Kausalität und Synchronizität

Ulrike Hinrichs - Meisterschaft der Zeit

Die Zeit, wie wir sie alltäglich wahrnehmen, scheint für alle und alles gleich zu ticken. Sie schießt wie ein Pfeil in die Zukunft.

Von Ulrike Hinrichs

Das ist die lineare Zeit (siehe auch Zeit vergeht? Zeit entsteht?)

In der linearen Zeit sprechen wir von der Kausalität der Ereignisse. Kausalität beschreibt die Verbindung von Ursache und Wirkung. Weil ich die Nummer meiner Mutter gewählt habe (Ursache), geht sie ans Telefon (Wirkung). Unser ganzes Rechtssystem der Verantwortlichkeit baut auf der Kausalität.

Der Physiker Richard M. Muller konstatiert in seinem Buch JETZT, dass die Zeit flexibel und dehnbar sei und sich sogar umkehren könne. Dies erinnert an die Beschreibung der zirkulären Zeit, wie sie indigene Völker und spirituelle Meister beschreiben. Neben der linearen Zeit existiert eine andere Form der Zeit. Sie dreht sich wie ein Rad, sagen die Schamanen. Diese zirkuläre Zeit ist aus der Perspektive unserer Alltagszeit zeitlos. Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit sind gleichzeitig. Im Raum der Zeitlosigkeit entstehen synchrone Ereignisse. Synchronizität bedeutet, dass zwei Ereignisse, die nicht kausal miteinander verbunden sind, einen Sinn ergeben (Du denkst an deine Mutter, in diesem Moment ruft sie an). In unserer Kultur tuen wir solche synchronen Ereignisse als bloßen Zufall ab. Alle anderen Interpretationen sind Hokuspokus. Aber ist das so?

Die Quantenphysik hat grundlegende Theorien der klassischen Physik von Newton auf den Kopf gestellt. Newtons Gesetze, die bei makroskopischer Beobachtung uneingeschränkt gültig erscheinen, sind nach der Quantenphysik auf den Mikrobereich nicht übertragbar. Räumlich getrennte physikalische Systeme regieren aufeinander, sie zeigen synchrone Ereignisse ohne kausal miteinander verbunden zu sein. Der Welle-Teilchen-Dualismus, wonach Objekte der Quantenphysik gleichermaßen die Eigenschaften von Wellen wie die von Teilchen zeigen können, weicht auch von unserer Alltagsphysik ab. Und darüber, wie das Objekt reagiert (Welle oder Teilchen), können die Wissenschaftler nur  Wahrscheinlichkeitsaussagen machen, keine sicheren Vorhersagen. Auch die auf Heisenberg zurückgehende quantenphysikalische Erkenntnis, dass der Wissenschaftler in einem wissenschaftlichen Experiment nicht als ein Subjekt ein Objekt beobachten kann, sondern durch den Akt der Beobachtung das Experiment beeinflusst, rüttelte an dem Selbstverständnis der Objektivierbarkeit physikalischer Untersuchungen.

Nichts also scheint so klar, wie wir es in unserer materialistisch-mechanistischen Welt gelernt haben.

„Das Universum schafft künstlerisch.

Um mit ihm zu kommunizieren, müssen wir kreativ sein“

Der zirkulären Zeit begegnen wir in der echten Stille, beispielsweise in der Meditation. Aber auch künstlerische Prozesse kitzeln den Bereich der Unendlichkeit. Wir tauchen ein in eine Welt der inneren Bilder. Mythen, Märchen, Poesie, Musik, Geschichten berühren eine andere Ebene der Wahrnehmung. Man könnte es vielleicht die Sprache der Seele oder des höheren Selbst nennen. Wir sind Teil eines alles verbindenden Netzes. Wir sprechen hier nicht die Worte der Buchstaben, sondern die der Bilder. Wir finden hier die intuitiven Prozesse, berühren die Zukunft durch Vorahnungen und Geistesblitze. Kunst ist eine Sprache der Intuition. Die Kunst hilft uns das auszudrücken, was wir jenseits der Wortsprache wahrnehmen können. Ich beschreibe es gern auch als „Sehhilfe“, so als setzen wir uns eine Brille auf, die uns in eine andere Realität blicken lässt. Mehr dazu Kunst als evolutionärer Jackpot 

 

Ulrike Hinrichs ist Kunsttherapeutin (M.A.) und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Sie ist auch Autorin des Fachbuches „Kunst als Sprache der Intuition. Der holografische Ansatz in der Kunsttherapie und kunstanalogen Transformationsprozessen“

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