Impulspapier des Deutschen Kulturrates zu EU-Förderprogrammen

„Zusammenhalt in Europa durch Kultur fördern“

Grafik: Deutscher Kulturrat

In einem „Impulspapier“ bekennt sich der Deutsche Kulturrat nun zu Europa. Wenig erstaunlich, aber doch mal lesenswert …

In dem Impulspapier heißt es:

„Berlin, den 21.06.2017. Der Deutsche Kulturrat bekennt sich mit diesem Impulspapier klar und unmissverständlich zum europäischen Einigungsprozess und zur Europäischen Union. Ein vereintes Europa ist mit seinem europäischen Binnenmarkt eine friedensstabilisierende Kraft. Kultur ist dabei ein Faktor, der identitätsfördernd wirkt und Europa als Kulturraum erfahrbar macht, der in Vielfalt geeint ist.

Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundesverbände, positioniert sich mit diesem Impulspapier in der Halbzeit der derzeit laufenden EU-Förderprogramme. Er liefert hiermit Anregungen und Diskussionsanstöße für eine neue Generation an EU-Förderprogrammen. Der Deutsche Kulturrat vertritt Verbände und Organisationen der verschiedenen künstlerischen Sparten und der unterschiedlichen Bereiche des kulturellen Lebens. Zu seinen Mitgliedern zählen sowohl die Verbände der Künstler als auch der Kultureinrichtungen, der Kulturvereine, der Kultur- und der Kreativwirtschaft.

Beitrag für weitere Planungen

Der europäische Einigungsprozess ist ein politischer und wirtschaftlicher Prozess. Hierfür wurden mit den Vertragswerken, zuletzt dem Vertrag von Lissabon, die entsprechenden politischen Weichen gestellt. Heute wird in vielen politischen Feldern die Politik der EU-Mitgliedstaaten von europäischen Entscheidungen vorgeprägt. Dies gilt beispielweise für das nationale Urheberrecht, für das die europäische Richtliniensetzung von großer Bedeutung ist. Gleiches gilt für die Handelspolitik mit ihren Auswirkungen auf den Kultur- und Medienbereich sowie andere Politikfelder. Hier sieht der Deutsche Kulturrat insbesondere die Bundesregierung in der Verantwortung in den jeweiligen Fachräten auf adäquate Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur hinzuwirken. Der Deutsche Kulturrat sieht insbesondere Nachholbedarf, die im Vertrag von Lissabon verankerte Kulturverträglichkeitsprüfung zu institutionalisieren und so mit Leben zu erfüllen.

Der europäische Einigungsprozess ist auch ein kultureller Prozess. Europa muss erleb- und erfahrbar werden. EU-Förderprogramme können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, europäischen Gemeinsinn zu stiften, europäische Zusammenarbeit zu stärken und Ungleichheiten in Europa entgegenzuwirken. Diese Kraft können auch jene Programme entwickeln, die nicht ausdrücklich an den Kultur- und Medienbereich adressiert sind, aber gleichwohl von Organisationen, Unternehmen oder Institutionen aus diesem Sektor genutzt werden können.

 Kultur steckt in Allem

Der Deutsche Kulturrat sieht daher das Erfordernis, dass auch in der nächsten Generation von Förderprogrammen diese für den Kultur- und Medienbereich effektiver und transparenter nutzbar gemacht werden können. Das gilt beispielsweise für Programme zur Unterstützung der Digitalisierung in Kultur- und Bildungseinrichtungen. Das betrifft Programme zur Stärkung der Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich – hier insbesondere den Geistes- und Kulturwissenschaften. Das meint Programme zur Verbesserung des Austausches im schulischen und außerschulischen Bildungswesen sowie Programme für den Studierendenaustausch. Das impliziert Qualifizierungsprogramme wie sie derzeit aus dem Europäischen Sozialfonds unterstützt werden. Das schließt Programme für klein- und mittelständische Unternehmen ein, wie sie gerade in der Kultur-, Kreativ- und Medienwirtschaft vielfach anzutreffen sind.

Der Deutsche Kulturrat plädiert dafür, dass im Kultursektor noch umfänglicher über solche EU-Förderprogramme informiert wird, die sich nicht speziell an den Kulturbereich richten, gleichwohl genutzt werden können. Dieses könnte mit einem Ausbau der Beratungskapazitäten der Informationsbüros für die Kulturförderung der Europäischen Union einhergehen.

Kultur braucht ein eigenes Förderprogramm

Der Deutsche Kulturrat fordert, dass weiterhin ein eigenständiges EU-Kulturförderprogramm und ein EU-Medienförderprogramm aufgelegt wird. Diese Programme sollen sich speziell an Akteure aus dem Kultur- und aus dem Mediensektor richten. Die in der laufenden Programmgeneration erfolgte Zusammenlegung des Kultur- und Mediaprogramms hat sich aus Sicht des Deutschen Kulturrates aufgrund sehr unterschiedlicher Zielgruppen und Arbeitsweisen als wenig zielführend erwiesen. Die erwarteten Synergien sind kaum entstanden. Kultur ist aus Sicht der Akteure, nicht zuletzt aufgrund einer starken Akzentsetzung auf Beschäftigungswirkung, in den Hintergrund gerückt. Es sollten für die nächste Programmgeneration zwei eigenständige Programme geplant werden, die adäquat ausgestattet werden. Bislang bleibt die Mittelausstattung weit hinter den Möglichkeiten des Kultur- und Mediensektors zurück. Das EU-Kulturförderprogramm sollte sich darum in erster Linie an nicht-gewinnorientierte Akteure richten und die Förderstruktur transparenter und besser handhabbar gestalten.

Europa wächst auch im Kleinen

Der Deutsche Kulturrat unterstreicht, dass kleinere Vorhaben einen europäischen Mehrwert haben. Gerade solche Vorhaben können oft einen größeren europäischen Mehrwert erreichen als Projekte, bei denen die EU-Förderung eine unter vielen ist. Um die Förderchancen kleinerer Vorhaben zu erhöhen, sollte sowohl die Antragstellung als auch die Mittelbewirtschaftung und Nachweisführung vereinfacht werden.

Europa braucht Vernetzung

Der Deutsche Kulturrat betont, dass europäische Netzwerke in besonderer Weise einen europäischen Mehrwert generieren können. Er sieht daher in der Förderung von Netzwerken eine der Kernaufgaben der Kulturförderung der Europäischen Union. In den Netzwerken wird die Vielfalt Europas gelebt. Hier tauschen sich bereichsspezifisch Akteure aus den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten aus. Sie lernen voneinander und sind ihrerseits Ansprechpartner für die europäische und nationale Politik und Verwaltung. Diese Netzwerke brauchen Planungssicherheit und langfristige Förderungen, damit sie ihre Wirkung entfalten können. Als besonders wichtig erachtet der Deutsche Kulturrat, dass die Autonomie der Netzwerke geachtet und nicht in deren innere Angelegenheiten eingegriffen wird.

 Strahlkraft der Kulturhauptstadt Europas stärken

Die jährlich wechselnden Kulturhauptstädte Europas haben eine eigene Strahlkraft entwickelt. Sie sind bedeutsam für den innerstädtischen Entwicklungsprozess. Viele der Bewerberstädte werden auf den ersten Blick nicht als Kulturstädte wahrgenommen. Der Bewerbungsprozess setzt Impulse zur Freilegung des kulturellen Potenzials der Städte und legt ihre europäische Strahlkraft frei. Diesen Prozess gilt es nach Auffassung des Deutschen Kulturrates zu stärken. Hierzu sollen die Bewerberstädte im Bewerbungsprozess unterstützt werden. Darüber hinaus sollte auf die Nachhaltigkeit in den Bewerbungskonzepten ein größeres Augenmerk gelegt werden. Hier sind besonders die nationalen Auswahlgremien gefragt.

Kultur- und Kreativwirtschaft sind eine wichtige europäische Ressource

Die Kultur- und Kreativwirtschaft gehört zu den wichtigen europäischen Branchen. Sie entfaltet eine wichtige Beschäftigungswirkung. Zur Stärkung der europäischen Kultur- und Kreativwirtschaft sowie zur weiteren Entwicklung der Potenziale sieht der Deutsche Kulturrat die Notwendigkeit eines eigenständigen Förderprogramms für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Im Unterschied zu einem EU-Kulturförderprogramm soll sich ein EU-Kulturwirtschaftsprogramm an gewinnorientierte Unternehmer und Unternehmen richten. Weiter sieht der Deutsche Kulturrat das Erfordernis nach einem Programm zur Förderung der Film- und Medienwirtschaft, das sich insbesondere an klein- und mittelständische Unternehmen richtet und verstärkt die Stoffentwicklung fördert.

Der Deutsche Kulturrat versteht dieses Impulspapier als Beitrag für die Planung einer neuen europäischen Programmgeneration. Sobald Entwürfe für die neuen Programme vorliegen, wird er sich dezidiert mit diesen auseinandersetzen und hierzu Position beziehen.“

Quelle: kulturrat.de

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