ziehen, spiegelt die besondere Bedeutung der Marienburg als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung wider. An dieser Stelle danke ich vor allem der zuständigen Bundestagsabgeordneten Dr. Maria Flachsbarth für ihren großen Einsatz.“  (Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur)

Zudem berichtet die F.A.Z.: „Neben dem Kauf des Schlosses ist vorgesehen, dass das Land mit Unterstützung verschiedener Stiftungen den Welfen für zwei Millionen Euro etwa hundert besonders wertvolle Inventarstücke, vor allem Gemälde, abkauft. Das Geld möchte der Erbprinz zur Tilgung von Schulden nutzen, die im Zusammenhang mit der Marienburg entstanden sind. Der Rest des Inventars, insgesamt 1700 Stücke, soll in eine gemeinnützige Kunststiftung eingehen, in deren Stiftungsrat der Erbprinz den Vorsitz hat, aber auch das Land vertreten ist. Ernst August junior kündigte an, die Verbindung des Welfenhauses zur Marienburg und nach Hannover keinesfalls kappen zu wollen. Er wolle sich langfristig engagieren und auch weiter in Hannover leben. „Darauf können Sie sich verlassen.“

Doch wie andere Medien berichten, wird zu dem Thema jede Menge Kritik laut. Spiegel online zitiert etwa den Haushaltsexperten der Grünen, Stefan Wenzel: „Die Pläne der Landesregierung und der Klosterkammer sind ein absolutes Unding“.

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