Abgebrochene „SuedLese“ im Hamburger Süden zieht Bilanz

Literarischer Zusammenhalt

Kam noch zum Zuge: Gabriele Borgmann liest zum Auftakt der SuedLese im Kulturcafé Komm du. ( Foto: Sonja Alphonso)

Auch die Kulturszene in Hamburgs Süden hat die Restriktionen zur Eindämmung der Covid19-Pandemie schwer getroffen. Doch es gibt auch Signale der Hoffnung.

Kaum hatte das kleine Jubiläum zur 5. SuedLese – den jährlichen vierwöchigen Literaturtagen im Hamburger Süden begonnen, wurde es auch schon wieder am 14. März eingestampft. Auf der Strecke blieben 45 Autor*innen, deren Lesungen ins Wasser fielen. Auch die alte Faustregel „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ erwies sich schnell als irreführend, denn wann sollen all die Lesungen, Konzerte und Ausstellungen nachgeholt werden? Und so zeichnete sich alsbald ab: auch die noch so kleinen Einnahmen aus Honoraren, Buchverkäufen oder Hutspenden und Eintritten würden für die Literat*innen ersatzlos wegfallen.

Kulturschaffende also am Ende der Nahrungskette?

„Zum Glück hat unser Kultursenator früh das Desaster auch für die Kulturschaffenden erkannt und gegengesteuert“, so SuedLese-Macherin Sonja Alphonso. Und so konnte das SuedLese-Team über die Abteilung „Literatur“ der Kulturbehörde Hamburg nun nochmal 6.000,- € für Ausfallhonorare der ausgefallenen Lesungen erhalten.

„Ein schwacher Trost“, so Alphonso, die die Mittel nun an die Autor*innen weiter geben durfte. „Denn eine erfolgreiche Lesung mit interessiertem und neugierigem Publikum an schönen Orten ist durch nichts zu ersetzen. Aber eben auch die kleinen Honorare und Buchverkäufe sind für viele Harburger Kulturschaffende Teil ihres Einkommens, ihrer Mietzahlungen oder Buchdruckkosten. Gerade die Kulturschaffenden der 2. und 3. Reihe trifft diese Zeit daher besonders hart.“

Und da die Grundmotive der SuedLese und auch anderer Events der Initiative SuedKultur Zusammenhalt und gegenseitiger Respekt sind, ist die Anerkennung dieser nicht so im Rampenlicht stehenden aber immens wichtigen Arbeit substantiell. „Ebenso passt übrigens dazu, dass einige Autor*innen auf Ausfallhonorare verzichteten: Sie sitzen alle in einem Boot, zeigen sich solidarisch und erklärten sich bereit, zugunsten anderer zu verzichten, die es NOCH nötiger haben als sie selbst, um die Ausfälle zu kompensieren.“

Ganz nebenbei werden so übrigens die Gesamtkosten solcher Literaturtage viel bewusster, die viel aus eigenem und privatem Engagement von Kulturclubs und –cafés bestritten werden.

Während etwa der Bezirk Harburg die SuedLese dieses Jahr mit einem Druckkostenzuschuss von knapp 3.650 €  unterstützt hat, waren für die Gestaltung des 80(!)-seitigen Programmheftes, die redaktionelle Arbeit, das Verteilen von Werbemitteln und Plakaten allein weitere 5.000,- € nötig. Die nun in Teilen nachgezahlten Honorare hingegen werden von den Leseorten und den Veranstaltern selbst erwirtschaftet und betragen ca. 12.000,- €. „Wollte man die Literaturtage also privat auf die Beine stellen, müsste man schon gute 20.000,- € investieren. Und dafür, dass für viele Harburger es manchmal als normal oder gar angemessen erscheint, wenn man 2-3 Euro „Hutspende“ zahlt, muss man eingestehen: all das ist nur auf Kosten anderer möglich. Der Literat*innen und der Veranstaltenden. Ob das nach der Corona-Krise so noch funktionieren wird, bleibt allerdings abzuwarten“, so Alphonso nachdenklich.

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