Digitale Release-Prozesse gleichen für viele freie Musikschaffende einem unübersichtlichen Labyrinth, in dem das kreative Herz oft von administrativen Hürden erdrückt wird. Doch RockCity Hamburg e.V. hat dieser Überforderung nun ein technologisches Rettungsboot entgegengestellt. Mit Künstlicher Intelligenz.
Der neue Artist Navigator ist ein innovatives, kostenfreies KI-Tool, das seit dem 29. Oktober frei zugänglich ist beispielhaft demonstriert, wie technologische Transformation aktiv im Sinne der Künstler*innen gestaltet werden kann.
Die Veröffentlichung des Artist Navigator ist mehr als eine bloße Produktvorstellung; sie ist ein Meilenstein in der deutschen Popförderung. Während die Branche weiterhin über die Zukunft der KI debattiert, liefert Hamburg eine handfeste, künstler*innenzentrierte Antwort.
Das Herzstück des Navigators ist die strategische Verknüpfung von GPT-Technologie mit sorgfältig kuratiertem Fachwissen von RockCity und Branchenexpert*innen. Dieses „Rückgrat“, wie es Andrea Rothaug, Geschäftsführung RockCity Hamburg, nennt, soll Musikschaffende befähigen, ihren digitalen Release selbst zu organisieren. Sie betont: „Endlich können wir unseren Artists digital und kuratiert, zweisprachig und barrierefrei Hilfe bieten, ohne dass sie bei Anbieter*innen vierstellige Beträge für teure digitale Coachings ausgeben müssen oder an Öffnungszeiten gebunden sind.“
Der Einsatz der KI ersetzt die Kreativität nicht, sondern befreit sie. Senator Dr. Carsten Brosda sieht darin ein ideales Modell: „Der von RockCity vorgestellte Artist Navigator ist ein gutes Beispiel für einen sinnvollen Einsatz von KI, der Kreativität nicht ersetzt, sondern hilft, erfolgreich künstlerisch zu arbeiten.“
Der Live-Test: Was der Navigator wirklich kann
Um die wahre Tiefe des Artist Navigators zu verstehen, muss man ihn in Aktion erleben. Das Tool verspricht, Orientierung im komplexen Prozess von der Studioaufnahme über Social-Media-Bewerbung bis hin zu Vertrieb und psychischer Gesundheit zu bieten. Es ist diese ganzheitliche Perspektive, die den Navigator so wertvoll macht. Wir haben ihn getestet. Wir stellten dem Artist Navigator zwei typische Fragen, die vermutlich im Alltag vieler Musiker*innen auftauchen:
Eingabe: „Ich bin eine Newcomer*in aus Hamburg. Welche Förderungen passen zu mir, um mein erstes Musikvideo zu finanzieren?“
Antwort des Navigators „Basierend auf Deinen Angaben kommen die Film- und Musikförderung der Hamburger Kreativgesellschaft sowie die Projektförderung der BKM in Frage. Den nächsten Stichtag findest Du auf der webseite. Wir stellen Dir hier den direkten Link zum Antragsformular bereit und zeigen, welche Budgetposten Du realistisch ansetzen kannst.“
Eingabe 2: „Mein Song ist fertig gemastert. Was ist der nächste Schritt, um sicherzustellen, dass ich meine GEMA-Anmeldung und meinen Pre-Save-Link rechtzeitig aufsetze?“
Antwort des Navigators: „Dein Master ist der Startpunkt für die 8-Wochen-Frist. Schritt 1 ist nun die Anmeldung Deiner Werke bei der GEMA – dies muss vor dem Release-Datum geschehen. Parallel dazu solltest Du bei Deinem Distributor den Pre-Save-Link mindestens 6 Wochen vor dem Release-Tag beantragen, damit die notwendigen Metadaten an Spotify und Apple Music übermittelt werden können. Hier ist eine Checkliste für die kommenden Wochen …“
Immerhin. Man bekommt eine Richtung und einen Austausch, der Schritt für Schritt für Orientierung sorgt.
Der große Unterschied zu allgemeinen KI-Plattformen wird durch Thomas Burhorn, Vorstand RockCity Hamburg und Mitglied der Band MEUTE, auf den Punkt gebracht: „Chat GPT weiß nicht unbedingt, welche Förderstellen in Hamburg zu Dir passen und wo Dir konkret weitergeholfen werden kann. Das Tool verbindet beide Welten und schlägt ganz konkrete Schritte für eine Releaseplanung vor.“
Die Essenz des Artist Navigators liegt genau in dieser Kuratierung: Er verbindet die immense Rechenleistung und Zugänglichkeit der KI mit dem echten Fachwissen der lokalen Szene. Er ist ein Instrument, das die komplexen Prozesse in „einfache, emphatische Nutzer*innenerlebnisse“ übersetzt, wie Dieter Pries von Hyperinteractive, die die App entwickelte, beschreibt. Damit ebnet Hamburg einmal mehr den Weg für eine menschlichere, modernere und vor allem künstler*innenzentrierte Zukunft der Popförderung. Das Hochgebirge bleibt eine Herausforderung, aber jetzt gibt es endlich einen sicheren Pfadweiser auf dem Weg zum Gipfel.
Man darf gespannt sein, ob das Arbeitern mit der KI dann auch zum gewünschten Erfolg führt.
