Hochschul-Studie befragte Schulbetriebe zu Angeboten im regulären Alltag:

Kultur macht Schule!

Keine Schule ohne Kultur: hier ein Musikworkshop mit Ferdinand Försch im Jenfeld-Haus vom Verein KinderKinder e.V. (Foto: PR)

Was ist eigentlich jenseits von Schulchor und Kunstunterricht kulturell los an Hamburger Schulen? Diese Frage stellten sich sechs gemeinnützige Hamburger und überregionale Stiftungen. Das Ergebnis macht Mut.

Durchgeführt wurde die Studie vom Institut für Kultur- und Medienmanagement (KMM) an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Und die kulturfördernden Stiftungen wollten es schon deshalb wissen, um Entwicklungsbedarfe zu erkennen und ihre Ressourcen im Bereich der kulturellen Bildung nachhaltiger und zielgenauer platzieren zu können.

In der Pressemitteilung heißt es:

„Das Ergebnis lässt sich sehen: Mehr als zwei Drittel aller Hamburger Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind über den Unterricht und die schulischen Regelangebote hinaus in einem oder mehreren Kulturprojekten aktiv, oft in Partnerschaft mit Stiftungen, Vereinen oder freien Kulturschaffenden. Besonders tun sich dabei Stadtteilschulen hervor, aber insgesamt offenbart die Studie, die das KMM und die Stiftungen am Donnerstag der Öffentlichkeit präsentierten, eine breite Palette von kreativen und kulturfördernden Aktivitäten in allen Schulformen.

Über 50 Prozent der angeschriebenen Schulen haben auf die Befragung reagiert, sie ist damit repräsentativ. Zu den Aktivitäten aller anderen Schulen hat ein Team unter Leitung von Kulturwissenschaftlerin Dr. Jenny Svensson Internetrecherchen und Experteninterviews durchgeführt. Neben dem Blick auf erprobte Programme wie „Jedem Kind ein Instrument“ oder den „Kulturschulen“ der Gabriele Fink Stiftung vermitteln die Studie und ihre umfangreichen Anlagen ein anschauliches Bild eines lebendigen Mosaiks von Einzelinitiativen wie auch guten Beispielen strategischer Schulentwicklung durch Kultur.

Ein sichtbarer Schwerpunkt vieler Schulen liegt – in der Musikstadt Hamburg wenig überraschend – auf musikalischen Projekten, viele Vorhaben zeichnet aber ihre interdisziplinäre, die Künste verbindende Herangehensweise aus. Die Einbindung kultureller Bildung in den schulischen Alltag, aber auch die Qualität der Zusammenarbeit der Beteiligten wurden von den Befragten am häufigsten als Gelingensbedingungen genannt.

Die Auftraggeber der Studie bewerten die Ergebnisse, wie auch die gute Zusammenarbeit mit Schul- und Kulturbehörde und der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendkultur (LAG) bei der Erstellung der Untersuchung, als Ermutigung. „Die Studie hat ergeben, dass bereits mehr als 60 Prozent der Hamburger Schulen mit externen Kooperationspartnern besondere kulturelle Bildungsprojekte für ihre Schülerinnen und Schüler bieten. Dies ist eine sehr solide und vielfältige Basis, auf der sich weiter aufbauen und eine umfassende kulturelle Bildung befördern lässt“, so Dr. Regina Back, Geschäftsführender Vorstand der Claussen-Simon-Stiftung und Mitinitiatorin der Studie. Ansgar Wimmer, Vorstand der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., der die Erstellung der Studie von Seiten der Auftraggeber betreut hat, ergänzt: „Die Herausforderung bleibt, kulturelle Bildung auch unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen von Zuwanderung und Inklusion im ganztägigen Regelbetrieb als wichtigen pädagogischen Baustein zu verankern. Hieran wollen wir gerne mit unseren Möglichkeiten mitwirken.“

Die Studie, die von der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., der Claussen-Simon-Stiftung, der Gabriele Fink Stiftung, der Dürr-Stiftung, der BürgerStiftung Hamburg sowie der Stiftung Mercator in Kooperation mit der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB), der Behörde für Kultur und Medien sowie der LAG Kinder- und Jugendkultur beauftragt und erstellt wurde, erschien nun rechtzeitig zum ersten Hamburger Kulturgipfel (www.kulturnetz-hamburg.de/jetzt), zu dem sich am 21. November 2017 über 400 Akteure kultureller Jugendbildung auf Kampnagel trafen.“

Studie ansehen (PDF)

Quelle: kinderundjugendkultur.info

Ein Fazit en detail:

Die vorliegende Bestandsaufnahme der Kooperationen zwischen Schulen und externen Partnern im Bereich kulturellerBildung wurde in drei Arbeitsschritten durchgeführt: Eine Online-Befragung an allen allgemeinbildenden Schulen Hamburgs, eine Internet-Recherche in Form von Überprüfung der  Homepages der Schulen, die nicht an der Befragung teilgenommen haben, sowie drei ergänzende Expert*innen-Interviews.

An der Online-Befragung nahmen insgesamt 50 % der Schulen teil. Von den teilnehmenden Schulen machen 57 % Projekte oder nehmen an Programmen teil, die im Bereich kultureller Bildung anzusiedeln sind und in Kooperation mit außerschulischen Partnern stattfinden. Die Internetrecherche hat darüber hinaus ergeben, dass ca. 60 % der Schulen, die nicht an der Befragung teilnahmen, auch solche Projekte / Kooperationen durchführen. Da diese Prozentsätze nur gering voneinander divergieren, kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse der Umfrage, auch wenn sie „nur“ 50 % der Schulen abdecken, repräsentativ  sind und Tendenzen der Kooperationsprojekte zur Kulturellen Bildung gut abbilden können.

Es ist sogar zu vermuten, dass erheblich mehr Projekte in Kooperation mit externen Partnern durchgeführt werden, als dies durch die Bestandsaufnahme gesichert erhoben werden konnte. Einige Stichproben auf den Internetseiten bekannter Programme ergaben, dass Schulen, die angegeben haben, keine Projekte durchzuführen, dies dennoch tun. Wenigstens sind sie als teilnehmende Schulen auf den Internetseiten von  Programmen / Projekten aufgelistet. Als Beispiel sei hierfür das Projekt KLASSEnSÄTZE genannt: An diesem mehrstufigen Schreibwettbewerb beteiligten sich laut Internet-Seite des Projekts  sieben Grundschulen, elf Stadtteilschulen und 15 Gymnasien in Hamburg im Schuljahr 2016/2017. In der Online-Befragung wurde dieses Projekt lediglich ein einziges Mal erwähnt (von der Max-Träger-Schule).

Warum die anderen Schulen das Projekt in der Befragung nicht erwähnt haben, kann mehrere Gründe haben. Vorherrschend wird es am Zeitmangel liegen – bestätigt durch die Anrufaktion, die Ende Juli durchgeführt wurde, um den Rücklauf zu erhöhen. Viele Schulsekretariate gaben dabei an, mit solchen Umfragen überfordert zu sein und wenn diese freiwillig sind, gäbe es keine Zeit sich damit zu beschäftigen – die Schulen würden in diesem Bereich nur erledigen können, was vorgeschrieben ist. Wenn man sich doch die Zeit nimmt, die Umfrage zu beantworten und es länger dauert, weil mehrere  Projekte und Kooperationen an der Schule durchgeführt werden, wird Zeit gespart, indem nur das  Notwendigste ausgefüllt wird und weniger Projekte als tatsächlich in der Schule durchgeführt, beschrieben werden. Ein weiterer Grund kann sein, dass die Person, die den Fragebogen ausfüllte, aufgrund der Größe mancher Schulen oder aus Unkenntnis und Mangel an schulinterner Kommunikation, die jeweiligen Projekte nicht kannte. Es ist auf jeden Fall davon auszugehen, dass die Ergebnisse und die Anzahl an erhobenen Projekten ein Minimum dessen darstellt, was in der Hamburger Schullandschaft an Kooperationsprojekten im Bereich kultureller Bildung lebt. Aufgrund dieser Problematik, stellt sich die Frage, ob eine Umfrage an Schulen die beste Möglichkeit ist, flächendeckend  Projekte und Kooperationspartner zu erfassen. Das Institut KMM empfiehlt, für eine evtl. zukünftige Erhebung über die Projektanbieter zu gehen. Eine Überprüfung sämtlicher Programm – und Projektanbieter war im Rahmen dieser Studie nicht möglich.

Die Befragung hat einige Tendenzen deutlich sichtbar gemacht:

– Die Stadtteilschulen sind besonders aktiv hinsichtlich der Durchführung und Teilnahme an Programmen und Projekten kultureller Bildung in Kooperation mit externen Partnern.

– Schulen, die im Sinne der Erhebung aktiv sind, machen im Schnitt 3,3 Projekte pro Schule in einem Schuljahr.

– Es werden vorwiegend kontinuierliche und im Jahresplan der Schule wiederkehrende Projekte und Programme durchgeführt. Einmalige Projekte sind etwas seltener und ergänzen meistens die kontinuierlichen/wiederkehrenden Projekte an den schon aktiven Schulen.

– Die Schulen kooperieren vorzugsweise mit Freien Kulturschaffenden (Grundschulen, Stadtteilschulen, Sonderschulen) und/oder mit Kulturinstitutionen (Gymnasien). Aber auch hier wurde durch Stichproben festgestellt, dass die Schulen nicht immer Kenntnis über die externen Partner von Projekten haben und dass es durchaus mehr und andere Partner geben könnte, als durch die Schulen angegeben.

– Von den großen Programmen zur kulturellen Bildung dominieren JeKi, TUSCH, Kulturagenten für kreative Schulen sowie The Young ClassX. Noch häufiger kommen aber „Sonstige“ Programme und Projekte vor. Die Palette an einzelnen Kooperationsprojekten ist sehr breit und reicht von Projekten wie „Raus aus dem Haus“ (Kooperationsprojekt zum Thema Digitale Medien mit einem Seniorenheim) über „Fußball trifft Kultur“ hin zu „Schüler führen Schüler“ in Kooperation mit den Bucerius Kunstforum. Die einzelnen Projekte sind der Tabelle in der Anlage E im Anhang zu entnehmen. Die qualitative Auswertung der von den Schulen genannten Gelingensbedingungen für erfolgreiche Kooperationen sowie der Expert*innen-Interviews hat ergeben, dass die Projekte und Programme vor  allem dann erfolgreich sind, wenn sie im Schulleben verankert und curricular eingebunden werden. Weitere Gelingensbedingungen sind die gute Qualität der Kooperationen, die Professionalität der Projekte und Kompetenzen der Verantwortlichen, aber auch, dass die Verantwortlichkeiten  deutlich geklärt sind. Bemerkenswert ist, dass die Rolle der Kulturbeauftragten, die sehr stark in den Interviews hervorgehoben wird, von den Schulen wenig explizite Erwähnung findet (nur vier Mal), wenn es um Gelingensbedingungen geht. In den Expert*innen-Interviews wird die Rolle von Stiftungen bei der finanziellen Ausstattung, aber auch bei der inhaltlichen Gestaltung von vielen Programmen und Projekten hervorgehoben. Auch die Schulen erwähnen in der Umfrage Ressourcen und Finanzierung als eine wichtige Gelingensbedingung, weisen jedoch weniger explizit auf Stiftungen hin. Die Bedeutung der Stiftungen als Kooperationspartner scheint also in den Schulen noch nicht in dem Maße präsent zu sein, wie sie in den Behörden und kulturpolitischen Gremien ist.

Dass mehr als die Hälfte aller Hamburger allgemeinbildenden Schulen größere Programme und Projekte kultureller Bildung in Kooperation mit externen Partnern im Schuljahr2016/2017 durchgeführt haben, ist durch diese Studie eine gesicherte Tatsache. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass das Engagement der zivilgesellschaftlichen Akteure für eine kreative und zukunftsfähige Schule in Hamburg sehr groß ist.

Stiftungen, Vereine, Kulturinstitutionen und freie Kulturschaffende kooperieren mit Schulen, bereichern das schulische Angebot und wirken im besten Falle auch an der Erneuerung von schulischen Strukturen und des curricularen Angebots der Schulen mit.

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