Die Kolumne von Sophie Selbst-Zweifel

Gedankliches Treibgut

Foto: Sonja Alphonso

Ich heiße Sophie und ich bin Denkerin.

Ich denke viel, manchmal auch laut. Dann schreibe ich auf, was mir durch den Kopf geht.

Selten denke ich mir etwas aus, das überlasse ich lieber anderen, die das besser können als ich. Dafür denke ich oft und gründlich nach, denn das kann ich nun wieder ziemlich gut – und sogar in Worte fassen. Manchmal fasse ich mich dabei kurz und knapp, aber ich kann mich auch sehr weitschweifig äußern und umständlich den Punkt umkreisen, um den es eigentlich geht. Dieser ausufernde Sprachgebrauch hat ein bisschen was von einem Tsunami. Vielleicht liegt es an meinem allgemeinen Mitteilungsbedürfnis. Es sprudelt manchmal geradezu aus mir heraus und ich muss achtgeben, dass niemand in meinem Redeschwall untergeht oder gar in den Fluten ertrinkt. Ich kann nur jedem dazu raten, mich zu rühren, statt zu schütteln, sonst schießt es mit Hochdruck aus mir heraus. Da heißt es für die Zuhörer: In Deckung, Sophie legt los! Ich kann andere Menschen in Grund und Boden reden, aber das will ich gar nicht.

Vielleicht stimmt die Betroffenen der Umstand milde, dass es mich selber wie eine Naturgewalt erfasst und mitreißt. Ich bemühe mich redlich, die Sprachkraft zu kanalisieren, aber es will mir nicht immer gelingen, sie zu bändigen. Ich möchte mich dafür öffentlich und persönlich entschuldigen: Tut mir leid, Leute, ehrlich! Zu meiner Rettung kann ich nur mutmaßen, dass mein Rededrang etwas mit meinem Quellkopf zu tun hat und den habe ich mir nicht ausgesucht, sondern einfach aufgesetzt bekommen. Was dabei herausgekommen ist, lest ihr ja gerade.

Neben vielen Gedanken habe ich auch allerhand Bilder im Kopf. Ein bunter Haufen vieldeutiger Ansichten. Das Archiv mit Anschauungsmaterial ist prall gefüllt und ich sollte mal ausmisten, damit wieder Platz für neues Treibgut ist, das ich aus dem Trüben fische. Zu diesem Zweck dachte ich über einen Ausverkauf der ollen Kamellen nach und hier ist meine Idee: Ich veröffentliche meine ganze Tagebücherei, meine unfertigen Romane und alles andere, das in keine Schublade passt. Ganz nach dem Motto: Alles muss raus!

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