Serie: was war 2020 und was kommt 2021? – Autor und Verleger Rainer Jogschies

Irre verdienen an der Krise

Von 2020 bliebt nur 2019. Der Harburger Autor und Verleger Rainer Jogschies (Daniel Blieffert / Nachttischbuch)

War 2020 einfach nur für die Tonne? Wir haben bei Kulturschaffenden nachgefragt. Heute der Harburger Autor und Verleger Rainer Jogschies.

 Wie hat sich die Pandemie im Arbeitsalltag 2020 bemerkbar gemacht?

Ich hab´ noch mehr gearbeitet als sonst, vor allem nachts. Tagsüber musste ich ja Schlangestehn oder mich von den netten Menschen ohne Maske anmachen lassen, dass ich unter meiner Maske am eigenen Kohlen-Monoxid ersticken würde. Danke, dass so viel toll gebildete Heilpraktiker*innen unentgeltlich um mich sind und so fachkundig und effektiv dafür sorgen, dass Corona nicht durch einfaches Masketragen und Abstandhalten eingedämmt wird.

Wie weit werden die Nachwirkungen nachhallen?

Das wird dank der Corona-Leugner und Urlaub-ist-wichtiger-Dödel noch Jahre dauern und nichts wird „hallen“, außer die Sektkorken in DAX-Konzernen, die an Pleiten, Versandhandel und Impfstoffen absahnen. Ab 2022 können wir frühestens über „Nachwirkungen“ sprechen. Beispielsweise über den Sinn von Böllern, Weihnachtsfeiern und unbedingt notwendigen Fernflügen sowie GroKos und „Koalitionen“ jeder Art.

Was waren 2020 die gravierendsten Entwicklungen?

Plötzlich die von einer tief verächtlichen Bundesregierung forcierte Frage, ob man nicht lieber Hartz-IV möchte statt bürokratischer und illusorischer „Hilfen“, weil der Laden mal eben so dichtgemacht wurde.

Was hat 2020 an neuer Kreativität hervorgebracht?

Kein oder wenig Geld zu haben, befördert keine Kreativität. Sonst wäre die Politik des Bezirks Harburg, des Landes Hamburg oder der Bundesregierung ja genial: Bloß keine Einahmen oder Ausfallzahlungen, um die „Kreativität“ ins Unermessliche und Komplett-Kostenlose zu steigern.

Was war das persönlich einschneidenste Erlebnis in 2020?

Von Teenagern auf der Straße höhnisch „angehustet“ zu werden. Was will man erwarten von Kindern, die zu doof zum Masketragen sind und von ihren Eltern darin bestärkt werden?

Was ist für 2021 absehbar?

Dass die Irren an der Krise verdienen. Markus Söder, der in Bayern anfangs Corona kleinredete wie andere Provinzpolitik aus Sachsen oder Thüringen, wird Kanzlerkandidat. Und damit geht der Komödiantenstadel tödlich weiter – so wie Helmut Schmidt sich nach der „Sturmflut“ als Großer Retter mit Hubschraubern hinstellte, obwohl seine damalige Innen-Behörde lieber nachmittags in den verdienten Feierabend gegangen war.

Was wäre in 2021 wünschenswert?

2019.

Was wird von 2020 bleiben?

2019.

 Rainer Jogschies, Kleinverleger, Journalist, der u.a im STERN über Harburg berichtete (Reportagen-Buch: 21 Hamburg 90).

www.nachttischbuch.de

 

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